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Organisierte Kriminalität: Berliner Senat will Gesetzeslücke bei illegalem Zahlsystem schließen
Nicht nur, aber auch Kriminelle nutzen ein insbesondere im Nahen Osten beliebtes System, um Gelder zu transferieren: Hawala-Banking. Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) sieht Gesetzeslücken.
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Im Kampf gegen Organisierte Kriminalität (OK) will Berlin offenbar Gesetzeslücken schließen, um klandestine Finanztransaktionen zu erschweren. Es geht dem Senat um das „Hawala-Banking“, das ohne lizenzierte Banken funktioniert und in Asien und Afrika verbreitet, im Nahen Osten sogar üblich ist.
Der Zahlungsverkehr mithilfe dieses Systems führt Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) zufolge zu undurchsichtigen Transaktionen. So würden die Finanzierung von Terrorismus, Geldwäsche und Schleuserkriminalität begünstigt. Hohe Bargeldsummen können in vielen Fällen nicht umgehend konfisziert werden.
„Bislang existiert keine Rechtsgrundlage, die Summen aus den rechtswidrigen Transaktionen einzuziehen“, sagte Badenberg der Deutschen Presse-Agentur. Diese Gesetzeslücke müsse geschlossen werden. Auf der Justizministerkonferenz, die derzeit in Bad Schandau in Sachsen tagt, soll ein entsprechender Antrag Berlins eingebracht werden.
Hawala bedeutet auf Arabisch sinngemäß „Scheck“ und ist eine hierzulande zwar illegale Finanztransaktion, allerdings fast spurenlos, weshalb Ermittler davon ausgehen, dass aus fast allen deutschen Großstädten auf diese Weise hohe Summen transferiert werden.
Der Entsender gibt die Summe und einen Code einem Hawaladar in Deutschland. Dabei handelt es sich Ermittlern zufolge nahezu ausschließlich um Männer. In Berlin haben einige von ihnen in Cafés, kleinen Autovermietungen oder An- und Verkaufsläden einen inoffiziellen Sitz, der in bestimmten Kreisen bekannt ist. Der Hawaladar nennt Code und Summe einem Partner-Hawaladar im Nahen Osten. Nun ruft der Sender aus Deutschland den Empfänger im Nahen Osten an und nennt auch ihm Summe und Code. Der Empfänger geht zum Vor-Ort-Hawaladar und erhält nach Nennen des Codes die Summe.
Beide Hawaladare rechnen regelmäßig untereinander ab, bis sich ihre Bilanzen ausgleichen, weshalb selten Kuriere mit Geldbündeln erwischt werden. Aus dem Ausland könnte das einst illegale Vermögen jetzt offiziell nach Deutschland transferiert werden, etwa als Schenkung, Kredit oder Investition.
Wie berichtet, wird in bestimmten Strafverfahren schon heute Vermögen eingezogen, selbst wenn sich als dessen Quelle keine Straftat nachweisen lässt. Ausgangspunkt ist dann, dass der Betroffene das Missverhältnis zwischen seinem Vermögen und offiziellem Einkommen nicht erklären kann.
„Vermögensabschöpfung ist eine unverzichtbare Säule bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität“, sagte Senatorin Badenberg. Bundesweit haben sie sich nach früheren Angaben der Justizverwaltung, schreibt dpa, seit 2014 verfünffacht und liegen schätzungsweise bei drei Milliarden Euro. In Berlin allein betrug der finanzielle Schaden im Jahr 2023 etwa 57 Millionen Euro. Allerdings waren die Strafverfolger zuletzt erfolgreicher. Im Jahr 2023 wurden durch Vermögensabschöpfung in Berlin 4,9 Millionen Euro eingezogen, 2024 stieg die Summe auf 8,8 Millionen Euro.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) unterstützt das Vorhaben. „Hawala-Banking ist eine wichtige Säule für Protagonisten aus den unterschiedlichsten OK-Bereichen, um inkriminiertes Vermögen zu waschen und es in den legalen Kreislauf zu spülen“, sagte der Berliner GdP-Landeschef Stephan Weh. „Um dem entgegenzutreten, brauchen wir die rechtliche Handhabe der Vermögensabschöpfung und gerade mit Blick auf die Geldströme Schwerstkrimineller die komplette Beweislastumkehr.“
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