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Hotel-Baustelle an der Grunerstraße nähe Alexanderplatz.

© Kai-Uwe Heinrich TSP

U-Bahn-Chaos am Alexanderplatz: Verkehr auf der U2 erst Ende August wieder nach Plan

Ein Hochhausbau ist schuld am eingleisigen Verkehr auf der U-Bahnlinie 2 – seit Monaten geht es bei der Tunnelsanierung nicht voran. Nun gibt es einen neuen Zeitplan.

Die Folgen eines Tunnelschadens an der U-Bahnlinie U2 am Alexanderplatz für den Fahrbetrieb sollen erst zum Ende der Sommerferien vollständig behoben sein. Davon geht der für den Schaden wohl verantwortliche Bauherr des angrenzenden Hochhauses Covivio aus, wie Verkehrsstaatssekretärin Meike Niedbal (parteilos, für Grüne) mitteilte. Die Sommerferien enden in Berlin dieses Jahr am 25. August.

Zuvor war Niedbal am Mittwoch in einem Spitzentreffen mit Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) und Vertretern der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und von Covivio zusammengekommen.

„Wir haben ein intensives, aber auch konstruktives Gespräch mit dem Investor geführt“, sagte Niedbal. Die Verkehrsverwaltung, der Bezirk, die BVG und Covivio seien sich einig, „dass der Investor und Bauherr nach der Havarie in der Verantwortung steht, sehr rasch ein vollständiges und genehmigungsfähiges Instandsetzungskonzept vorzulegen“.

Seit Oktober ist die U2 am Alexanderplatz unterbrochen

Dabei gehe es um die ingenieurtechnischen Herausforderungen einer Sicherung der Baugruben-Stützwand sowie einer Hebung und Instandsetzung der abgesackten U-Bahn-Tunnelröhre. Es sei eine klare Verabredung getroffen worden, welche Unterlagen dafür bereitzustellen seien, sagte Niedbal.

„Die Behörden und die BVG werden hier sorgfältig und schnell zusammenarbeiten, um diese komplett zu prüfen und einen Instandsetzungsplan freizugeben.“ Auch Covivio habe angekündigt, die Unterlagen und Anträge in Kürze einzureichen. Die Prüfung beginne danach umgehend, erklärte die Verkehrsstaatssekretärin.

Seit fast vier Monaten fährt die U2 am Alexanderplatz nur noch auf einem Gleis. Durch den Bau eines Hochhauses ist der Tunnel der U-Bahn abgesackt. Das größte anzunehmende Unglück für die Fahrgäste wäre ein Neubau – dies würde eine mehrjährige Vollsperrung bedeuten. „Es ist nicht abwegig, zu befürchten, dass dieses Worst-Case-Szenario eintritt“, hieß es beim Fahrgastverband Igeb.

Wilden und noch dazu anonymen Spekulationen, der Tunnel müsse komplett neu gebaut werden, erteilen wir eine deutliche Absage.

Ein Sprecher der BVG

Die BVG dementierte, dass es zu einem Abriss kommen könne, der Tunnel könne saniert werden. „Wilden und noch dazu anonymen Spekulationen, der Tunnel müsse komplett neu gebaut werden, erteilen wir eine deutliche Absage“, sagte ein Sprecher.

Für die Tunnel-Reparatur liegt noch kein Plan vor

Die Grube für das Hochhaus wird von der Firma Implenia Spezialtief gebaut. Implenia hatte für die BVG auch den Tunnel für die U5 zwischen Alexanderplatz und Brandenburger Tor gebaut – es sind also Profis in der Grube am Werk, sagte ein Experte für Tunnelbau dem Tagesspiegel. Umso unverständlicher sei, dass das französische Unternehmen immer noch kein Konzept vorgelegt habe, wie der Tunnel repariert werden könne. Der Experte schätzte die reine Bauzeit auf vier bis sechs Wochen – überschaubar also.

Noch hat Covivio nicht einmal die Schuld eingestanden. Die Sprachregelung des Konzerns lautet seit einiger Zeit, dass „die Ursachen für die Schäden vielfältig sind und noch analysiert werden“. Dies sagte Covivio-Sprecherin Barbara Lipka auch am Mittwochmittag, noch vor Beginn des Treffens.

Genau das kritisiert auch der Fahrgastverband Igeb: „Seit über einem Vierteljahr wird gestritten, wer was wann an wen an Dokumenten übergeben hat und wer für welche Entscheidung zuständig ist“, sagte Sprecher Jens Wieseke. Die Igeb forderte angesichts der Untätigkeit von Covivio das Land Berlin zum Handeln auf. Dem Bauherrn für das Hochhaus müssten klare Fristen zur Abgabe der erforderlichen Unterlagen gesetzt werden, sagte Wieseke.

Grube am Gleis: Die Covivio-Baustelle am Alexanderplatz ist Ursache der Sperrung bei der U2.
Grube am Gleis: Die Covivio-Baustelle am Alexanderplatz ist Ursache der Sperrung bei der U2.

© imago/Sabine Gudath / imago/Sabine Gudath

Wenn Covivio die Unterlagen nicht in dieser Frist vorlegen und auch kein Datum zur Instandsetzung nennen könne, dann müssten, so die Igeb, der Senat und die BVG selbst handeln – in Form einer sogenannten Ersatzvornahme.

Dafür müsste dem Baubereich der BVG zunächst gestattet werden, eine umfassende Schadensaufnahme außen am Tunnel vorzunehmen. Denn noch ist nicht genau klar, wie groß die Schäden an dem über 100 Jahre alten Tunnel sind. Dieser ist aus einfachem Beton, nicht armiert mit Stahl.

Es wurde weiter gebuddelt – trotz Schäden

Schon im Sommer 2022 waren die ersten Schäden von der BVG bemerkt worden, es wurde aber weiter gebohrt und gebuddelt in der Hochhaus-Grube. Im September kam Wasser dann durch Risse, doch es wurde weiter gebuddelt. Erst am 7. Oktober gab die BVG bekannt, dass ein Gleis gesperrt werden müsse, da es um 3,5 Zentimeter abgesackt war. Sensoren hatten dies angezeigt.

Igeb-Sprecher Wieseke kritisierte den Vertrag, den Land und Investor für den Hochhausbau geschlossen hatten, als „zahnlos“. In dem Vertrag sei nicht definiert, bei welchem Schadensbild die Arbeiten eingestellt werden müssen. Deshalb sei immer weiter gearbeitet worden.

Vor einer Woche hatte Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) den Ton gegenüber dem Investor deutlich verschärft. „Covivio ist Verursacher dieses Schadens und muss als Bauherr für seine Behebung sorgen“, sagte Jarasch im Verkehrsausschuss des Abgeordnetenhauses. Covivio habe die entscheidenden Unterlagen noch nicht vorgelegt. Ohne Unterlagen könne das Land keine Genehmigung zur Reparatur erteilen.

Zudem kündigte Jarasch an, dass es beim nächsten Bauprojekt am Alex, dem Signa-Hochhaus, einen Vertrag „mit schärferen Auflagen“ für den Investor geben werde. Wie diese Auflagen aussehen könnten, sagte sie nicht.

Für Fahrgäste bleibt es bis auf weiteres bei den drastischen Einschränkungen. Seit Oktober verkehrt die U2 zwischen Klosterstraße und Senefelderplatz im Pendelverkehr – und das nur alle 15 Minuten. Die Fahrzeiten verdoppeln sich dadurch.

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