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Revolutionäre 1. Mai Demonstration zieht durch Neukölln.

© IMAGO/A. Friedrichs/IMAGO/Andreas Friedrichs

Tausende Polizisten beim 1. Mai in Berlin : Drohnenabwehr, Amokschutz – und eine große Sorge

Der 1. Mai in Berlin ist kaum mehr mit dem Krawall früherer Jahre vergleichbar. Doch es gibt neue Herausforderungen. „Wir schützen auch die linke Demonstration“, versichert der Einsatzleiter.

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Obwohl der 1. Mai immer friedlicher wurde, wird die Berliner Polizei weiterhin so viele Beamte einsetzen wie in den vergangenen Jahren. 2024 waren es rund 6000. Der Grund für den enormen Einsatz: Nach den weltweiten Ereignissen bei Großveranstaltungen ist klar, dass für alle Demonstrationen ein Zufahrtsschutz organisiert werden muss.

Und der wird umfangreich ausfallen. Denn die Routen ziehen sich durch die ganze Stadt. Das gilt sowohl für Aufzüge am Vorabend als auch die 1.-Mai-Demonstration des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), die Satire-Fahrraddemo „My Gruni“ in den Grunewald und für die abendliche „Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration“ in Kreuzberg und Neukölln. Und das sind nur die großen Veranstaltungen.

Zu ihrem Schutz werden extra verschiedene Sperrelemente und auch Polizeiautos an Zufahrtsstraßen und Seitenstraßen aufgestellt. „Wir schützen auch die linke Demonstration am Abend vor Angriffen von außen“, sagte Stephan Katte. Der Chef der Direktion Einsatz/Verkehr führt seit sechs Jahren den Einsatz rund um den Tag der Arbeit.

Jahrelange Erfahrung mit Großlagen: Einsatzleiter Stephan Katte.

© Alexander Fröhlich

Seit 1987 ist er bei der Berliner Polizei, also genau dem Jahr, als in Kreuzberg Unruhen ausbrachen und es zu schweren Ausschreitungen gekommen war. Und in diesen 38 Jahren bei der Polizei erlebte er 30 Mal den 1. Mai im Einsatz mit. Mit den 80er- und 90er-Jahren sei der Tag der Arbeit seit einigen Jahren nicht mehr zu vergleichen, sagte er.

Polizeipräsidentin will Durchsetzungsstärke zeigen

Doch die Schutzvorkehrungen sind deutlich höher heute. Konkrete Gefährdungshinweise gibt es nicht, die abstrakte Gefährdung durch Terror ist wie in den vergangenen Jahren weiterhin hoch. Es geht laut Katte beim Zufahrtsschutz nicht nur um Amokfahrer, sondern auch darum, zu verhindern, dass Unfallwagen in Menschengruppen fahren. „Das gilt es in der heutigen Zeit einfach abzuwehren“, sagte er. Auch ein umfangreicher Drohnenabwehrschutz sei Standard für solche Lagen.

Zugutekommt der Polizei, dass Rechtsextremisten bundesweit für diesen Tag ins thüringische Gera mobilisieren. In Berlin rechnet die Polizei daher nicht mit einem Neonazi-Aufmarsch. Außerdem wird gutes Wetter erwartet, die Polizei geht davon aus, dass die Straßen in Kreuzberg, aber auch sonst die Parks und Freibäder voll sein werden.

„Die Polizei ist wie immer bereit, präsent zu sein und Durchsetzungsstärke zu zeigen“, sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik Meisel. Bei gutem Wetter, großen Menschenmengen und viel Alkoholkonsum könne sich durchaus „Aggressionspotenzial“ entwickeln, sagte ein Polizeiführer.

Will deeskalieren, aber konsequent gegen Straftaten vorgehen: Polizeipräsidentin Barbara Slowik Meisel.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Bei der „Revolutionären 1.-Mai-Demo“ mit wohl mehr als 10.000 Teilnehmern wird erstmals seit Jahren wieder ein schwarzer Block der Linksautonomen erwartet. Inzwischen hat die sogenannte Migrantifa die Führung und Organisation des Demozuges übernommen. Deren Fokus sind propalästinensische, postkolonialistische und antirassistische Themen – und vor allem Israelkritik.

Linke Szene zerstritten

Im Streit um den Nahostkonflikt und den Angriff der islamistischen Hamas auf Israel hatten sich Autonome und die Antifa weitgehend zurückgezogen. Nun machen sie in Teilen wieder mit: Sie werden wohl den letzten Demo-Block bilden – mit größtmöglichem Abstand zur Migrantifa an der Spitze. Doch die linke Szene bleibt zerstritten. Israelfreundliche Teile der linken Szene werden eher bei einem Antifa-Kongress am Abend im Verlagshaus des „Neuen Deutschland“ in Friedrichshain erwartet.

Polizeiführer Katte ist aber zuversichtlich: „Wir rechnen im Großen und Ganzen mit einem friedlichen Verlauf.“ Die Polizei behält ihre bewährte Strategie der Deeskalation bei, will aber bei Straftaten entschieden einschreiten. Das gilt etwa bei volksverhetzenden, antisemitischen Parolen bei allen Demonstrationen, zumal sich 2024 ein propalästinensischer Block unter die DGB-Demo gemischt hatte.

Auch gegen den Einsatz von Pyrotechnik will die Polizei konsequent vorgehen. „Ich glaube, dass eine Kugelbombe nicht nur Silvester gezündet werden kann, sondern vielleicht auch am 1. Mai. Ich bin mir sicher, es sind noch nicht alle abgebrannt“, sagte Katte. Die Umgebung der Strecke vom Südstern nach Neukölln und zurück haben Experten der Polizei bereits gründlich begutachtet.

Bislang führte die Polizei knapp 40 Gefährderansprachen mit Anhängern der propalästinensischen Szene und mit Linksextremisten. Dutzende Konfliktmanager werden am Donnerstag unterwegs sein, um aggressive Demonstranten und andere Menschen zu beruhigen. Zehn Lichtanlagen zum Ausleuchten kritischer Punkte stehen für Notfälle bereit, ebenso Wasserwerfer.

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