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Die Kosten der Verlängerung der U3 bis zum S-Bahnhof Mexikoplatz werden womöglich höher als bisher erwartet.

© Boris Buchholz

Neues Gutachten zu Berliner U-Bahn-Linie: Kosten „gezielt schöngerechnet“ – steht die Verlängerung der U3 vor dem Aus?

Ein neues Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass die geplante Verlängerung deutlich teurer wird als zunächst angenommen. Eine Förderung durch den Bund könnte wegfallen. Eine Bürgerinitiative ist alarmiert.

Stand:

Ein von der Bürgerinitiative „Rettet den Mexikoplatz“ in Auftrag gegebenes Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass die geplante Verlängerung der Berliner U-Bahn-Linie U3 deutlich teurer wird, als zunächst angenommen.

Bisher lag die Kostenschätzung der rund 800 Meter langen Strecke bei 103 Millionen Euro. Dem neuen Gutachten der Mobilitätsberatung „Interlink“ zufolge muss jedoch mit 170 Millionen Euro gerechnet werden.

Bei diesen Angaben handelt es sich allerdings lediglich um normierte Kosten, die genutzt werden, um eine Vergleichbarkeit verschiedener Projekte zu ermöglichen. Und somit „nicht den Anspruch haben, die realen Kosten der Umsetzung“ dazustellen, wie es in dem Gutachten heißt. Die tatsächlichen Kosten sollen den Berechnungen der Mobilitätsberatung rund 300 Millionen Euro betragen.

Der Bund fördert nur Projekte, wenn der berechnete Nutzen die anfallenden Kosten überwiegt. Dies sei bei den höheren Kosten aus dem neuen Gutachten nicht gegeben, so der Berater Thomas Hänisch. Bisher wurde davon ausgegangen, dass der Nutzen die Kosten rechtfertigen würde, und somit der Bund einen Großteil der Kosten übernehmen würde.

Die Bürgerinitiative „Rettet den Mexikoplatz“ setzt sich seit letztem Jahr gegen die geplante Verlängerung der U3 ein. Als Gründe geben sie neben den hohen Kosten auch den drohenden Lärm und Stau an. Thomas Herr, Mitglied der Bürgerinitiative, befürchtet nun, dass Berlin die 300 Millionen Euro alleine tragen müsse. Und das trotz angespannter Haushaltslage.

Ziel der geplanten Verlängerung ist die Verbindung der U-Bahnlinie U3 mit der S-Bahn bis 2030. Bisher müssen Fahrgäste von der U-Bahn Endstation Krumme Lanke mit dem Bus fahren, um zum S-Bahnhof am Mexikoplatz zu gelangen. Die BVG geht davon aus, dass täglich bis zu 12.000 Fahrgäste die neue Anbindung nutzen und von einer verkürzten Reisezeit sowie weniger Umstiegen profitieren werden. Somit ist die Verlängerung „ein wichtiger Beitrag zur Verkehrswende und zur Steigerung der Attraktivität des ÖPNV“, wie der BVG-Sprecher Stefan Volovinis mitteilte.

„Schönrechnung“ der Kosten

In ihrem Gutachten unterstellt „Interlink“ der vorangegangenen Nutzen-Kosten-Untersuchung (NKU) einige Fehler, die zu niedrigeren und somit unrealistischen Kosten geführt haben sollen. So sei die Berechnung der Baukosten „gezielt schöngerechnet“ worden. Im Verlauf des Projekts habe es demnach einige „nicht nachvollziehbare Kostenkorrekturen“ in den Berechnungen der BVG gegeben, so „Interlink“.

Beispielsweise sollen innerhalb kurzer Zeit die Kosten für den Bahnhofsbau von 14,5 Millionen Euro auf 6,5 Millionen Euro und die Kosten für die Bahnhofsausstattung von 8,5 Millionen Euro auf eine Million Euro herabgesetzt worden sein. Das sei „fachlich nicht logisch“, heißt es in dem Gutachten.

Außerdem seien in der ursprünglichen NKU einige Kosten nicht berücksichtigt worden, so Interlink. Beispielsweise sei keine Abstellanlage am Mexikoplatz einberechnet worden, obwohl diese der BVG zufolge dringend erforderlich sei. Dem Gutachten zufolge sind auch die Kosten für zusätzliche U-Bahnen und die Menge der benötigten U-Bahnen zu niedrig angesetzt worden.

BVG hält an Nutzen-Kosten-Untersuchung fest

Die BVG hält hingegen weiterhin an der von Senat und BVG beauftragten NKU fest, wie ein Unternehmenssprecher bestätigte. Es handele sich um eine „gründliche und unabhängige“ Untersuchung. Die zu dem Ergebnis käme, dass der gesamtgesellschaftliche Nutzen die monetären Aufwendungen überwiegt.

Auf Basis der Untersuchung sei die Beantragung der Fördermittel des Bundes erfolgt, „was weiterhin Bestand hat“, so der BVG-Sprecher. Er verweist darauf, dass bei der Berechnung Kosten einbezogen wurden, die ohnehin nötig gewesen wären, auch ohne die Umsetzung des Projekts.

Drohende Klagen und mangelnde Transparenz

Thomas Herr von der Bürgerinitiative „Rettet den Mexikoplatz“ sagte, dass bereits „einige Anwohner anwaltlich beraten“ und wahrscheinlich gegen einen bevorstehenden Planungsfeststellungsbeschluss klagen würden. Außerdem forderte er nach der Vorstellung des neuen Gutachtens die Politik auf, „diese Planung sofort zu stoppen, die Idee zu beerdigen und sich ehrlich zu machen“.

Auch der Landesvorsitzende der Grünen, Philmon Ghirmai, appellierte an Verkehrssenatorin und den Regierenden Bürgermeister: „Ute Bonde und Kai Wegner müssen zügig Transparenz über die tatsächlichen Kosten der Verlängerung der Linie U3 herstellen.“ Ein positives Nutzen- und Kostenverhältnis sei Voraussetzung für eine Bundesförderung, die „angesichts der Haushaltslage zwingend notwendig“ ist.







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