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Messerverbot im Görlitzer Park in Berlin: Was ist mit Grillen, Picknick und Ritterspielen?
Laut Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik Meisel darf eine Mutter in der neuen Verbotszone nicht mehr mit dem Messer Äpfel schälen. Der Tagesspiegel hat nachgebohrt.
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Obacht in Kreuzberg und Mitte: Der Görlitzer Park, das Kottbusser Tor und der Leopoldplatz sind ab Sonnabend Waffen- und Messerverbotszonen. Doch was heißt das eigentlich? Droht jedem, der dort ein Messer bei sich hat, automatisch ein Bußgeld in Höhe von bis zu 10.000 Euro?
Die Recherche dazu begann mit einer Aussage von Polizeipräsidentin Barbara Slowik Meisel über das Schälen von Äpfeln. Sie endete mit der Frage, ob Messer auch beim Grillen im Görli untersagt ist oder ein Historienverein im Görli eine historische Schlacht mit Bajonett darstellen darf. Denn ganz so eindeutig geregelt ist das alles nicht.
Die Polizeipräsidentin nannte in dieser Woche ein Beispiel, wie weit das Messerverbot in den drei Zonen reicht: Die Polizei werde „die Mutter, die den Apfel schält, natürlich darauf hinweisen, dass sie sich jetzt hier in der Messerverbotszone befindet und diese bitte verlassen soll, und künftig kein Messer mehr mit sich führen soll“.
Messer sind zulässig für Brauchtum, Sport und Jagd
Nach Lektüre des Waffengesetzes, der Verwaltungsvorschrift dazu und einer Anfrage bei der Polizei Berlin lässt sich das Beispiel auch anders formulieren: Bei einem Picknick darf die Mutter wohl doch mit einem Messer einen Apfel schälen. Beim Grillen darf der Vater wohl – um bei den Rollenmustern zu bleiben – mit einem Messer das Grillgut bearbeiten.
Das Geheimnis dahinter findet sich im Gesetz. Messer sind nämlich auch in den Verbotszonen für einen „allgemein anerkannten“ und „sozial-adäquaten Zweck“, für die Brauchtumspflege oder für Sport zulässig. Übrigens auch für die Jagd, aber im Görli wird wohl kaum jemand Karnickel und Füchse erlegen.
Die Polizei erklärt dazu in schönstem Juristen-Deutsch: „Für die Bewertung eines allgemein anerkannten Zwecks bedarf es eines hinreichend konkreten Anlasses, der ein bestimmtes, gesellschaftlich akzeptiertes Verhalten rechtfertigt.“
Und der Anlass müsse hinreichend konkret sein, um den Zweck zu überprüfen. Jedenfalls hänge es „immer von den Umständen des konkreten Einzelfalls“ ab, ob es doch erlaubt ist, ein Messer in den Verbotszonen dabei zu haben.
Die Polizei und der „bestimmungsgemäße Gebrauch“ von Messern
Was wäre so ein zulässiger Einzelfall – das Messer fürs Grillen oder für die Melone beim Picknick? Konkret wollte die Polizei nicht werden: Der „bestimmungsgemäße Gebrauch eines handelsüblichen Schneide- oder Sägemessers zum Schneiden von Grillgut im Rahmen eines Picknicks auf einer zum Grillen bestimmten Grünfläche (umgangssprachlich Grillplatz) kann (…) eventuell einen allgemein anerkannten Zweck darstellen“.
Aber da gibt es doch noch mehr, nämlich Filmaufnahmen, Theateraufführungen, Brauchtum, darunter fällt laut Polizei etwa die „Nachstellung historischer Ereignisse mit Dekowaffen“. Der Tagesspiegel hielt der Polizei einige Beispiele vor. Warum nicht ein Ritterfest im Görli, es gibt sogar eine Nischensportart wie das Messerwerfen. Und wenn wir schon in Kreuzberg sind, wo die Grünen mit dem sogenannten Generalszug ihre Probleme haben – also damit, dass Straßennamen an die Befreiungskriege von 1813 bis 1815 gegen Napoleon erinnern.
Da wäre zum Beispiel Friedrich Wilhelm Bülow von Dennewitz, die nach ihm benannte Straße liegt in Schöneberg. Mehrfach verhinderte er, dass französische Truppen Berlin erobern. Warum also nicht im Görli mit einer Historiendarstellung an die Schlacht von Großbeeren 1813, die Nacht der Bajonette, erinnern?

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Die „genannten Beispiele“, so erklärte die Polizei, „können Ausnahmen“ für das Messerverbot darstellen. Gewissermaßen für den Service für den Bürger, den Steuerzahler, bat der Tagesspiegel die Polizei darum, wie diese Ausnahmen denn konkret zu verstehen sind.
Eine „konkrete Erklärung aller denkbaren Möglichkeiten“ sei aber nicht zu leisten, hieß es. Jeder Einzelfall müsse einzeln bewertet werden. Die Polizei werde aber „von der Möglichkeit der Ermessensentscheidung durch eine lebensnahe Auslegung des Rechts Gebrauch machen“.
Das bedeutet aber nicht, mit dem Fleischmesser fürs Grillen oder dem Obstmesser für den Apfel einfach durch den Görlitzer Park gehen zu dürfen. Denn beim Grillen oder beim Picknick sind Messer eben nur „im Zusammenhang mit dem Zweck“ zulässig.
Bedeutet: Mit dem Messer zum Grillplatz gehen, erfüllt nicht den Zweck, also das Grillen, selbst. Bis zum Grillplatz muss das Messer „nicht zugriffsbereit“ befördert werden. Das Messer darf nur „mit mehr als drei Handgriffen erreicht werden“. Denn Messertaten geschehen auch oft im Affekt – begünstigt durch den schnellen Griff zum Messer.
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