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Eine Frau trägt verdorrte Zweige in ihrem Schrebergarten in einer Kleingartenanlage nahe der Bornholmer Brücke.

© dpa/Carsten Koall

„Wahnsinnspreise“ für Kleingärten: 20.000 Euro kosten eine Hütte und vier Bäume in Berlin

Berlin gilt als Hauptstadt der Kleingärtner. Doch die Parzellen reichen längst nicht aus für die große Nachfrage. Das schlägt sich auch in den Preisen nieder, die teils verlangt werden.

Von Anja Sokolow, dpa

Ein einfaches Holzhaus, 346 Quadratmeter Garten, vier Obstbäume im Berliner Ortsteil Siemensstadt: 20.000 Euro. Angebote wie dieses sind keine Seltenheit. Gärten in Berlin sind in etwa so begehrt wie Wohnungen und das macht sich auch bei den Preisen bemerkbar – obwohl der große Corona-Kleingarten-Boom längst vorbei ist.

In sozialen Medien und auf Verkaufsportalen gibt es immer wieder Angebote für mehrere zehntausend Euro, dabei dürften solche Preise zumindest für Gärten, die im Landesverband der Gartenfreunde organisiert sind, gar nicht verlangt werden. Wer eine der rund 66.000 Parzellen möchte, muss auf einer Warteliste registriert sein und oft jahrelang warten, bekommt dann aber auch ein vergleichsweise günstiges Angebot.

„Es wird immer wieder versucht, Gärten zu überhöhten Preisen und auch an den Verbänden vorbei abzugeben. Uns ist es wichtig, dass die Gärten zu sozial verträglichen Preisen verpachtet werden“, sagt Verbandsvizepräsident Thorsten Fritz.

Der Verband und viele Vereine klärten Neupächter deshalb nun verstärkt darüber auf, dass sich die Preise aus den Gutachten ergeben, die für einen Garten bei Abgabewunsch erstellt werden. „Wir kommen höchstens mal auf 10.000 Euro und das ist auch schon die Ausnahme“, so Fritz, der auch als Wertermittler tätig ist, mit Blick auf Gutachten aus seinem Bezirksverband Reinickendorf, dem zweitgrößten in Berlin. Üblich seien eher 3000 bis 4000 Euro.

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Die Gutachten werden anhand einer Richtlinie erstellt, die den Wert von Häusern, Anschlüssen, Zäunen, Pflanzen oder auch Gehölzen festlegt. Selbst die Bewertung von Rasenfläche ist hier geregelt: Ein Quadratmeter kann mit bis zu 50 Cent berechnet werden.

10
Jahre warten Interessierte in Pankow in etwa auf einen Kleingarten.

Oft könnten aus 20.000 Euro, die sich ein Pächter für seinen Garten vorstelle, auch minus 20.000 Euro werden, sagt Fritz. Denn illegale Bauten müssten entfernt werden und auch die Beseitigungskosten flössen in die Gutachten mit ein.

Robert Jatzkowski hat vor zwei Jahren mit Freunden einen Schrebergarten in Berlin-Pankow übernommen und berichtet seitdem auf dem Youtube-Kanal „Unser Kleingarten“ vom Gärtnerglück. „Wir haben 9000 Euro bezahlt“, erzählt Jatzkowski. Er habe gar nicht lange überlegt, sondern sofort zugeschlagen. „Wir hatten einfach Angst, dass sonst irgendjemand anderes kommt“, so der Kleingärtner. Denn die Alternative wäre: kein Kleingarten. Die Wartezeit liege in Pankow bei etwa zehn Jahren.

Die Preise bei euch sind schon krank.

Youtube-Nutzer aus anderen Regionen Deutschlands wundern sich über die Kleingarten-Preise in Berlin.

In einem seiner Videos dreht sich alles um die Kosten. Und schon für die 9000 Euro erntet Jatzkowski viel Unverständnis von Youtube-Nutzern aus anderen Regionen Deutschlands. „Die Preise bei euch sind schon krank“ oder „Die Kosten in Berlin sind ja der Wahnsinn“, heißt es dort.

Wer im Netz sucht, stößt beinahe zwangsläufig auch auf die Facebook-Gruppe „Kleingärten Verkauf Berlin Brandenburg“ mit 32.000 Mitgliedern. Angebote liegen auch hier oft deutlich über dem, was für den Kleingärtnerverband „sozial verträglich“ wäre. Über „Wahnsinnspreise“ gebe es in der Gruppe auch immer wieder Diskussionen, sagt Administrator Michael Haller-Dzionara. Erst kürzlich habe er auch auf Ebay-Kleinanzeigen ein verrücktes Angebot entdeckt: 45.000 Euro für einen Garten mit einfachem Holzhäuschen in Nikolassee. Dort sei nicht einmal klar, ob der Verpächter dem Verein das Grundstück auch nach 2025 noch überlasse.

Einige Brandenburger Vereine wollen keine Pächter aus Berlin

„Die Preise haben sich insgesamt seit Jahren nach oben entwickelt und sind in der Corona-Zeit explodiert“, sagt er. Das Stadt-Land-Gefälle sei groß. In Brandenburg sei es deutlich einfacher, einen günstigen Garten zu finden als in Berlin. „Einige Vereine aus Brandenburg wollen allerdings auch keine Berliner Pächter mehr.“

Er könne das nachvollziehen. „Ich kann mir nicht vorstellen, wie man einen Kleingarten bewirtschaften soll, wenn man dahin 80 Kilometer fahren soll“, so Haller-Dzionara. Inzwischen hätten das auch viele Berliner eingesehen. „Ich lese nun öfter Gesuche im Umkreis von 40 Kilometer um Berlin“, so der Administrator.

Auch Alexandra Stern kennt das Bedürfnis der Großstädter nach einem Stück Grün. Sie vermittelt mit ihrer Agentur „Laupi“ seit Jahren Freizeitgrundstücke, aber auch Bauland, allerdings auf Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern beschränkt. Die Vermittlung von Berliner Kleingärten sei Sache der Verbände, sagt sie.

Auch sie habe wieder vermehrt Brandenburger Gärten im Angebot, oft solche, die sich Berliner während der Pandemie zugelegt haben und nun nicht mehr halten könnten oder wollten. „Viele wollen einfach wieder mehr verreisen und Gartenarbeit ist auch nicht für jeden nur Lust“, so die Erfahrung Sterns.

Verkäufer seien zum Teil sehr verwöhnt. „In der Pandemie konnten wir die Nachfrage absolut nicht bedienen. Es gab 50 Prozent weniger Freizeitgrundstücke und 150 Prozent mehr Grünsuchende. Jetzt muss man wieder auf das Vor-Corona-Niveau zurückkommen“, sagt die Agenturinhaberin. (dpa)

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