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Scharfe Kritik an Innensenator Geisel: Das sind die Reaktionen auf das Verbot des „Querdenker“-Protests

Berlins Absage der Coronademo am Wochenende sorgt für politischen Streit. FDP und AfD kritisieren das Verbot, Linke, SPD und Grüne äußern sich positiv.


Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller hält das Verbot der für diesen Samstag geplanten großen Demonstration gegen die Corona-Politik in Berlin für nachvollziehbar und richtig. 

Er wies in diesem Zusammenhang auf Verstöße gegen Auflagen in der Vergangenheit hin. Dass Auflagen nicht eingehalten würden, sei nicht nur ein Risiko für die Teilnehmer der Demonstration, sondern auch für viele andere, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch.

„Insofern ist es nachvollziehbar und richtig, dass der Innensenator hier mit aller Klarheit reagiert“, betonte Müller. „Und das ist ja auch ein Weg, den wir im Senat gemeinsam so besprochen haben.“ 

Weiter führte er aus: „Die Teilnehmer der Demonstration gehen irgendwann nach Hause oder sie gehen an den Arbeitsplatz oder sie fahren mit der U-Bahn.“ Damit gefährdeten sie wiederum sich und andere, „weil sie vorher Regeln nicht beachtet haben“.

Das Thema werde mit Sicherheit auch am Donnerstag in der Ministerpräsidentenkonferenz eine Rolle spielen.

Sebastian Czaja, Fraktionsvorsitzender der Berliner FDP.
Sebastian Czaja, Fraktionsvorsitzender der Berliner FDP.

© Britta Pedersen/dpa

Kritik gab es von der FDP: Das Verbot sei angesichts der steigenden Infektionszahlen verständlich, es hinterlasse aber einen "bitteren Beigeschmack", sagte Sebastian Czaja, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus.

Luthe wirft Geisel „Eskalation und Spaltung“ vor

„Während der Berliner Senat gerade versucht, das Versammlungsgesetz aufzuweichen und sogar die Vermummung des ,Schwarzen Blocks' erlauben will, verbietet der Innensenator eine – unbestritten fragwürdige – Veranstaltung, die nicht in die politische Agenda passt“, sagte Czaja.

Es brauche klare Kriterien, wann und aus welchem Grund das Versammlungsrecht eingeschränkt werde. „Dabei muss volle Transparenz herrschen, um Nachvollziehbarkeit und damit Akzeptanz zu erzeugen.“ Ansonsten würde das diejenigen bestätigen, die dem Rechtsstaat ohnehin Willkür vorwerfen. 

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„Andreas Geisel setzt offenbar immer mehr auf Eskalation und Spaltung, statt verhältnismäßig zu agieren“, teilte der kürzlich aus der FDP-Fraktion ausgeschlossene Abgeordnete, Marcel Luthe, mit. Der Senat habe sich in der Vergangenheit nicht in der Lage gesehen Demonstrationen wie den antisemitische Al-Quds-Marsch und die Demo am 1. Mai zu verbieten, die "erfahrungsgemäß in schweren Straftaten münden", so Luthe. 

Nun wolle man wegen angeblich zu erwartender Verstöße eine Demonstration zu einem zentralen politischen Thema verbieten. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Willkür vor den Gerichten Bestand hat“, so Luthe.

SPD-Vorstandsmitglied Kevin Kühnert unterstützt das Verbot, wie er auf Twitter schreibt:

Michael Müller (SPD), Berlins Regierender Bürgermeister.
Michael Müller (SPD), Berlins Regierender Bürgermeister.

© Britta Pedersen/dpa

AfD kritisiert Verbot als unverhältnismäßig

Der Fraktionsvorsitzende der Berliner AfD, Georg Pazderski, kritisierte die Entscheidung dagegen scharf: „Jetzt hat der Senat eine Grenze überschritten! Unabhängig von der Frage der Zustimmung zu den Inhalten der Demo, ist ein Verbot absolut unverhältnismäßig und damit in keiner Weise gerechtfertigt.“

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Die AfD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Alice Weidel, twitterte: „Hätte man so auch entschieden, wenn sich die Demos „GEGEN RECHTS“ gerichtet hätten? Grundrechte werden inzwischen nur noch dem zugesprochen, der sich wohlwollend gegenüber der Regierungspolitik verhält!“ Der AfD-Innenpolitiker im Bundestag, Gottfried Curio, kritisierte, das Verbot sei eine „offene Abschaffung der Grundrechte“.

„Habe null Sympathie für rechtsoffene Demo am Samstag. Bin für Proteste gegen diese in Sicht- und Hörweite“, schrieb die ehemalige Bundestagsabgeordnete der Linken, Halina Wawzyniak auf Twitter. Aber das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit mit der vorgelegten Begründung einzuschränken sei nicht überzeugend, schrieb sie. „Da gibt es mildere Mittel.“

Georg Pazderski (AfD). 
Georg Pazderski (AfD). 

© Jörg Carstensen/dpa

Die Abgeordneten der Linken, Grünen und SPD äußerten sich positiv zu dem Verbot.

Die Berliner Polizei hatte zuvor die für diesen Samstag geplante große Demonstration gegen die Corona-Politik und andere Aufzüge verboten. Bei dem zu erwartenden Teilnehmerkreis sei mit Verstößen gegen die geltende Infektionsschutzverordnung zu rechnen, teilte Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Mittwoch mit. Die Versammlungen am 1. August hätten gezeigt, dass die Teilnehmer sich bewusst über Hygieneregeln und entsprechende Auflagen hinweggesetzt hätten.

Saarländischer Ministerpräsident begrüßt Verbot

Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hat das Verbot begrüßt. „Wenn in solchen Demonstrationen bewusst gegen die Corona-Auflagen verstoßen wird, wenn bewusst gegen Abstandsregeln verstoßen wird bei diesen Demonstrationen und wenn das dann mit dem Verweis auf wirklich abenteuerliche Verschwörungstheorien als legitimes Widerstandsrecht gekennzeichnet wird, dann ist das unverantwortlich“, sagte er am Mittwoch vor dem Plenum des Landtags in Saarbrücken.

„Und dann müssen auch seitens der Politik die entsprechenden Maßnahmen ergriffen werden.“ Mit Blick auf die Corona-Maßnahmen betonte er aber auch, es müsse „Luft und Möglichkeiten“ geben, „die Stimme auch gegen diese Einschränkungen zu erheben“.

Grundsätzlich sei die freie Meinungsäußerung auch dann ein hohes Gut, wenn sie nicht eine Laudatio auf die Regierung beabsichtige. In der Corona-Ausnahmesituation habe er „die öffentliche Debatte, die wir da hatten, als hoch differenziert, als ausgesprochen wohltuend und auch erfrischend vielfältig“ empfunden. (dpa/Tsp)

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