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Selenskyj ist in der Hauptstadt: Straßen dicht, Großeinsatz – am Mittwoch ist Berlin eine Hochsicherheitszone
Der Verkehr ist eingeschränkt, auch der ÖPNV ist betroffen. Für den ukrainischen Präsidenten gilt die höchste Sicherheitsstufe. Erneut wurde bei der Polizei-Verpflegung verdorbenes Essen festgestellt.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist in der deutschen Hauptstadt – und Berlin ist am Mittwoch von morgens bis abends wieder Hochsicherheitszone. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) empfing Selenskyj am Mittag mit militärischen Ehren im Bundeskanzleramt. 2400 Polizeikräfte sind im Großeinsatz, um den Staatsbesuch abzusichern. Folgende Gebiete rund um den Tiergarten sind noch bis 22 Uhr gesperrt:
- Nördlich: Lennéstraße zwischen Kemperplatz und Ebertstraße sowie Ebertstraße bis zur Hannah-Arendt-Straße
- Östlich: Ebertstraße zwischen Hannah-Arendt-Straße und Potsdamer Platz,
Voßstraße zwischen Hausnummer 21 und Ebertstraße, Zugänge zum S- und U-Bahnhof Potsdamer Platz nördlich und südlich am Leipziger Platz, Potsdamer Platz südöstliche Gebäudeflucht bis zur Stresemannstraße - Südlich: Entlang der südlichen Gehwegseite Potsdamer Straße vom Leipziger Platz bis Potsdamer Platz 1
- Westlich: Potsdamer Platz 1 über die Potsdamer Straße hinweg zum Potsdamer Platz 2, Bellevuestraße westliche Gehwegseite bis zum Kemperplatz
Die Berliner Polizei erließ eine entsprechende Allgemeinverfügung und empfiehlt, die betroffenen Bereiche weiträumig zu umfahren.
Derzeit staue es sich vor allem im nördlichen Teil des Tiergartens rund um das Regierungsviertel, teilte die Verkehrsinformationszentrale mit. Betroffen sind demnach vor allem die John-Foster-Dulles-Allee, der Bereich Schloss Bellevue und die Dorotheenstraße.
Die Berliner S-Bahn fährt indes. Bislang wurden keine Sperrungen angekündigt, doch es könne „vonseiten der Sicherheitsbehörden zu kurzfristig angeordneten Streckensperrungen kommen“, teilte die Deutsche Bahn mit. Fahrgäste müssten demnach mit Verspätungen und Ausfällen rechnen.
Einschränkungen im Berliner U-Bahn- und Busverkehr
Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) haben den U-Bahn- und Busverkehr eingeschränkt. Wie die BVG auf ihrer Webseite mitteilt, hält die U2 derzeit nicht am Potsdamer Platz, die U5 fährt an der Station Bundestag durch.
Busse der Linie M41 fahren nicht zwischen Potsdamer Platz und Hauptbahnhof, der Halt S+U Potsdamer Platz/Voßstraße entfällt. Die Linie M48 entfällt zwischen Kurfürstenstraßen und Mohrenstraße, es gibt keinen Halt an der Haltestelle Philharmonie Süd.

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Weitere Ankündigungen zu Einschränkungen machte die BVG zunächst nicht. „Fahrgäste müssen sich aufgrund des Staatsbesuchs voraussichtlich auf Einschränkungen und Umleitungen im Nahverkehr einstellen“, teilte Sprecher Markus Falkner dem Tagesspiegel mit. Er empfahl, etwas mehr Zeit einzuplanen und sich vor Fahrtantritt über Einschränkungen zu informieren, beispielsweise über die Webseite bvg.de.
Nur Anwohner und anderweitig berechtigte Personen dürfen die Sperrzonen betreten, hieß es weiter von der Berliner Polizei. Sie rät daher, Ausweisdokumente mitzuführen.
Polizisten führen durch abgesperrtes Gebiet – Anwohner bleiben gelassen
An der Ecke Leipziger Platz/Potsdamer Platz ging am Mittwochvormittag alles weitgehend seinen gewohnten Gang, wie eine Tagesspiegel-Reporterin berichtete. Es staute sich nicht auffällig auf den Straßen. Ab und an wunderten sich Touristen über die Absperrung und machten ihre Potsdamer-Platz-Fotos im Regen von der anderen Straßenseite aus. Am Himmel war ein Hubschrauber zu hören.

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Eine Gruppe Menschen stand vor einem Zelt mit Sicherheitskontrolle Schlange, um ins abgesperrte Gebiet zur Arbeit zu kommen. Das ging offenbar relativ zügig. Ein mit Kisten bepackter Gastronom erzählte, dass er nur zwei Minuten warten musste. Durchs Gelände durften sich die Menschen offenbar nur mit Polizeibegleitung bewegen. Jede Person, die den Kontrollpunkt passierte, wurde von einem Polizisten oder einer Polizistin zum Zielort gebracht.
Auch in der Voßstraße, die am Mittwoch eine Sackgasse ist, war es am Vormittag weitgehend ruhig. Autos, die sich dennoch in die Straße verirrten, hatten genug Platz zum Wenden.

