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Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel (SPD).

© imago images/Christian Ditsch

Wachschutz, Schulreinigung, Spielplätze, Jugendhilfe: Berliner Bezirk Neukölln plant drastische Kürzungen im sozialen Bereich

Wegen der Haushaltsengpässe beschließt das Bezirksamt Neukölln Eckpunkte für zahlreiche Sparmaßnahmen. Auch der Weihnachtsmarkt soll abgesagt werden.

Das Bezirksamt Neukölln muss wegen der aktuellen Haushaltspläne von Finanzsenator Stefan Evers (CDU) wohl zahlreiche soziale Angebote reduzieren oder gänzlich streichen. Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) hatte bereits im Vorfeld in einem Brandbrief auch im Namen der übrigen Bezirke vor drastischen Einschnitten gewarnt. Nun habe das Bezirksamt einen sogenannten Eckwertebeschluss mit Sparmaßnamen gefasst, heißt es in einer Mitteilung, die dem Tagesspiegel vorab vorliegt.

Demnach fehlen dem Bezirk durch die aktuell geplante Zuweisung des Senats für die Haushaltsjahre 2024/25 „pro Jahr 22,8 Millionen Euro, um den Status Quo zu erhalten“. Da ein erheblicher Teil des Haushaltes fest durch gesetzliche Pflichtleistungen gebunden sei, seien durch die erzwungenen Kürzungen „insbesondere Angebote betroffen, die direkt in die Kieze hineinwirken und sich unmittelbar an den Erforderlichkeiten der Bürgerinnen und Bürger ausrichten – kurzum, die jeder und jede im Alltag spüren wird“, heißt es in der Mitteilung des Bezirksamtes.

Demnach seien durch die Kürzungen vor allem jene betroffen, die ohnehin zu den Schwächsten der Gesellschaft zählen und/oder auf staatliche Leistungen angewiesen sind. Um die notwendigen Gelder einzusparen, hat das Bezirksamt unter anderem beschlossen, in den Jahren 2024/2025 den Wachschutz an zwölf Neuköllner Schulen und die Tagesreinigung aller Schulen einzustellen. Zudem soll die Obdachlosenhilfe reduziert und die Suchthilfe ganz eingestellt werden.

Kinder und Jugendliche wären besonders betroffen

Kinder und Jugendliche wären besonders von den Kürzungen betroffen: Alle Wasserspielplätze im Bezirk sollen in den kommenden beiden Jahren geschlossen bleiben, defekte Spielgeräte auf Spielplätzen nicht mehr erneuert werden. Drei Jugendfreizeit- beziehungsweise Familieneinrichtungen müssten demnach nach der aktuellen Planung geschlossen werden, auch Jugendreisen für bedürftige Kinder und Jugendliche können nicht mehr finanziert werden.

Außerdem soll in den Parks und Grünanlagen die Müllentsorgung halbiert werden. Die Stadtteilkoordination soll ab 2025 reduziert, freie Stellen im Bezirksamt temporär nicht nachbesetzt werden. Und auch der Alt-Rixdorfer Weihnachtsmarkt, der bei vielen Berliner:innen besonders beliebt ist, soll die kommenden beiden Jahre abgesagt werden.

 Die Bezirke sind es, die unmittelbar auf die Erfordernisse vor Ort und in den Kiezen reagieren. Wir wissen, wo welche Angebote notwendig sind und konnten diese in der Vergangenheit auch realisieren – auch wenn die Decke schon immer zu kurz war.

Martin Hikel, Bezirksbürgermeister in Berlin-Neukölln

Bezirksbürgermeister Martin Hikel kommentierte, dass sich die Politik darauf konzentriert habe, „die Schwächsten unserer Gesellschaft zu unterstützen und für alle Neukölln lebenswerter zu machen: durch Drogensozialarbeit, bessere Bedingungen an den Schulen, Jugendfreizeiteinrichtungen oder durch gute Spielplätze für Familien in eng besiedelten Kiezen.“ Die Finanzplanungen des Senats würden auf viele Jahre die soziale Infrastruktur in Neukölln zerstören.

Weiter sagte Hikel: „Die Bezirke sind es, die unmittelbar auf die Erfordernisse vor Ort und in den Kiezen reagieren. Wir wissen, wo welche Angebote notwendig sind und konnten diese in der Vergangenheit auch realisieren – auch wenn die Decke schon immer zu kurz war.“ Wer bei den Bezirken spare, verstärke den Unmut bei den Bürgerinnen und Bürgern über eine dysfunktionale Stadt und setze das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates aufs Spiel.

„Ich habe nicht einmal heute den Eindruck, dass die Bürgerinnen und Bürger den Status Quo als gut empfinden“, sagte Hikel. „Wir werden es zwar überleben, den Rixdorfer Weihnachtsmarkt nach 49 Jahren nicht mehr zu veranstalten. Aber wenn die aufsuchende Drogensozialarbeit oder die Obdachlosenhilfe wegfällt, ist das nicht kurzfristig und schon gar nicht langfristig zu verkraften.“ Er erwarte daher, dass der Senat funktionierende Bezirke in den Mittelpunkt seiner Haushaltsberatungen stelle.

Kern des Finanzproblems aus Sicht der Bezirke: Der Senat habe nur einen Kostenanstieg in der Inflation von zwei Prozent berechnet, dabei läge diese bei zehn Prozent. Das Missverhältnis zeige sich bereits in einem Großteil der Bezirke und mittelfristig in allen. Finanzsenator Evers habe allerdings erneute Gesprächsbereitschaft signalisiert, sagte Hikel und betonte, er hoffe, dass die Haushaltsplanungen noch abgeändert und die Einsparungen reduziert werden.

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