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Ein präsentes Paar, ohne aufdringlich zu sein: Klaus Wowereit und sein Lebensgefährte Jörn Kubicki, hier im Jahr 2014.

© Jens Kalaene/dpa

Zum Tod von Jörn Kubicki: Zugewandt und zurückhaltend an Wowereits Seite

„Ich bin schwul – und das ist auch gut so.“ Als Klaus Wowereit den befreienden Satz sagte, war er längst mit Jörn Kubicki zusammen. Nun endete ihr Weg zu zweit.

Einen schweren Schicksalsschlag hat Berlins langjähriger Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit erlitten. Sein Lebenspartner Jörn Kubicki ist am Sonnabend nach langer Krankheit an Herzversagen gestorben.

Die beiden waren seit Anfang 1993 zusammen. Am 29. März hatten sie sich damals in der Kreuzberger „Bar Centrale“ kennengelernt und gemeinsam miteinander erfahren, was Liebe auf den ersten Blick bedeutet. Das beliebte Paar war in der Berliner Gesellschaft auch nach dem Rücktritt Wowereits gelegentlich bei besonderen Ereignissen zu sehen und immer rasch umringt von Freunden und Bekannten, bei der Berlinale im letzten Jahr ebenso wie bei der Aidsgala.

Die Operngala zugunsten der Deutschen Aidshilfe hatten die beiden im Jahr 2001 auch gewählt, um ihre Beziehung öffentlich zu machen und fortan ganz offiziell als Paar auftreten zu können. Zuvor hatte Wowereit bei seiner Nominierung als Berliner Spitzenkandidat der SPD als einer der ersten Top-Politiker des Landes im Juni 2001 verkündet: „Ich bin schwul – und das ist auch gut so.“

Dieser Satz wurde zum geflügelten Wort und gilt bis heute als wichtiger Meilenstein in der Akzeptanzgeschichte der Homosexualität. Auch von Politikern anderer Parteien wurde er als Befreiungsschlag erlebt. In einer Talkshow sagte Wowereit später, dass dies der wichtigste Satz seines Lebens gewesen sei. Bereits vorher waren er und sein Lebensgefährte schon gemeinsam unterwegs gewesen bei kulturellen Veranstaltungen, nur unerkannt als Paar.

Jörn Kubicki hatte eine eigene Berufung und Karriere. Der 1965 geborene Neurologe sagte mal auf die First Ladys oft gestellte Frage nach seinem Charity-Einsatz: „Ich bin Arzt von Beruf. Das ist für mich soziales Engagement.“

Ein Arzt, der sich nie in den Vordergrund stellte

An der Seite von Klaus Wowereit trat er gleichzeitig zugewandt, zurückhaltend und sympathisch auf. Sich selbst stellte er nie in den Vordergrund, obwohl seine eigene medizinische Karriere dazu hätte verführen können. Gleichbleibend freundlich pflegte er in der Öffentlichkeit gehobenen Small Talk und unterstützte so diskret, selbstlos und effizient seinen im Rampenlicht stehenden Partner.

Wahlabend 2006: Jörn Kubicki freut sich mit seinem Lebensgefährten.
Wahlabend 2006: Jörn Kubicki freut sich mit seinem Lebensgefährten.

© imago images/Christian Thiel

Die beiden hatten einen großen Freundeskreis und liebten private Tafelrunden mit bis zu zwölf Gästen bei sich zu Hause. Nachdem Wowereit aus der Politik ausgeschieden war, wusste er die gute, nun durch mehr gemeinsame Zeit noch intensivierte Beziehung zu seinem Partner umso mehr zu schätzen. Auch mal nachmittags ins Programmkino gehen zu können, das empfanden die beiden als neuen Luxus im Leben abseits des politischen Tagesgeschäfts.

Er half Klaus Wowereit bei der Pflege seiner Mutter

Aufgewachsen in dem badischen Dorf Sulzbach, ging Kubicki zunächst nach Heidelberg zum Medizinstudium, später nach Berlin. Er half Klaus Wowereit bei der Pflege seiner Mutter Hertha bis zu ihrem Tod 1995. Seit 2005 lebten die beiden auch zusammen in einer Wohnung, in den ersten Jahren am oberen Kurfürstendamm. Sie waren auch öfter zu Gast bei Kubickis Familie.

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Schon einmal gab er in den vergangenen Jahren Anlass zur Sorge. Im September 2015 hatte Kubicki einen schweren Autounfall und schwebte vorübergehend in Lebensgefahr. Davon konnte er sich wieder erholen. Allerdings litt der 54-Jährige unter der schweren Lungenkrankheit COPD, die eine Infektion mit dem Coronavirus lebensgefährlich machen kann.

Obwohl er einige Jahre jünger war als sein Partner, waren seine Haare über die Jahre weiß geworden. Er war ein Cousin zweiten Grades des FDP-Politikers Wolfgang Kubicki. Wowereits Anwalt Christian Schertz bestätigte den Tod von Jörn Kubicki, aber bat gleichzeitig, „die Privatsphäre von Herrn Wowereit zu schützen“. Weitere Erklärungen werde es nicht geben.

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