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Sparen fängt im Kleinen an: Berlin muss sich jetzt aufs Wesentliche konzentrieren
Das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler führt vor, wie der Staat Geld verschwendet. Nicht jede Kritik trifft zu. Aber manche entlarvt die Arglosigkeit von Politik und Verwaltung.

Stand:
Nicht jede Kritik des Steuerzahlerbundes muss man uneingeschränkt teilen. Und doch wirft der Verein zu Recht ein Schlaglicht auf teils absurde Fälle. Das reicht von Fehlplanungen über Sinnlosprojekte bis hin zu politischer Dickköpfigkeit – alles, womit Steuergeld verschwendet wird.
Doch nicht jede Kritik bestätigt sich, etwa bei Projekten, die mit politischem Weitblick vorgetrieben wurden. So war der Flughafen BER in Schönefeld für den Steuerzahlerbund jahrelang ein gefundenes Fressen. Denn immer neue Milliarden Euro mussten in den Flughafenneubau gesteckt werden, weil die Politik schon zu Beginn zu sehr hineinregiert hat.
Doch der Flughafen funktioniert inzwischen. Der Flughafen München dagegen versinkt im Chaos. Ja, mei, die Bayern, Laptop und Lederhose war einmal. Und der Airport in Frankfurt hat wegen immer wiederkehrender Pannen den Ruf als „Moloch vom Main“. Dabei sind beide Flughäfen für Deutschlands größte Fluggesellschaft, die Lufthansa, Drehkreuze. Der BER hingegen wurde im Frühjahr laut dem Ranking des britischen Reiseportals Eurochange zum besten Flughafen Europas gewählt.
Von den Milliardensummen des BER sind jene Projekte, die der Steuerzahlerbund in seinem neuen Schwarzbuch aufführt, weit entfernt. Und doch zeigt es auf, dass in den Verwaltungen und in der Politik oft noch gar nicht angekommen ist, dass gespart werden muss.
Dabei ist, kaum verwunderlich, das Prestigeprojekt der SPD in der aktuellen Koalition, das 29-Euro-Ticket. Alle Fachleute, Experten und auch andere Parteien sind sich weitgehend einig, dass das Ticket eine reine Extrawurst für ein Wahlversprechen der SPD ist. Dazu ist viel und ausreichend gesagt. Inzwischen ist auch die SPD zu Einsicht bereit: Das Ticket steht wegen des Sparzwangs vor dem Aus.
Erstmal sollte das Grundlegende in den Ämtern funktionieren
Einige der sieben Fälle machen klar, worauf es jetzt auch ankommt – den Kern staatlichen Handels. Denn beim Sparen gilt: Kleinvieh macht auch Mist. Warum der Staat aus klammen Kassen einen Reparaturbonus von bis zu 200 Euro für die kaputte Waschmaschine zahlt, ließe sich mit Nachhaltigkeit und EU-Recht begründen. Es geht schließlich um den sparsamen Umgang mit Ressourcen. 1,25 Millionen stehen in diesem Jahr bereit, für nächstes Jahr ist das mehr als ungewiss. Andererseits: Sollte nicht erstmal Grundlegendes in den Ämtern funktionieren, bevor wir Girlanden am Eingang aufhängen?
Das gilt auch für das Kochbuch „Brotrezepte Deluxe – Lichtenberg nachhaltig & gut“, herausgegeben vom Bezirksamt Lichtenberg. Hochglanzfotos, 20 Rezepte darin wie Brotsuppen, Brotaufläufe, Brotknödel oder Brotsalat, dazu Informationen zum nachhaltigen Lebensstil, gedruckt in einer Auflage von 1000 Exemplaren. Das Amt verschenkt die Bücher, das Werk kann auch kostenlos heruntergeladen werden. 11.263,12 Euro kostete das Projekt. Eine Kernaufgabe des Staates oder ein Beitrag für eine funktionierende Verwaltung ist es nicht.
Wie beim Projekt „Dit is Müsli“ des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf. Zur Fußball-EM wurde es von der „Stabsstelle Bildung für nachhaltige Entwicklung“ gestartet, angeblich, damit Schulen und Vereine etwas über Nachhaltigkeit und gesunde Ernährung lernen können. Das einfache Basismüsli in bunter Verpackung ist teurer als im Supermarkt. Und was hat das oberlehrerhafte Projekt gekostet? 28.000 Euro.
Mit den 50 Cent Spende pro verkaufter Packung will der Bezirk Schulen, Initiativen und Sportvereine bei ihren Projekten für Nachhaltigkeit unterstützen. Doch um überhaupt auf die ursprünglichen Kosten zu kommen, müsste das Müsli ein Verkaufsschlager sein. Ist es aber – palim, palim – nicht. Da hat im Bezirksamt jemand nicht nur zu oft um die Ecke gedacht, sondern den Spargong nicht gehört.
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