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CDU und SPD wollen den kommunalen Wohnungsbestand in Berlin erhöhen. 

© IMAGO/Jochen Eckel/imago stock

Update

Koalitionsverhandlungen in Berlin: CDU und SPD wollen halbe Million Wohnungen in Landeshand und „Schnelles-Bauen-Gesetz“

Wohnungsbau, Klima und Verkehr sind verhandelt, am Wochenende werden Finanzfragen und die Ressortverteilung geklärt. Was die angehende Koalition im Detail plant.

| Update:

CDU und SPD wollen den kommunalen Wohnungsbestand in Berlin perspektivisch auf eine halbe Million Mietwohnungen erhöhen. Das sagten SPD-Chefin Franziska Giffey und CDU-Chef Kai Wegner am Freitag im Berliner Abgeordnetenhaus. Bislang haben die landeseigenen Wohnungsunternehmen etwas mehr als 350.000 Wohnungen in ihrem Besitz. Für den Ankauf in den kommenden Jahren sollen „nennenswerte Milliardenbeträge“ investiert werden, wie es hieß. Dafür sollen auch die sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften mit mehr Eigenkapital ausgestattet werden.

Außerdem wollen die beiden Partner in spe deutlich mehr Geschwindigkeit beim Wohnungsbau und planen dazu ein „Schnelles-Bauen-Gesetz“. Wegner sagte dazu: „Wir wollen ein Miteinander, kein Gegeneinander. Gerade beim Thema Wohnungsbau.“ Beides sind Ergebnisse der Verhandlungen der sogenannten Dachgruppe der beiden Parteien am Donnerstag, in denen neben dem Wohnungsbau auch die Themen Verkehr und Klimaschutz behandelt wurden.

Für schnelleres Bauen soll es künftig weniger Auflagen für Bauherren geben als bisher geplant. So könnten angedachte Pflichten für die Begrünung von Wänden oder Solaranlagen auf Dächern entfallen, stattdessen sollen diese aber vom Land gefördert werden. CDU-Generalsekretär Stefan Evers sagte dazu: „Wir wollen weniger regulieren und mehr fördern und neue Dimension der Beschleunigung erreichen.“ Das führe auch zu Kosten- und damit Mietsenkungen, meint Evers.

Wohnungen sollen nach Vorbild von Flüchtlingsunterkünften entstehen

Die angehende Koalition will beim Wohnungsbau außerdem auf mehr unkomplizierte Modulbauten nach dem Vorbild von Flüchtlingswohnheimen setzen. Auch ein Förderprogramm für Familien, die Wohneigentum erwerben wollen, sei geplant. „Wir wollen die Chance auf Wohnungseigentum auch denen geben, die sich das gerade nicht mehr leisten können.“ Außerdem soll ein Mietkataster geschaffen werden, das Leerstand erfassen und einen transparenten Überblick über Mietentwicklungen ermöglichen soll.

Unsere Freunde sind auch die Bäume!

Stefan Evers, CDU-Generalsekretär

Auch einige konkrete Großprojekte wurden festgesetzt: Das Tempelhofer Feld soll am Rande bebaut werden, die Freifläche in der Mitte soll vom Senat mit einer „Ewigkeitsgarantie“ ausgestattet werden, damit sie grün bleiben kann. Das versprach SPD-Parteichef Raed Saleh. Ein internationaler Wettbewerb soll über die Ausgestaltung der Randbebauung entscheiden, die Bevölkerung zum Ergebnis befragt werden. In welcher Form, das ist noch offen.

In der historischen Mitte der Stadt will die angehende Koalition insbesondere den Bereich des Humboldt-Forums umgestalten: Mehr Grün und weniger Beton soll es hier geben. Außerdem wurde eine Zusage für die Freitreppe in die Spree gegeben, um die seit Jahren gestritten wird. Der Erhalt und die Wiederaufforstung von Straßenbäumen sollen mit mehr Geld gefördert werden. CDU-Generalsekretär Evers sagte dazu: „Unsere Freunde sind auch die Bäume!“

So ausführlich man sich im Bereich Wohnungsbau äußerte als „wichtigster sozialer Frage“, wie Franziska Giffey sagte, so zugeknöpft gaben sich die beiden Parteien in den Bereichen Verkehr und Klimaschutz. CDU-Chef Wegner sagte: „Was viele zuletzt genervt hat, war eine Schablone über ganz Berlin zu legen und diese mit dem Kopf durch die Wand durchzusetzen.“ Die angehende Koalition wolle „die Spaltung der Stadt überwinden“. Man sei für sicheren Radverkehr, aber auch für alle anderen Arten des Individualverkehrs. Das Wort „Auto“ sparte Wegner aber aus.

CDU und SPD halten trotz Kritik am 29-Euro-Ticket fest

Die verkehrspolitischen Ziele bleiben bisher schwammig: mehr sichere Radwege, bessere Taktfrequenzen bei Bus und Bahn besonders in den Außenbezirken, mehr Park-and-Ride-Flächen, intelligente Ampelschaltungen und grüne Wellen. Das 29-Euro-Ticket und das Neun-Euro-Ticket will man „in den Fokus nehmen“, wie SPD-Parteichef Saleh sagte. Allerdings lehnt der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) eine weitere Verlängerung des Tickets ab. Eine Lösung dafür wurde nicht präsentiert.

Beim Thema Klima ist dem Vernehmen nach noch nicht geklärt, wie die versprochenen fünf Milliarden Euro Sondervermögen investiert werden sollen. Es gibt in allen Arbeitsgruppen der Parteien Interesse an der riesigen Summe, manche wollen sogar ein mögliches neues Hertha-Stadion damit kofinanzieren. Über die Aufteilung soll im Laufe des Wochenendes entschieden werden. 2024 könnte die Summe sogar auf insgesamt zehn Milliarden Euro erhöht werden.

Wegner versprach am Freitag: „Wir werden Ihnen am 3. April einen fertigen Koalitionsvertrag vorstellen.“ Am Wochenende seien noch redaktionelle Arbeiten an dem Regierungsprogramm geplant. Auch die Verteilung der Ressorts und „der ein oder andere Punkt“ im Hinblick auf Finanzierungsfragen würden erst am Wochenende geklärt.

Auf dem Weg zu einem schwarz-roten Senat sind allerdings noch zwei Hürden zu überwinden: Die SPD startet kommende Woche ein Mitgliedervotum zum Koalitionsvertrag, dessen Ergebnis am 23. April bekannt gegeben wird. Die CDU entscheidet über das Regierungsprogramm bei einem Parteitag, der voraussichtlich nach Bekanntgabe des SPD-Ergebnisses stattfindet.

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