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Trauer in Mannheim am Montag.

© IMAGO/HEN-FOTO/IMAGO/Peter Henrich / HEN-FOTO

Update

Trauermarsch nach Mannheimer Messerattacke: Polizisten wollen durch Berliner Innenstadt ziehen

Der Tod des 29-jährigen Polizisten durch eine Messerattacke in Mannheim erschüttert dessen Kollegen bundesweit. Am Freitag rufen sie zu einem Gedenkmarsch in Berlin auf.

Stand:

Nach dem tödlichen Angriff auf den Mannheimer Polizisten Rouven L. soll es auch in Berlin einen Trauermarsch geben. Die beiden größten Berufsverbände der Polizei rufen dazu für Freitag zu einer Gedenkdemonstration durch die Berliner Innenstadt auf.

Dazu haben sich die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG), die dem Beamtenbund angehört, und die Gewerkschaft der Polizei (GdP), die ein Verband im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) ist, abgesprochen. Start des Schweigemarschs soll am Freitagmittag am Potsdamer Platz sein, von wo der Trauerzug zur Landesvertretung Baden-Württembergs am Tiergarten ziehen wird.

Auf Reden wollen die Organisatoren dabei nach Tagesspiegel-Informationen weitgehend verzichten. Fahnen, Flaggen, Transparente seien unerwünscht, Kundgebungen werde es nicht geben, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. „Die Teilnahme in Dienstkleidung ist gewünscht, aber ohne Dienstwaffe“, teilten die Gewerkschaften mit.

Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.

Stephan Weh, GdP-Landeschef

Mit dem Schweigemarsch solle ein klares Zeichen für die Demokratie gesetzt werden. Beide Gewerkschaften wehrten sich zudem entschlossen gegen eine Instrumentalisierung. „Wir haben mit Rouven einen jungen Menschen aus unseren Reihen verloren, einen Menschen, der sein Leben dem Schutz aller Menschen gewidmet und der dieses Engagement mit dem Leben bezahlt hat“, sagte GdP-Landeschef Stephan Weh am Dienstag. „Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen und werden es auch nicht länger akzeptieren, dass sich die Trauer nach derart schmerzhaften Angriffen auf unsere Kolleginnen und Kollegen in Sonntagsreden und Beileid erschöpft.“

Der Schweigemarsch solle zeigen, „dass es so nicht weitergeht“. Politik und Gesellschaft müssten endlich verstehen, welche Risiken Polizisten täglich für die Sicherheit auf sich nähmen. „Wer uns angreift, greift unsere Demokratie an, nicht weniger steht auf dem Spiel.“

Afghane stach dem Polizisten in den Kopf

Auch DPolG-Landeschef Bodo Pfalzgraf erinnerte an Rouven L.. „Wir Polizistinnen und Polizisten haben einen Eid auf das Grundgesetz geschworen. Wir sollen durchsetzen, dass Gesetze für ein friedliches Miteinander eingehalten werden. Uns schlägt täglich eine Gewalt entgegen, die schonungslos ist und brutal, die menschenverachtend ist und oft tödlich“, sagte Pfalzgraf. „Reden und Reaktionen aus der Politik reichen nicht. Wir haben es immer häufiger mit einem ideologisierten, fanatischen Gegenüber zu tun, das zu einer großen Gefahr geworden ist.“

Ein 25-jähriger Afghane, so der Stand der Ermittlungen, hatte am Freitag bei einer islamkritischen Kundgebung im baden-württembergischen Mannheim fünf Menschen niedergestochen und einen Polizisten durch Stiche in den Kopf getötet. Gegen Sulaiman A. erließ ein Richter deshalb Haftbefehl. Ermittler gehen davon aus, dass A. aus islamistischen Motiven handelte.

Generalbundesanwalt ermittelt

Wegen der „besonderen Bedeutung“ des Falls ermittelt inzwischen der Generalbundesanwalt. Die Tat wird demnach als „religiös motiviert“ eingestuft, ermittelt wird wegen Mordes, fünffachen versuchten Mordes sowie gefährlicher Körperverletzung.

Nach der Messerattacke von Mannheim werden Stimmen nach strikteren Abschiebungen ausländischer Straftäter lauter. Mehrere unionsregierte Bundesländer unterstützten den Vorschlag des Hamburger Innensenators Andy Grote (SPD), schwerkriminelle Ausländer auch nach Afghanistan und Syrien abzuschieben.

Wer eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt, hat sein Bleiberecht verwirkt und muss auch mit Rückführungen rechnen.

Iris Spranger (SPD), Berliner Innensenatorin

Auch Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) schloss sich der Forderung an. Deutschland gewähre humanitär selbstverständlich Schutz. „Wer aber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt, hat sein Bleiberecht verwirkt und muss mit Sanktionen und auch mit Rückführungen rechnen“, sagte Spranger am Dienstag. „Wer sich gegen unsere demokratischen Werte stellt, muss mit Konsequenzen rechnen.“

Daher unterstütze sie den Vorschlag aus Hamburg, „Abschiebungen von schweren Straftätern in Länder wie Afghanistan zu ermöglichen, wenn die Gefahr für die öffentliche Sicherheit gegenüber dem individuellen Bleibeinteresse überwiegt“ – und selbst dann, wenn „dieses Land nicht als sicheres Herkunftsland eingestuft ist“, sagte die Innensenatorin: „Wir dürfen die Augen nicht vor den aktuellen Herausforderungen für die Sicherheit unseres Landes verschließen.“

Grüne kritisieren härtere Abschiebepolitik

Kritik an diesen Vorschlägen kam von der Grünen-Politikerin Lamya Kaddor. In Afghanistan hätte ein in Deutschland verurteilter Täter unter den islamischen Taliban womöglich „gar keine Strafe mehr zu befürchten“, sagte die Innenexpertin der Grünen im Bundestag dem ARD-Morgenmagazin. „Wahrscheinlich wird er dort noch eher belohnt.“

Geprüft wird nun, ob der Täter womöglich Kontakte zum „Islamischen Staat“ hatte. Das radikal-muslimische Terrornetzwerk hatte immer wieder Einzelpersonen zu Taten animiert, zuweilen standen IS-Funktionäre aus dem Nahen Osten oder Zentralasien via Internet mit Islamisten in Europa in Verbindung.

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