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BSR-Mitarbeiter Thomas Jardke entleert Mülleimer im Weinbergpark. Ramona Pop (Bündnis 90/Die Grünen), Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe in Berlin sowie BSR-Aufsichtsratsvorsitzende besuchte Mitarbeiter der Berliner Stadtreinigung (BSR) bei deren Arbeiten im Park.

© Paul Zinken/dpa

Partys, Picknick und To-Go-Verpackungen: Coronakrise erzwingt größere Mülltonnen in Berliner Parks

Als Pilotprojekt gestartet, nun verstetigt: Die BSR reinigt mehrere Berliner Parks. Das klappt eigentlich gut – wäre da nicht der Verpackungsmüll.

Die letzte Abendsonne, dazu ein kaltes Bier und eine Pizza – in Pandemiezeiten gibt es dafür wohl wenig geeignetere Orte als die schnell erreichbare Wiese im Park um die Ecke. Gäbe es da nicht ein Problem: Die Mülleimer sind voll, kein Platz für leere Pizzakartons.

Seit Wetter und Pandemielage es wieder einigermaßen zulassen, füllen sich die Berliner Parks. Das ist im Weinbergspark in Mitte nicht anders, besonders abends und an den Wochenenden ist hier viel los. Jugendliche treffen sich zum Feiern, Familien oder Freunde zum Picknicken – und sie alle hinterlassen Müll.

Mit zusätzlichen extra großen Tonnen will die Berliner Stadtreinigung (BSR) gegensteuern. Parknutzende können dort inzwischen auch große Abfälle wie Pizzakartons entsorgen.

Die neuen Tonnen sind Teil eines Pilotprojekts: Eigentlich sorgen in Berlin die Bezirke dafür, dass ihre Parks sauber bleiben. 2016 übernahm dann die BSR die Reinigung von zwölf Parks, um die Bezirke zu entlasten.

Heute, fünf Jahre später, ist die BSR für knapp 80 Berliner Parks und Grünanlagen zuständig, dazu gehören etwa der Görlitzer Park, der Lietzenseepark oder der Treptower Park.

Das Pilotprojekt ist nun ein verstetigter Auftrag an die BSR und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) zufrieden: „Die BSR-Parkreinigung ist eine echte Erfolgsgeschichte.“ Die Stadtreinigung zieht eine ähnlich positive Bilanz. „Indem wir als BSR für Sauberkeit sorgen, tragen wir zur Lebensqualität in der Stadt bei“, sagt BSR-Chefin Stephanie Ott.

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Ganz vorne mit dabei ist Stadtreiniger Thomas Jarske. Er reinigt seit Anfang 2020 fast täglich den Weinbergspark. Vor der Pandemie, sagt Jarske, waren eher Touristen das Problem, denn der Weinbergspark ist von mehreren Hostels umgeben. „Die Gäste haben zum Teil bis neun Uhr morgens gefeiert“, sagt Jarske. „Da bleibt dann natürlich viel liegen.“

To-Go-Verpackungen verstärken Müllproblem

Die Touristen sind in den vergangenen Monaten ausgeblieben, am Müllproblem hat das aber nichts geändert. Geschlossene Restaurants und Kontaktbeschränkungen in Innenräumen haben Menschen in die Parks getrieben, auch zum Essen. Besonders in der Nähe von Restaurants, die ihre Gerichte zum Mitnehmen anboten, sei das Müllaufkommen gestiegen, berichtet die BSR.

Thomas Jarske arbeitet seit 2007 für die BSR. Bevor er den Weinbergspark reinigte, sorgte er im Soldiner Kiez im Wedding für saubere Straßen.
Thomas Jarske arbeitet seit 2007 für die BSR. Bevor er den Weinbergspark reinigte, sorgte er im Soldiner Kiez im Wedding für saubere Straßen.

© dpa

Der Weinbergspark ist auf allen Seiten von Gastronomie umgeben. Allein im Juni haben Reinigungskräfte dort jeden Tag durchschnittlich 3,3 Kubikmeter Abfall aus Mülleimern und von Flächen gesammelt. Das entspricht knapp dreieinhalb großen Müllcontainern, wie sie beispielsweise in Mietshäusern stehen. „Für uns ist das ein Rückschlag“, sagt Stephanie Otto. „Wir haben jahrelang gegen To-Go-Verpackungen gekämpft.“ Das dürfe man nun nicht aus den Augen verlieren. Eine Lösung wäre zum Beispiel ein Pfandsystem: Restaurants könnten einen kleinen Pfandbetrag berechnen, den ihre Gäste wiederbekommen, sobald sie ihren Pizzakarton zum Restaurant zurückbringen.

