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Professor Mark Post von der Universität Maastricht zeigt künstliches Fleisch aus dem Labor in einer Petrischale bei einer Produktpräsentation in London.

© picture alliance/PA Wire Handout/David Parry

Fleisch aus dem Labor: Tier- und Klimaschutz auf Kosten des Menschen?

Fleisch aus der Petrischale soll dem Klima helfen und Tiere schützen. Kritiker bemängeln ungeklärte Auswirkungen auf die Gesundheit. Drei Meinungen.

Stand:

In Italien will Regierungschefin Giorgia Meloni die Produktion von Laborfleisch aus Gesundheitsgründen verbieten. Der italienische Gesundheitsminister Orazio Schillaci sagt, es gebe „keinen wissenschaftlichen Beweis“, dass der Konsum von Laborfleisch keine schädlichen Auswirkungen habe. Gehen die Tierschutz- und Klimavorteile von kultiviertem Fleisch zulasten der menschlichen Gesundheit?

In unserem Format „3 auf 1“ fragen wir drei Expert:innen aus verschiedenen Richtungen nach ihrer Einschätzung. (Alle Folgen „3 auf 1“ können Sie hier nachlesen)


Die Auswirkungen von Laborfleisch sind noch offen

Laborfleisch ist die Antwort auf – welche Frage eigentlich? Wie können wir uns noch weiter von einer natürlichen Lebensmittelerzeugung entfremden? Welche Steine können wir einer kleinbäuerlichen Landwirtschaft in den Weg legen? Was kann man tun, um ökologische Probleme nur symptomatisch anzugehen, anstatt sie an der Wurzel zu packen?

Fakt ist: Laborfleisch ist noch weit entfernt von einer wirklichen Marktreife und viele Fragen – insbesondere zu ökologischen Auswirkungen – sind noch offen. Anstatt Ressourcen in vermeintliche technische Lösungen zu investieren, sollten wir uns auf einen nachhaltigen Umbau der Nutztierhaltung fokussieren. Denn auch in Zukunft werden wir noch „echte“ Tiere brauchen: Wiesen und Weiden sind nicht nur Futterflächen für Kühe und Schafe, sondern auch artenreiche Ökosysteme und aktive Kohlenstoffsenken. Daher setzen wir uns als BUND für eine Reduktion der Tierhaltung nach dem Motto „weniger ist mehr“ ein. Das fördert nicht nur Natur und Umwelt, sondern auch die menschliche Gesundheit.


Der Verzehr von Laborfleisch ist unbedenklich

Fast jede Innovation im Ernährungssektor führt dieser Tage zu einem öffentlichen Diskurs, der sehr schnell in einem Glaubenskrieg endet. Und, wir alle wissen: Angst „verkauft“ sich gut. Dass die italienische Regierung mit der anstehenden Entscheidung in vitro Fleisch zu verbieten, die Angst von Menschen weiter schürt, halte ich für verwerflich. Was aber ebenso bedenklich ist – sie stellt in Frage, dass Scharen unabhängiger Wissenschaftler:innen auf der ganzen Welt es sicherstellen können, dass der Verzehr von solchem Fleisch unbedenklich ist.

Erste Produkte aus In-vitro-Techniken sind in Singapur nach Prüfung zugelassen worden. Gleiches geschieht gerade in den USA. In Europa steht der Zulassung ein extrem anspruchsvolles und langwieriges (vermutlich jahrelanges) Verfahren vor, das von der EFSA (European Food Standard Agency) mit Sitz in Italien (Parma; welcher Anachronismus) zu verantworten ist. Vielleicht sollte man den italienischen Gesundheitsminister und Ministerpräsidentin Meloni vor Ort in den Expertenrat der EFSA berufen.

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Die Argumente für Laborfleisch klingen überzeugend

Tierschutz, ökologische Nachhaltigkeit und Lebensmittelsicherheit, die Argumente für Fleisch aus dem Labor klingen überzeugend. Und ich will und kann dem gar nicht widersprechen. Außerdem bin ich skeptisch, ob ein Verbot auf Dauer dagegen Bestand haben kann? Allerdings frage ich mich schon auch, wer vom Fleisch aus dem Labor wirklich profitiert: das Tierwohl oder große Konzerne, die sich einen neuen Markt erschließen?

Dieser Text erscheint in der Karwoche am Ende der Fastenzeit. Es ist eine Zeit, in der wir Christen zur Umkehr und zum Wechsel der Perspektive aufgefordert sind, dazu gehört auch unser Konsumverhalten. Fastenaktionen wie „Klimafasten“ und „7 Wochen ohne“ lenken den Blick auf das eigene Konsumverhalten und verändern den Blick auf die uns anvertraute Schöpfung.

Es geht also – nicht nur in der Fastenzeit – um etwas anderes: Es geht nicht um Verbote, sondern um Einstellungen und Haltungen, um Verantwortung für die Folgen unseres Handelns, auch wenn es „nur“ darum geht, ob und welches Fleisch wir essen wollen.

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