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Kimberly Emerson engagiert sich für die deutsch-amerikanischen Beziehungen und fliegt als Wahlbeobachterin nach Arizona.

© Thilo Rückeis

Frau des Ex-Botschafters über die US-Wahl: „Trumps Sieg war wie der Weltuntergang“

Kimberley Emerson ist Juristin und eine gefragte Rednerin. Als Wahlbeobachterin fliegt sie nach Arizona. An Trumps Sieg erinnert sie sich nur ungern zurück.

Die letzten vier Jahre mögen nicht spurlos vorübergegangen sein an den offiziellen deutsch-amerikanischen Beziehungen. Auf der Graswurzelebene haben die sich aber eher verstärkt, auch in Berlin. Das ist vor allem einzelnen Menschen zu verdanken, die sich besonders eingesetzt haben. Motivation gab es reichlich.

An die Wahlnacht im November 2016 erinnert sich Kimberly Emerson noch ziemlich gut. Ihr Mann John war damals US-Botschafter in Deutschland, von Barack Obama persönlich gesandt, und die beiden verfolgten zusammen mit Freunden die Auszählungen in der Bertelsmann-Repräsentanz Unter den Linden . Am Anfang hat sie sich noch „unglaublich gut gefühlt“.

Als klar war, dass nicht Hillary Clinton gewinnen würde, sondern Donald Trump, konnte sie nicht aufhören zu schluchzen. „Es tat mir so leid für Hillary, für alle Frauen, für meine Töchter“, beschreibt sie heute ihre erste Reaktion. In der Clinton-Regierung war die Juristin als Öffentlichkeitsarbeiterin tätig gewesen. Hillary Clinton war sogar zu Besuch bei ihnen gewesen in der Residenz in der Finkenstraße.

Am Tag der Amtsübernahme durch Donald Trump musste die Familie das Haus verlassen, in dem sie sonst noch einige Monate geblieben wäre. „Alles krachte plötzlich zusammen“, erinnert sie sich. Einerseits wollte sie sich nur noch im Bett verkriechen, andererseits musste sie ihre drei Töchter trösten. „Es war wie der Weltuntergang“, sagt sie. „Und die Deutschen waren auch so traurig.“

Am drauf folgenden Wochenende trafen sie und ihr Mann befreundete Botschafter in Italien. Und sie versprachen einanderweiterzukämpfen für ihre Sache, zu zeigen, was die bessere Politik ist. „Wir haben uns vorgenommen, eine starke Opposition zu sein und daran zu arbeiten, die Welt besser zu machen.“

Frau an seiner Seite

Seitdem hat Kimberly Emerson viel Zeit in Berlin verbracht, in der privaten Charlottenburger Wohnung, die der Familie gehört. Nicht, dass sie in Berlin viele Menschen überzeugen müsste. John Emersons Vorgänger, der jetzige Gouverneur von New Jersey, Phil Murphy, hat angesichts der weit über 90 Prozent der Berliner, die, wenn sie könnten, demokratisch wählen würden, immer gesagt: „Das könnten wir in Ohio gebrauchen.“

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Seit ihr Mann nicht mehr im diplomatischen Dienst ist, kann sie unbefangen ihrem Engagement für Human Rights Watch nachgehen und viele anderen Aktivitäten in ihren Lieblingsbereichen Kunst und Politik. Längst ist sie eine gefragte Rednerin. Egal, ob sie zum Thema deutsch-amerikanische Freundschaft in der ZDF-Sendung „Aspekte“ auftritt oder in professionellen Podcasts, eine Ausstellung mit Bildern von Obama unter dem Titel „Hope, never fear" veröffentlicht oder amerikanische Künstler in Deutschland fördert, sie kümmert sich auf ihre Weise um die transatlantischen Beziehungen und füllt sie mit positiven Inhalten.

John B. Emerson, Ex-Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika in Deutschland.
John B. Emerson, Ex-Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika in Deutschland.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Die zeitaufwändige Pflege von Freundschaften verzögert etwas die Arbeit an ihrem Buch. Das wurde inspiriert durch den Schock, den sie erlebte, als sie nach Deutschland als Frau des Botschafters kam, als „Frau an seiner Seite“, eine Rolle die ihr nicht besonders liegt.

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Vor den US-Wahlen fliegt sie von Berlin aus heim nach Los Angeles. Die studierte Juristin hat sich freiwillig gemeldet, um in Arizona als Wahlbeobachterin tätig zu werden.

In den letzten Wochen ging es auch in den Gesprächen in Berlin viel um die Wahlen. Sie sei optimistisch, sagt sie, „aber vorsichtig optimistisch“. Das Joe Biden die meisten Stimmen bekommt, sogar mehr als Hillary Clinton vor vier Jahren, daran hat sie eigentlich keinen Zweifel. Dass ihr etwas flau im Magen ist, liegt vor allem am amerikanischen Wahlsystem, bei dem nicht der Kandidat mit den meisten Stimmen den Sieg davonträgt, sondern der mit den meisten Wahlmännern.

Staatstragend stark

Auch beim letzten Mal hatte Hillary Clinton schließlich drei Millionen Stimmen mehr und hat trotzdem verloren. Kimberly Emerson ist schwer zu stoppen, wenn sie davon anfängt. „Trump müsste ja nur Pennsylvania, Michigan und Wisconsin gewinnen…“. Ob die Demokraten das System ändern, wenn sie gewinnen? Da ist sie skeptisch, da dafür eine zweidrittel Mehrheit gebraucht, würde, für die sich Republikaner und Demokraten zusammenschließen müssten, was unwahrscheinlich ist.

Dass Berliner überwiegend demokratisch wählen würden, wundert sie hingegen nicht. „Es ist so eine offene, diverse, tolerante Stadt“, sagt sie. „Die Atmosphäre ist international, viele Künstler fühlen sich angezogen.“

Wenn aus ihrer Sicht alles gut geht bei den Wahlen, werde das sofort eine Wirkung haben auf die politische Ebene der deutsch-amerikanischen Beziehungen. Sofort klingt sie geradezu staatstragend. „Wir waren immer am stärksten, wenn wir auf die Welt zugegangen sind", sagt sie. Joe Biden verstehe das. „Wir müssen Herausforderungen gemeinsam annehmen.“ Ein starkes und vereintes Europa sei ganz im Sinne der USA. Im Januar will sie zurück sein in Berlin. Wie viel Zeit ihr dann für ihr Buch bleibt? Das lässt sie offen.

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