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Bis das passiert, sind erst einmal weiter die Reinigungskräfte der BSR gefragt. Die sind inzwischen in Parks in allen zwölf Bezirken aktiv. „Wir haben mit den Bezirken abgestimmt, welche Parks dort am stärksten frequentiert sind und den größten Bedarf haben“, sagt Otto. 280 ihrer Mitarbeitenden kümmern sich aktuell darum, dass die Parks sauber bleiben. Insgesamt ist die BSR nur für etwa drei Prozent der Berliner Grünanlagen verantwortlich. Im aktuellen Doppelhaushalt stehen laut Senatorin Pop etwa 14 Millionen Euro für die Parkreinigung zur Verfügung. Sehe der kommende Haushalt mehr Mittel für die Parkreinigung vor, könne die BSR weitere Parks reinigen. Alle Parks zu übernehmen hält Stephanie Otto aber für „utopisch“. Nicht jede Grünanlage sei so verschmutzt, dass dafür eigens die BSR anrücken müsse. „Das ist weder finanzierbar noch notwendig.“

Parks werden als sauberer empfunden

Auch bei den bisherigen Parks gibt es keine festen Kontingente an Reinigungskräften. Stattdessen reinigt die BSR reinigt „ihre“ Parks bedarfsgerecht: Scheint zum Beispiel die Sonne, besuchen mehr Berliner:innen ihre Parks – und hinterlassen dort mehr Müll. Die BSR schickt dann mehr Reinigungskräfte los, um die Parks für neue Besuchende zu säubern. Bei denen scheint die Stadtreinigung anzukommen: Umfragen der BSR zufolge empfand vor Beginn des Pilotprojekts nur knapp die Hälfte der Befragten die Berliner Parks als sauber oder sehr sauber. Während des Pilotprojekts, Ende 2019, waren es nach Angaben der BSR schon 86 Prozent.

Ramona Pop (Bündnis 90/Die Grünen, links), Wirtschaftssenatorin und die BSR-Aufsichtsratsvorsitzende, und Stephanie Otto, Vorstandsvorsitzende der BSR, sehen in der Parkreinigung durch die BSR einen Erfolg
Ramona Pop (Bündnis 90/Die Grünen, links), Wirtschaftssenatorin und die BSR-Aufsichtsratsvorsitzende, und Stephanie Otto, Vorstandsvorsitzende der BSR, sehen in der Parkreinigung durch die BSR einen Erfolg

© Paul Zinken/dpa

Saubere Parks tragen zur Lebensqualität in der Stadt bei, sagt BSR-Chefin Otto. „Achtlos weggeworfener Müll ist ein Problem, das bei jedem Menschen selbst anfängt.“ Dabei sind die Berliner:innen eigentlich recht müllbewusst, sagt Wirtschaftssenatorin Pop. Die meisten entsorgen ihren Müll oder legen ihn zumindest neben die Mülleimer, wenn die doch einmal voll sind, berichtet auch Stadtreiniger Jarske. Das eigentliche Problem ist Müll, der unbewusst weggeworfen oder einfach übersehen wird – Kronkorken oder Zigarettenkippen etwa, sogenannter Kleinstmüll. Dabei ist gerade der besonders gefährlich. Denn eine einzelne Zigarettenkippe verschmutzt bis zu 60 Liter Grundwasser.

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Solange man seine Kronkorken wieder mitnimmt, sieht Senatorin Pop kein Problem darin, abends mit Freunden ein Bier im Park zu trinken. „Aber ab einer bestimmten Uhrzeit oder einem bestimmten Alkoholpegel passiert einfach vieles unachtsam. Parks sind nicht die richtigen Orte, um nächtelang durchzufeiern, dafür öffnen jetzt wieder die Außenbereiche der Clubs.“

Die BSR schickt feste Teams los, um ihre Parks zu reinigen. Auch, damit sie Passant:innen auf ihren Müll ansprechen könnten, sagt BSR-Chefin Otto, „und um das Gefühl für einen gemeinsamen Park stärken.“ Im Weinbergspark hat die BSR außerdem einen großen, gelben Kronkorken aufgestellt. Er soll Parkbesucher:innen ermahnen, auch ihren kleinen Dreck wieder mitzunehmen. Wer den aufgedruckten Infotext überliest, könnte den Kronkorken aber auch als einladende Sitzfläche für das nächste Feierabendbier verstehen.

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