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Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin von Berlin, gibt eine Pressekonferenz nach der Sitzung des SPD-Landesvorstandes.

© dpa/Jörg Carstensen

Berliner SPD will Koalition mit der CDU : Giffey „zutiefst davon überzeugt, dass dieser Weg richtig ist“

Überraschende Vor-Festlegung: Die CDU spricht sich für die SPD als Partner aus, bevor deren Landesvorstand abgestimmt hat. Am Abend beschließt auch die SPD die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen.

Berlin steuert auf eine Große Koalition zu. Die Landes-CDU will kommende Woche Koalitionsverhandlungen mit der SPD aufnehmen. Das bestätigte ein Mitglied des Landesvorstands dem Tagesspiegel am Mittwoch.

Das Sondierungsteam der CDU will dem Landesvorstand eine entsprechende Empfehlung unterbreiten. Ein offizieller Beschluss soll am Donnerstag erfolgen.

Bereits am Dienstag wurde publik, dass auch die SPD-Spitze eine Koalition mit der CDU favorisiert. Am Mittwochabend stimmten die Mitglieder des Landesvorstands über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der CDU ab. Mit 25 „Ja“- gegen 12 „Nein“-Stimmen fiel das Ergebnis deutlicher aus als zunächst angenommen. Über die Annahme eines Koalitionsvertrags sollen nach erfolgreichen Verhandlungen die Mitglieder der Berliner SPD entscheiden.

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Franziska Giffey, die im Fall erfolgreicher Koalitionsverhandlungen ihren Posten als Regierungschefin an CDU-Chef Kai Wegner wird abgeben müssen, erklärte unmittelbar nach der Abstimmung: „Wir haben mit der CDU festgestellt, dass es große Schnittmengen gab und gibt und dass es ein sehr großes Entgegenkommen gab.“ Die inhaltlichen Schnittmengen seien „ganz entscheidend“, sagte Giffey. Sie nannte unter anderem eine „Verkehrspolitik, die auf Ausgleich setzt“.

Zum absehbaren Verlust des Postens der Regierungschefin sagte Giffey: „Ich mache das für Berlin und ich mache das für die SPD.“ Sie sei „zutiefst davon überzeugt, dass dieser Weg richtig ist“, ergänzte Giffey und kündigte an, im Fall einer Koalitionsbildung als Senatorin zur Verfügung zu stehen.

Sollte die Koalitionsverhandlungen erfolgreich verlaufen, würde die SPD erstmals nach über 20 Jahren das Rote Rathaus an die CDU abtreten müssen. Neue Regierender Bürgermeister wäre dann der Berliner CDU-Chef Kai Wegner. Franziska Giffey müsste ihr Amt nach nicht einmal anderthalb Jahren wieder aufgeben.

Dass sich die SPD und die CDU nun offenkundig füreinander entscheiden, zeigt, dass kommt, wovor wir im Wahlkampf immer gewarnt haben: eine Rückschrittskoalition.

Bettina Jarasch (Grüne)

Aus den Spitzen von CDU und SPD wollte sich bis zum frühen Mittwochabend niemand öffentlich dazu. Grüne-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch kritisierte die Entscheidung von CDU und SPD, Koalitionsverhandlungen aufnehmen zu wollen. „Dass sich die SPD und die CDU nun offenkundig füreinander entscheiden, zeigt, dass kommt, wovor wir im Wahlkampf immer gewarnt haben: eine Rückschrittskoalition."

Die Grünen hätten vor allem in den Sondierungsgesprächen mit der CDU „verlässliche und vertrauensvolle Gespräche“ erlebt, sagte Jarasch. Dass die Grünen zu ihrer Verantwortung für die Stadt stünden, hätten die ernsthaft geführten Gespräche mit der CDU sowie SPD und Linke deutlich gemacht.

Kritik aus den Reihen der SPD an Entscheidung

Die Grüne-Spitzenkandidatin erklärte, weiterhin für Koalitionsverhandlungen bereitzustehen. Entscheidend sei, dass dabei Klimaschutz, die Mobilitätswende, eine progressive Gesellschaftspolitik und Mieterschutz im Mittelpunkt stehen.

Widerstand gegen die geplante Große Koalition formiert sich bereits in der SPD. So spricht sich etwa der Neuköllner Bundestagsabgeordnete Hakan Demir gegen die Aufnahme von Koalitionsgesprächen mit der CDU aus.

Wir stehen für eine soziale und solidarische Stadtgesellschaft für ganz Berlin. Diese Politik ist mit einem Koalitionspartner CDU nicht möglich.

Neuköllner SPD-Bundestagsabgeordneter Hakan Demir über eine Koalition mit der CDU

Demir ist Mitglied der SPD-Abteilung Rixdorf. Diese hat am Dienstag einstimmig beschlossen, den Landesvorstand dazu aufzufordern, keine Koalitionsgespräche mit der CDU zu führen.

„Wir stehen für eine soziale und solidarische Stadtgesellschaft für ganz Berlin. Diese Politik ist mit einem Koalitionspartner CDU nicht möglich“, heißt es in dem Beschluss. Man wolle „keine Verzwergung der SPD Berlin“. Besonders heikel: Die Abteilung Rixdorf gehört zum Kreisverband Neukölln – und damit zum Kreisverband der Parteivorsitzenden und bisherigen Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey.

Auch der Berliner SPD-Abgeordnete Orkan Özdemir äußert sich skeptisch: „Mir fehlt aktuell die Fantasie, wie in dieser Kombination mit den handelnden Akteuren aus der CDU erfolgreich im Sinne der Stadt gearbeitet werden kann“, sagte Özdemir dem Tagesspiegel. Dabei gehe es nicht nur darum, dass die CDU einen „unterirdisch hetzerischen Wahlkampf“ gemacht habe.

Er traue Kai Wegner auch „nicht im Geringsten zu“, die dringend notwendige Verwaltungsreform umzusetzen. Für die SPD werde aber am Ende die Parteibasis über das Bündnis entscheiden. „Dieses Votum ist für mich im Kontext der innerparteilichen Demokratie relevant“, sagte er.

Außer in Neukölln regt sich auch in anderen Kreisverbänden Protest. Die Abteilung Südstern wendet sich in einem Beschluss an ihren Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg. Darin heißt es nach Tagesspiegel-Informationen: „Wir lehnen die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der CDU ab.“

Die Abteilung fordert eine „notwendige personelle, inhaltliche und strukturelle Neuaufstellung der SPD“. Den Gang in die Opposition scheue man nicht. Vier der sieben Abteilungen des Kreisverbands Friedrichshain-Kreuzberg sollen sich nach Tagesspiegel-Informationen gegen die Verhandlungen für eine schwarz-rote Koalition stellen.

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