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Krankenhausreform zeigt erste Folgen: DRK-Kliniken schließen Kinderstation in Berlin-Westend
Die Reform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach erhöht durch strenge Anforderungen den Druck auf die Krankenhäuser. Die DRK-Kliniken ziehen erste Konsequenzen.
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In Berlin hat die gerade erst im Bund beschlossene Krankenhausreform schon erste Folgen. Nach Tagesspiegel-Informationen schließen die DRK-Kliniken am Standort Westend bis Anfang März die Kinderurologie, die auch als chirurgische Station arbeitet. Zudem werden dann im dortigen Perinatalzentrum nur noch Frühchen versorgt, die schwerer als 1250 Gramm sind, also nicht mehr die heikelsten Fälle.
Die durch den Bund verschärften Voraussetzungen, bestimmte Behandlungen anbieten zu dürfen, könne man absehbar nicht erfüllen, teilten die DRK-Kliniken mit. Dem Vernehmen nach reicht die Anzahl bestimmter Fachärzte nicht.
Mit der Reform will Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für weniger, dafür spezialisierte Kliniken sorgen. Gerade kleinere Krankenhäuser werden ab 2025 sukzessive schließen oder aber fusionieren, um die neuen Standards erfüllen zu können.
Senat kennt die DRK-Pläne
Alle Akteure im Gesundheitswesen prüfen derzeit, wie sich die mit der Reform eingeführten Kriterien konkret auswirken werden. Die DRK-Kliniken rüsten nun offenbar ein wenig früher um als andere Krankenhäuser. Trotz der Reform durch den Bund müssen die Einzelheiten für die Praxis noch in Landesverordnungen festgeschrieben werden. Zuständig ist die Verwaltung von Gesundheitssenatorin Ina Czyborra.
Die SPD-Politikerin kennt die Pläne der DRK-Kliniken seit einigen Tagen. Die pädiatrische Versorgung in der Stadt bleibe trotz der Entscheidung gesichert, teilte die Senatsverwaltung mit, in den kommenden Wochen spreche man mit den DRK-Kliniken über Optionen.
Der Krankenhausträger bestätigte das Vorhaben in Westend: Die Belegschaft sei informiert, Details stelle man bald betriebsintern vor. Die Schließung sei „ein schmerzlicher Verlust“, viele Kinder aber würden auf anderen, ebenfalls spezialisierten Stationen auch in Westend versorgt werden können.
Gewinnt die Charité nun Patienten?
Auf der betroffenen Station in Westend werden bis zu 700 stationäre Fälle im Jahr versorgt, dazu kommen ambulante Termine. Sechs Autominuten östlich der DRK-Klinik befindet sich in Wedding auf dem Virchow-Campus die Kinderurologie der Charité. Die deutlich größere Universitätsklinik könnte durch die angekündigte Schließung in Westend neue Patienten gewinnen. Dass die staatlichen Hochschulkrankenhäuser von der Reform profitieren würden, hatten Gesundheitsexperten prognostiziert.

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Mit der Reform führte die Bundesregierung für 2025 verbindliche „Leistungsgruppen“ ein, wodurch die Medizin in 65 Felder eingeteilt wird: Die Kliniken dürfen auf Krankenkassenkosten nur noch dann Patienten versorgen, wenn sie für die jeweiligen Fälle bestimmte Personal- und Technikstandards erfüllen. Das soll die Behandlungsqualität steigern.
Die Vorgaben sind so detailliert, dass viele Ärzte deren Praxistauglichkeit bezweifeln. Umstritten ist auch, ob der Bund mit der Reform die Zahl der Kliniken nicht so stark reduziere, dass die Versorgung insgesamt schlechter statt besser werde.
Alle Kliniken rüsten um
Sollten alle 60 Berliner Kliniken vollumfänglich die Reform überstehen wollen, müssten sie fast alle aufrüsten: 95 Prozent der Krankenhäuser in der Hauptstadt bräuchten einen fachlichen, technischen und personellen Ausbau, wenn sie weiter all jene Behandlungen durchführen wollen, die sie derzeit anbieten. Diese Zahl nannte der zuständige Senatsbeamte auf einer Sitzung mit Krankenkassen- und Klinikvertretern im Juni.
Die DRK-Kliniken verklagen derzeit das Land. Stellvertretend für viele nicht-kommunale Krankenhäuser gingen sie 2023 vor Gericht, weil der Senat die landeseigenen Vivantes-Kliniken mit millionenschweren Defizit-Ausgleichen übermäßig stark unterstütze.
Die Bundesländer müssen alle für die Versorgung als nötig anerkannten Kliniken weitgehend gleich fördern. Zu solchen „Plankrankenhäusern“ genannten Kliniken zählen neben landeseigenen auch konfessionelle, privat betriebene und freie Häuser. Träger der DRK-Kliniken ist ein gemeinnütziger Verein mit mehr als 1000 Mitgliedern.
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