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Demonstranten stehen während des Berufungsprozesses um rechtsextreme Brandstiftung vor dem Berliner Landgericht.

© dpa/Soeren Stache

„Nicht gerade vertrauenerweckend“: U-Ausschuss zu rechten Anschlägen in Neukölln kritisiert Verfassungsschutz

Der Ausschuss zur rechten Anschlagsserie in Neukölln hat die Befragungen des Verfassungsschutzes abgeschlossen. Abgeordnete kritisierten fehlende Transparenz und Kooperationsbereitschaft.

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Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur rechten Anschlagsserie in Neukölln hat am Freitag die Befragung von Beamt:innen des Berliner Verfassungsschutzes abgeschlossen. In einer Pressekonferenz zogen die Abgeordneten teils ein ernüchterndes Fazit.

Die Frage, inwiefern der Verfassungsschutz zur Aufklärung der Straftaten beigetragen habe, habe der Ausschuss nur ungenügend beantworten können, gaben einige Abgeordneten an. Der Ausschuss-Vorsitzende Vasili Franco (Grüne) verwies auf die mangelnde Bereitschaft der Behörde, dem Ausschuss Akten zur Verfügung zu stellen.

Wir haben einen Einblick, aber keinen Überblick.

Vasili Franco, Vorsitzender des Untersuchungsausschusses

So würden die Ausschussmitglieder bis heute nicht einmal genau verstehen, wie der Nachrichtendienst eigentlich arbeitet. „Wir haben einen Einblick, aber keinen Überblick“, sagte Franco bei der Pressekonferenz. Zudem seien Schwärzungen teils nicht nachvollziehbar und befragte Beamt:innen hätten teils erhebliche Erinnerungslücken aufgewiesen.

„Das grenzte teilweise an Aussageverweigerung“, sagte der Linken-Abgeordnete Niklas Schrader. „Das Bild, das der Verfassungsschutz abgegeben hat, ist nicht gerade vertrauenerweckend.“ Die Probleme seien teils systemimmanent, weil der Nachrichtendienst wesentliche Arbeitsmethoden geheim halte.

Michael Fischer ist seit Ende 2018 Leiter des Berliner Verfassungsschutzes.

© imago/Markus Heine/Markus Heine

„Der Verfassungsschutz kommt mir teilweise vor wie ein Eichhörnchen, das unglaubliche Mengen an Daten sammelt, dann verbuddelt und anschließend teils nicht mehr wiederfindet“, kritisierte der Grünen-Abgeordnete André Schulze.

Erst zuvor hatte der Leiter des Berliner Verfassungsschutzes, Michael Fischer, in seiner Befragung erklärt, dass ihm ein Wissenstransfer und die Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt besonders wichtig sei. „Niemand arbeitet gerne für den Panzerschrank“, sagte Fischer. Genau diesen Eindruck erwecke der Verfassungsschutz allerdings weiterhin zumindest in Teilen, sagte Schulze.

Es gibt keine Anzeichen dafür, dass der Verfassungsschutz auf dem rechten Auge blind ist.

Stephan Standfuß, Abgeordneter der CDU

Im Ausschuss war immer wieder auch von Seiten der Polizei moniert worden, dass der Verfassungsschutz Erkenntnisse teils gar nicht oder erst zu spät weitergegeben habe. Zudem habe die Polizei wesentliche Erkenntnisse teils nicht verwenden dürfen, weil der Verfassungsschutz nach eigenen Angaben seine Überwachungsmaßnahmen schützen wollte.

Der CDU-Abgeordnete Stephan Standfuß sieht die Ergebnisse der Befragungen weniger düster. Zwar kritisiert auch er die fehlenden Akten. Die Befragungen hätten aber ergeben, dass es keine Anzeichen darauf gebe, dass der Verfassungsschutz „auf dem rechten Auge blind ist“. Zudem sei die Behörde offenbar zureichend ausgestattet.

Allerdings gebe es strukturelle Probleme: So gab auch Behördenleiter Fischer in seiner Befragung an, dass die rechtsextreme Szene seit einigen Jahren „immer klandestiner“ agiere. Den zentralen Figuren sei klar, dass sie überwacht würden. Daher würden kaum Informationen am Telefon ausgetauscht. Zudem sei es dem Nachrichtendienst nicht gelungen, etwa eigene Quellen in den rechten Netzwerken zu etablieren. „Wir haben hier überwiegend Zufallstreffer“, räumte Fischer ein.

Der Untersuchungsausschuss startet im kommenden Jahr mit der Befragung von Zeug:innen aus der Staatsanwaltschaft. Bis zum Ende der Legislaturperiode will der Ausschuss einen Abschlussbericht vorlegen. Zuletzt hatte die Richterin im parallelen Verfahren am Landgericht noch fehlende Polizeiakten freigegeben.

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