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Emblem der Berliner Polizei auf der Jacke eines Polizeibeamten, Symbolbild.

© imago images / photothek

Nicht in allen Fällen war der Einsatz Todesursache: Vier Tote bei Polizeieinsätzen in Berlin im vergangenen Jahr

In drei von vier Todesfällen wurden die Ermittlungen gegen die Beamten bereits eingestellt – nur in einem Fall laufen noch Untersuchungen.

Bei Polizeieinsätzen sind im Jahr 2022 in Berlin vier Menschen gestorben. Das geht aus einer Antwort der Senatsinnenverwaltung auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Vasili Franco hervor. In einem Fall ist ein Mensch erschossen worden – und nicht in allen Fällen war der Polizeieinsatz die Ursache den Tod.

So starb im Februar ein Mann, der im Polizeigewahrsam zusammenbrach. Dorthin kam er, nachdem er sich gegen eine Blutentnahme gewehrt hatte. Noch in der Gefangenensammelstelle musste der Mann reanimiert werden und starb einige Tage später – „ohne erneut das Bewusstsein erlangt zu haben“ – in einem Krankenhaus.

Das Ergebnis der Obduktion: Er starb an „einem Mehrorganversagen, dem neben weiteren schwerwiegenden gesundheitlichen Schäden eine schwere Lungenentzündung zugrunde lag, die bereits eindeutig einen todesursächlichen Krankheitswert aufwies“. Die Ermittlungen wegen Körperverletzung mit Todesfolge wurden eingestellt.

Ermittlungen wegen Notwehr eingestellt

Insgesamt sind in drei von vier Todesfällen die Ermittlungen gegen die Beamten bereits eingestellt worden. So auch zu einem Einsatz im September im Lichtenberg. Dort hatte ein Kosovare mit einer Axt auf eine Ukrainerin eingeschlagen und sie getötet, ein Polizist erschoss den Mann. Die Ermittlungen gegen den Beamten wurden eingestellt – wegen Notwehr.

Zum selben Ergebnis kam die Staatsanwaltschaft nach dem Tod des Obdachlosen Marcel K. in Schöneweide im April. Nach Darstellung der Polizei hatten Beamte den Mann aufgefordert, einen Hausflur zu verlassen. Der Vorwurf lautete Hausfriedensbruch. K. soll die Beamten mit einer Flasche beworfen haben, sie haben dann Reizgas eingesetzt. Die Beamten sollen den Mann „zu Boden gebracht“ haben, dann kollabierte er und musste reanimiert werden.

Zwei Zeugen und Weggefährten von K. hatten danach erklärt, Beamte hätten K. – im Halbschlaf liegend – in den Bauch getreten und an seinem seit Jahren verletzten Bein gezogen. Deshalb habe sich K. gewehrt. Die Polizisten hätten auf den Mann eingeschlagen. Zunächst war dann auch ein Verfahren wegen Verdachts der Körperverletzung mit Todesfolge eingeleitet, später aber eingestellt worden – auch hier handle es sich um Notwehr. Auch das Disziplinarverfahren wurde eingestellt.

Offene Fragen im Todesfall eines Schwarzen Psychiatriepatienten

Nur in einem Todesfall laufen noch Ermittlungen gegen Polizeibeamte. Es geht um Kupa M. Der 64-jährige Schwarze, der an Schizophrenie litt, sollte am 14. September von Polizisten aus einem Heim in Spandau in ein psychiatrisches Krankenhaus verlegt werden.

Ein Gericht hatte das angeordnet. Bei dem Polizeieinsatz brach er zusammen, musste wiederbelebt werden, kam in eine Intensivstation und starb am 6. Oktober in der Charité. Nach Darstellung der Polizei soll der Mann sich heftig gewehrt haben und sogar noch mit Handschellen „massiv Widerstand“ geleistet haben. Schließlich kollabierte er und musste reanimiert werden.

Die Innenverwaltung ließ die Frage des Grünen-Innenpolitiker Franco unbeantwortet, warum die Polizei bei dem Einsatz Diensthunde dabei hatte. Franco wollte auch wissen, warum der Bruder des Mannes erst eine Woche nach dem Einsatz informiert wurde. Eine klare Antwort gab die Innenverwaltung nicht, das Bezirksamt Spandau pocht auf den Datenschutz.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt in dem Fall noch, dabei geht es etwa um die Frage, wie es „zu den schweren Verletzungen kam“. Neben dem Todesermittlungsverfahren wird wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt ermittelt. Disziplinarverfahren gegen beteiligte Beamte sind bislang nicht eingeleitet worden.

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