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Kai Wegner 2023 auf dem CSD Berlin.

© imago/Future Image/Brigitte Dummer

Update

Schutz queerer Menschen im Grundgesetz: Kein Senatsbeschluss mehr vor dem Berliner CSD – Kritik von der Opposition

Der Entwurf für eine Bundesratsinitiative ist noch in der Abstimmung, es gibt wohl offene Fragen. Das kritisieren der CSD-Verein sowie Grüne und Linke.

Stand:

Der Entwurf für die Bundesratsinitiative zur Aufnahme des Schutzes queerer Menschen ins Grundgesetz befindet sich noch in der senatsinternen Abstimmung und wird demnach nicht mehr vor dem diesjährigen Berliner Christopher Street Day am Sonnabend beschlossen werden.

„Wir haben die Vorlage in die Mitzeichnung gegeben“, sagte Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD), aus deren Haus der Entwurf stammt, am Dienstag bei der Senatspressekonferenz. Erst danach werde sie dem Senat vorgelegt. Wann dies der Fall sein werde, sagte sie nicht.

Frühestens dürfte es in zwei Wochen der Fall sein, dann ist die nächste Senatssitzung. Ob bis dahin tatsächlich ein geeinter Entwurf vorliegt, ist allerdings noch völlig offen. Offenbar gibt es Abstimmungsbedarf. Insbesondere die CDU-Seite dürfte noch Fragen haben.

Der Entwurf sieht vor, den Artikel 3 des Grundgesetzes dahingehend zu ergänzen, dass niemand wegen „seiner sexuellen und geschlechtlichen Identität“ benachteiligt oder bevorzugt werden darf. Insbesondere der Zusatz „geschlechtliche Identität“ dürfte unter CDU-geführten Bundesländern kaum mehrheitsfähig sein. Und einige von ihnen müssten im Bundesrat zustimmen.

Um die Bundesratsinitiative war es zu Verwerfungen zwischen dem Vorstand des Berliner CSD und dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) gekommen. Eigentlich hatte Wegner eine solche Initiative bereits bei der Eröffnung des CSD im vergangenen Jahr versprochen.

Weil seitdem nichts passiert war, hatte der CSD Wegner vor einigen Wochen unter Druck zu setzen versucht: Er dürfe dieses Jahr nur dann zur CSD-Eröffnung sprechen, wenn die Initiative komme. Die CSD-Rede Wegners ist inzwischen endgültig abgesagt, obwohl Sozialsenatorin Kiziltepe den Entwurf in der vergangenen Woche noch vorgelegt hatte. Wegner will trotzdem am CSD teilnehmen.

CSD-Verein und Opposition machen Druck

Am Mittwoch meldete sich auch der CSD-Verein zu Wort. „Der Schutz der queeren Community durch das Grundgesetz muss aus unserer Sicht noch vor der Bundestagswahl 2025 kommen“, teilte Vorstandsmitglied Marcel Voges mit. Innerhalb der queeren Community gebe es „große Unruhe und Angst wegen des Erstarkens rechtsextremer Parteien“.

Da es für eine Grundgesetzänderung eine Zweidrittelmehrheit braucht, fordert der CSD, den Fraktionszwang im Falle einer Abstimmung aufzuheben. „Von der Berliner Landesregierung erwarten wir rasche Gespräche mit den anderen Bundesländern und der Bundes-CDU, um eine Zweidrittelmehrheit für eine Bundesratsinitiative und Grundgesetzänderung zu erreichen“, so Voges weiter. Der CSD hoffe, dass der Berliner Senat die vorgelegte Bundesratsinitiative rasch beschließe.

Den Queerspiegel gibt es auch im Video

Unterstützung bekommt der CSD von der Opposition. Die queerpolitischen Sprecher:innen der Grünen, Laura Neugebauer und Sebastian Walter, forderten am Mittwoch, den Diskriminierungsschutz für queere Menschen schnell in Artikel 3 des Grundgesetzes aufzunehmen. „Es ist enttäuschend, dass der Senat in seiner letzten Sitzung vor dem CSD keinen Beschluss für eine Bundesratsinitiative gefasst hat – obwohl die zuständige Verwaltung eine Vorlage erarbeitet hatte“, teilten Neugebauer und Walter mit.

Wegner müsse endlich Gespräche mit den anderen Bundesländern und innerhalb der CDU führen. „Seit seiner Ankündigungsrede vor einem Jahr hat Wegner kein sichtbares Signal in seiner Partei gesetzt, um das Ziel der Grundgesetzänderung voranzutreiben“, so Neugebauer und Walter.

Auch der queerpolitische Sprecher der Linken, Klaus Lederer, forderte Wegner und den Senat auf, zu handeln. „Es genügt nicht, hin und wieder mit Beschwörungen der ‚Regenbogenhauptstadt‘ symbolisch pathetisch zu werden. Angesichts wachsender Queerfeindlichkeit, nicht zuletzt offen transphober Tiraden eines CDU-Abgeordneten in Berlins Parlament, sind klare Positionierungen dringlicher denn je“, teilte Lederer mit. Er könne bisher aber nicht erkennen, dass Wegner ernsthaft bemüht sei, „die Initiative zügig auf den Weg zu bringen und in seiner eigenen Partei – denn nur an deren Widerstand scheiterten frühere Initiativen – um Mehrheiten zu werben“, so Lederer.

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