
© SchwuZ/Guido Woller
Legendärer Berliner Queer-Club: Schwuz muss nach fast 50 Jahren schließen
Am 1. November schließt Berlins legendärer queerer Club Schwuz seine Türen. Zum Schluss soll es eine große Abschiedsparty geben.
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Nach fast 50 Jahren ist Schluss: Berlins legendärer queerer Club Schwuz muss zum 1. November schließen. „Diese Zeilen zu schreiben, fällt uns unglaublich schwer. Leider müssen wir euch mitteilen, dass das Schwuz schließen wird“, teilte der Club am Donnerstagabend auf Instagram mit.
Wie berichtet, hatte der Club Ende Juli Insolvenz angemeldet. „Nach monatelangen Hoffnungen, intensiven Gesprächen und einem umfassenden Prozess mit potenziellen Investor*innen hat sich keine Partei gefunden, die das Schwuz im jetzigen Zustand übernehmen und weiterführen möchte, oder die nötigen Mittel aufbringen kann“, heißt es nun in dem Statement weiter. „Wir haben alles versucht, doch am Ende hat es nicht gereicht.“
In einer Woche am Samstag, 1. November, soll es nun eine Abschiedsparty im Schwuz geben. „Lasst uns die letzte gemeinsame Woche nutzen, um noch einmal zusammenzukommen. Um zu tanzen, zu lachen, zu weinen und Erinnerungen zu teilen und all das zu feiern, was wir gemeinsam geschaffen haben“, schreibt der Club weiter. Der Abschied solle zugleich ein Dankeschön an alle sein, „die mit so viel Herzblut, Kreativität und Ausdauer dieses Abenteuer Namens Schwuz seit 1977 möglich gemacht haben“.
Aus dem Verein, der hinter dem Schwuz steht, heißt es, man habe „in den vergangenen Wochen sehr intensive Verhandlungen geführt, um tragfähige Wege für die Zukunft des Schwuz zu sichern“. Es habe Gespräche mit mehreren Menschen gegeben, die das Schwuz gemeinsam mit dem Verein aus der Insolvenz retten wollten. Diese Bemühungen hätten jedoch „nicht zu dem erhofften Erfolg geführt“.
Defizit von 70.000 Euro allein im September
Unter anderem läge dies auch an den Kosten, die bereits zur Insolvenz geführt hatten. „Dass selbst der vergangene September mit einem Defizit von rund 70.000 Euro abschloss, hat die Situation und die Investor*innensuche zusätzlich erschwert“, so der Verein.
Das Scheitern der Verhandlungen und die Abwicklung des Schwuz sei „ein herber und schmerzhafter Rückschlag“ und „ein tiefgreifender, historischer Einschnitt in der Geschichte des Schwuz“. Der Club sei „ein seit Generationen überdauernder Zufluchts-, Feier- und Begegnungsort mit einer bald 50-jährigen Geschichte“.
Unabhängig vom Scheitern der Verhandlungen wollen wir ausloten, ob sich der Grundstein legen lässt, damit „unser Schwuz“ eine weitere Zukunft in der Berliner Club- und Kulturlandschaft haben kann.
Der Schwuz-Verein
Ganz aufgeben will der Verein noch nicht. „Unabhängig vom Scheitern der Verhandlungen wollen wir ausloten, ob sich der Grundstein legen lässt, damit „unser Schwuz“ eine weitere Zukunft in der Berliner Club- und Kulturlandschaft haben kann“, heißt es in einer Mail an die Vereinsmitglieder.
Der Verein hatte Mitte September eine Spendenkampagne gestartet, um versuchen, genug Geld für die Rettung des insolventen Clubs zu sammeln. Mehr als 50.000 Euro kamen seither zusammen. Der Verein hatte bereits angekündigt – falls die Rettung nicht funktioniert –, „mit dem Geld einen Neuanfang zu versuchen“. Und weiter: „Wenn auch dieser Plan aus irgendwelchen unabsehbaren Gründen nicht aufgehen sollte, werden wir mit den Spenden verschiedene queere Projekte in Berlin unterstützen.“
Das Schwuz war in Schöneberg, Kreuzberg und Neukölln
Das Schwuz, eine Abkürzung für Schwulenzentrum, wurde 1977 gegründet. Zunächst befand es sich in einer Fabriketage in der Kulmer Straße in Schöneberg, später zog der Club an die Hasenheide in Neukölln, dann an den Mehringdamm nach Kreuzberg. Seit 2013 befindet sich das Schwuz in der ehemaligen Kindl-Brauerei im Rollbergkiez in Neukölln.
Das Schwuz gilt als einer der ältesten und größten queeren Clubs Europas. Über die Jahrzehnte wurden hier viele andere queere Projekte angestoßen. Auch der Buchladen Prinz Eisenherz wurde 1978 im Schwuz auf den Weg gebracht, 1979 der erste Berliner Christopher Street Day und 1984 die „Siegessäule“ – das queere Stadtmagazin, das es heute noch gibt.
In den vergangenen Monaten war der Club in finanzielle Schieflage geraten. Die Gründe dafür sind vielschichtig: Zum einen setzten dem Schwuz die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, das veränderte Ausgehverhalten und die Inflation zu. Verstärkt wurden die wirtschaftlichen Probleme zudem durch stark gestiegene Personalkosten infolge neuer Lohnbewertungen und eines in wirtschaftlich besseren Zeiten erfolgten Personalaufbaus.
Die laufenden Einnahmen reichten zuletzt nicht mehr aus, um die Verbindlichkeiten zu bedienen. Auch Veränderungen von Strukturen, Programm und Personalabbau halfen nichts: Wegen drohender Zahlungsunfähigkeit stellte die Geschäftsführung des Schwuz Ende Juli schließlich einen Insolvenzantrag.
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