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Der Vorfall ereignete sich bei den Neuköllner Maientagen im Volkspark Hasenheide.

© dpa

Update

Polizeieinsatz auf Berliner Volksfest: Toter in Neukölln – Ermittler fürchten Kämpfe im Clanmilieu und suchen Zeugen

Bei den „Neuköllner Maientagen“ ist in der Nacht zu Sonntag ein Mann getötet worden. Es ist der Bruder von Nidal R. – der wurde 2018 in der Nähe erschossen.

In Berlin ist in der Nacht zu Sonntag ein Mann getötet worden. Zuvor hatte es einen Streit zwischen mehreren Männern auf dem Volksfest "Neuköllner Maientage" in der Hasenheide am Columbiadamm gegeben.

Ersten Angaben der Polizei zufolge starb der Mann nach Messerstichen, nicht bestätigt wurden Tagesspiegel-Informationen, wonach das Opfer auch eine Schusswunde gehabt habe.

Rettungskräfte der Feuerwehr hatten versucht, den Mann zu reanimieren. Das Opfer erlag im Vivantes-Krankenhaus Neukölln seinen Verletzungen. Bei dem Getöteten handelt es sich um Mohammed R., den Bruder des bundesweit bekannten Nidal R., der im September 2018 nur einen Kilometer südlich der Hasenheide auf dem Tempelhofer Feld erschossen wurde. Zuerst hatte die "B.Z." darüber berichtet.

Nach Angaben der Polizei von Sonntagnachmittag soll das 25-jährige Opfer bei dem Streit, der schließlich handgreiflich wurde, eine Schusswaffe gezogen und seinen Kontrahenten bedroht haben, woraufhin er von einem noch unbekannten jungen Mann mit einem Messer attackiert worden sein soll. Anschließend flüchtete dieser mit seinen Begleitungen in unbekannte Richtung.

Ermittler suchen Zeugen

Eine Mordkommission und die Berliner Staatsanwaltschaft haben die Ermittlungen übernommen und suchen nun nach Zeugen. Die Ermittler fragen:

  • Wer hat im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung auf dem Fest im Volkspark Hasenheide am Abend und in der vergangenen Nacht Beobachtungen gemacht?
  • Wer hat Fotos oder Videos vom Streit und/oder dem Tatgeschehen gemacht?
  • Wer konnte den oder die Tatverdächtigen bei der Flucht beobachten?
  • Wer kann weitere sachdienliche Angaben machen?

Zeuginnen und Zeugen werden gebeten, sich mit der 4. Mordkommission des Landeskriminalamtes in 10787 Berlin-Tiergarten, Keithstr. 30, unter der Telefonnummer 030/4664-911444 oder per E-Mail an lka114-hinweis@polizei.berlin.de in Verbindung zu setzen.

Gruppe um Tatverdächtigen wird auch einer Großfamilie zugerechnet

Wie der Tagesspiegel aus Sicherheitskreisen erfuhr, war das Opfer Mohammed R. mit Angehörigen unterwegs, als sie mit einer anderen Clique in Streit gerieten. Bis zu 30 Männer hätten sich erst angepöbelt, schließlich in einem Handgemenge angegangen. Die Gruppe um den mutmaßlichen Täter wird ebenfalls einer Großfamilie zugerechnet.

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Schon der Tod seines Bruders Nidal ging auf monatelange Fehden im Clanmilieu zurück. Auch damals sammelten sich noch in der Nacht bis zu 150 Angehörige und Bekannte vor der Klinik, um ihre Solidarität mit dem Opfer zu demonstrieren. Um Übergriffe auf Wachleute, Pflegekräfte und Ärzte zu verhindern, die es in ähnlichen Lagen gegeben hatte, sicherten Beamte in der Nacht zu Sonntag die Neuköllner Vivantes-Klinik.

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Ermittler fürchten nun Kämpfe im Clanmilieu. Noch im Laufe des Sonntags wurden unbestätigten Informationen zufolge sogenannte Gefährderansprachen durchgeführt. Dabei besuchen Clan-Experten des Landeskriminalamtes die einschlägig bekannten Angehörigen mutmaßlich involvierter Großfamilien, um ihnen zu signalisieren, dass sie "unter Beobachtung" stünden.

Trotz der 150 Unterstützer, die sich wegen Mohammed R. vor der Klinik sammelten, handelt es sich bei seiner Familie um eine innerhalb des Milieus vergleichsweise kleine. Und dies auch trotz der 2000 Gäste, die zur Beerdigung seines Bruders Nidal R.s damals auf den Neuen Zwölf-Apostel-Kirchhof in Schöneberg kamen, darunter die Oberhäupter der bekanntesten Großfamilien der Stadt.

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Ein dritter Bruder war 2021 für eine Hinterhof-Schießerei und Drogenvergehen zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Warum es im September 2020 zu den Schüssen in Schöneberg kam, erfuhr das Gericht nicht: Der Richter sprach vage davon, es könne um eine Frau, um für Verwandte im Libanon gesammeltes Geld oder um unbezahlte Anwaltshonorare gegangen sein.

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Die Großfamilie R. zählte zu jenen Clans, die das Bundeskriminalamt der organisierten Kriminalität, kurz der OK, zurechnet: Diese Clan-OK sei „von verwandtschaftlichen Beziehungen, einer gemeinsamen ethnischen Herkunft“ und „eskalierenden Gewaltdelikten“ geprägt. Regelmäßig fallen Angehörige dieser Familien durch „Tumultlagen“, aber auch schwere Rohheitsdelikte auf.

Wie berichtet, wird im Streit zwischen den aus dem Libanon stammenden Großfamilien immer wieder auch geschossen.

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