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Eine Anwohnerin, die gerade ihr Kind zur Kita brachte, war relativ unbeeindruckt vom Geschehen. Dass die Straßen wegen Staatsbesuchen abgesperrt werden, war für sie nichts Neues. Sie fühle sich davon nicht eingeschränkt, sagte die Frau. Für Menschen, die aufs Auto angewiesen sind, sei das natürlich anders.

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August Paz und Mirian Patron aus Kolumbien sind für drei Tage in Berlin und waren auf dem Weg ins Jüdische Museum als der Regen stärker wurde. Sie stellten sich unter einem Vordach an der Ebertstraße unter und warteten ab. Paz filmte interessiert einen Panzerwagen der Bundespolizei. Über die Straßensperrungen hatten sie sich schon gewundert. Dass Selenskyj da ist, hatten sie nicht mitbekommen.
Vor dem Paul-Löbe-Haus im Regierungsviertel versammelten sich am Vormittag Schaulustige mit Blick aufs Kanzleramt. Mit dabei: eine Touristin aus Bottrop. Sie und ihr Mann seien zufällig hier vorbeigekommen und hätten dann gegoogelt, was es mit dem Polizeiaufgebot auf sich hat, sagte die Frau. Für den Fall, dass Selenskyj gleich kommt, wollten sie hier seit zehn Minuten warten. Seitdem habe sich zwar nichts getan, sie finde es aber interessant mal zu sehen, wie viel Aufwand hinter einem Staatsbesuch steckt, sagte die Touristin.

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Drohnenabwehr und Patrouillen auf der Spree
Der ukrainische Präsident war zuletzt im Oktober 2024 in Berlin. Damals gab es für die Anreise und die Abreise zusätzlich Verkehrseinschränkungen im Bereich der Flughafens BER und auf den Stadtautobahnen A113 und A100.
Auch beim heutigen Besuch verplombt die Polizei Gullydeckel, Sprengstoffspürhunde sind im Einsatz, der Luftraum wird überwacht, die Drohnenabwehr ist im Einsatz und die Wasserschutzpolizei patrouilliert auf der Spree.
Verschimmelter Apfel, harte Brötchen: Schon wieder verdorbenes Essen für die Berliner Polizei
Unterdessen machte ein Polizist eine unappetitliche Entdeckung in seiner Verpflegung. Das Essen sei teilweise nicht mehr zum Verzehr geeignet gewesen, teilte die Behörde auf die Plattform X mit. „Unsere Einsatzkräfte werden sensibilisiert, ihre Verpflegung zu überprüfen. Auch unsere Versorgungsstellen prüfen nun die noch nicht ausgegebenen Verpflegungsbeutel“, hieß es.
Betroffen war nach Tagesspiegel-Informationen eine der fünf eingesetzten Verkehrshundertschaften. Dort wurden in der Verpflegung ein verschimmelter Apfel und harte Brötchen entdeckt.
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Dieser erneute Vorfall sei ärgerlich, sagte Stephan Weh, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), „aber wir sind in Berlin einsatzerfahren genug und schauen deshalb auch lieber zweimal in den Beutel.“
Trotz der sorgfältigen Arbeit der für die Verpflegung zuständigen Kollegen, „die in Zugleichaufgabe als Versorger bei derart kurzfristigen Einsätzen wie dem Selenskyj-Besuch von heute auf morgen tausende Verpflegungsbeutel packen“ ließen sich solche Vorfälle „nie komplett ausschließen“, sagte Weh weiter. „Ich bin froh, dass wir mittlerweile interne Versorger haben, die bei den stetigen Großlagen nicht mehr wegzudenken und ein wichtiger Bestandteil zur Einsatzbewältigung sind.“
Bereits bei vergangenen Großeinsätzen hatte es Pannen bei der Essensversorgung der Berliner Polizei gegeben. So wurden etwa am 1. Mai zwei Packungen Gouda-Schnittkäse ausgegeben, der verschimmelt war.
Am Nachmittag geht es für Selenskyj ins Schloss Bellevue, wo ihn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erwartet. Dort wartet bereits Renate Helmstädt. Sie harrt trotz Regen als eine der wenigen im Tiergarten mit Blick aufs Schloss Bellevue aus. Sie hat eine Ukraineflagge und ein Protestschild dabei, will ihre Solidarität bekunden und sich für mehr Unterstützung der Ukraine starkmachen.

© Katharina Köhler
Etwas enttäuscht sei sie schon, dass sie hier die einzige Demonstrantin in Sichtweite ist, sagt sie. Es ist nicht das erste Mal, dass Helmstädt für die Ukraine auf der Straße ist. Immer wieder hat sie an Demos teilgenommen, außerdem stellt sie sich auch regelmäßig mit einem Schild vor den Bundestag. Einige der Abgeordneten würden sie schon grüßen, erzählt sie.
Nach Tagesspiegel-Informationen verlässt Selenskyj die Hauptstadt wieder am Abend.
- A100
- CDU
- Deutsche Bahn
- Deutscher Bundestag
- Fahrrad und Verkehr in Berlin
- Frank-Walter Steinmeier
- Friedrich Merz
- Kunst in Berlin
- Mitte
- Schule und Kita in Potsdam
- Wolodymyr Selenskyj
- Zugverkehr
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