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Mit der Öffnung der Heiligen Pforte im Petersdom im Vatikan wurde am 24. Dezember 2024 das Heilige Jahr eröffnet.

© dpa/Andrew Medichini

Heiliges Jahr 2025: Welche Chance haben Reformbewegungen in der katholischen Kirche?

In diesem Jahr begeht die Kirche ein Heiliges Jahr. Was kann das für ihr Verhältnis zur Gesellschaft und ihren Mitgliedern bringen? Drei Fachleute erklären, was jetzt wichtig ist.

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Es begann am 24. Dezember 2024 mit der Öffnung der Heiligen Pforte im Petersdom und steht unter dem Leitwort „Pilger der Hoffnung“. Bis zum 28. Dezember 2025 begeht die katholische Kirche ein Heiliges Jahr. Das wird seit dem 15. Jahrhundert alle 25 Jahre ausgerufen und soll unter anderem dem Ziel dienen, die Katholiken weltweit zur Erneuerung ihres Glaubens und zur Vertiefung ihrer Beziehung zu Gott aufzurufen. 

Als grundlegende Elemente der Heiligen Jahre gelten für viele Gläubige die Wallfahrt nach Rom und das Durchschreiten der Heiligen Pforten sowie der Ablass, also der Nachlass der Folgen, die sich aus einer Sünde ergeben. „Ein Heiliges Jahr will für alle Gläubigen eine Zeit der Gnade und der Umkehr, ein Aufruf zur Besinnung auf den Glauben und zum Gebet sein“, erklärt das Deutsche Liturgische Institut, eine Einrichtung der Deutschen Bischofskonferenz. 

Welche Chance haben in diesem Jahr Reformbewegungen in der katholischen Kirche? Drei Fachleute antworten.


Die Gesellschaft braucht Kirche. Eine Kirche, die ihren Geist nicht ausliefert und ihre Kontur nicht verliert. Die die Botschaft von Liebe und Hoffnung, Gerechtigkeit und Frieden wieder in die Gesellschaft bringt.

Die Kirche braucht dazu Menschen. Menschen, die für diese Botschaft stehen, wenn sie im Namen der Kirche reden und handeln. Menschen, die Kirche können. Die sich, egal, ob es da um Seelsorge, Finanzen oder Verwaltung geht, darauf verstehen, doppelt professionell zu reagieren, sachliche Erfordernisse immer zusammenzubringen mit denen der Botschaft. Die das rasante Verschwinden der Kirche aus dem Alltag im Blick haben. Und dann zum Beispiel die Kita trotz der ökonomischen Last nicht an die Kommune abgeben.

Da haben wir ein Problem. Ein Personalproblem. Eines, das sich verschärft durch den Luxus der Vorab-Selektion nach Geschlecht und Lebensform.

Hier braucht Kirche Veränderungen, kulturelle und strukturelle. Veränderungen fallen aber nicht vom Himmel. Die müssen mühsam provoziert werden. Den Reformbewegungen, ob sie auf neue Strukturen oder neue Formen der Spiritualität abheben, ist das zuzutrauen. Vorausgesetzt, hier kann man Kirche.


Heilige Jahre sind keine guten Zeiten für Reformen. In ihnen zelebriert sich die katholische Kirche als päpstliche Männerkirche, in der vor allem für Frauen kein Platz ist. Wirkliche Reformen können die Gläubigen nur selber anstoßen. Sie müssen Maß am Evangelium nehmen, radikal sein.

Das größte Pfund ist die gelebte Nächstenliebe, die denen gilt, für die sich niemand interessiert: Obdachlose, Kranke, Flüchtlinge, Alte und Arme. Das fällt zumeist bildungsbürgerlich-überalterten Gemeinden schwer, die selbst den Schrei der Opfer sexualisierter Gewalt in beiden Kirchen nicht hören wollen.

Die ersten Worte Jesu klingen da anders: „Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!“ (Mk 1,15) Ohne Glaube keine Reform und keine Reform ohne Umkehr aus einem verkernten katholischen Milieu. Wer Reformen will, muss an die Ränder gehen, wo es selber weh tut. Dann mutiert der gelebte Glaube für die Mächtigen zu einer gefährlichen Erinnerung, der ihnen ihre Grenzen aufzeigt. Dann wird der Glaube politisch.

Und innerkirchlich? Solange die katholische Kirche eine absolutistische Wahlmonarchie ist, können nur mit und nie gegen den amtierenden Papst substantielle Veränderungen initiiert werden. Eine katholische Utopie!


Das Heilige Jahr sollte als Booster für Reformen in der Kirche dienen! Seit 2019 erarbeiten Lai*innen und Bischöfe Antworten auf die systemischen Ursachen von Missbrauch und Vertuschung. Der Grundstein für „Umkehr und Erneuerung“ wurde gelegt, konkrete Empfehlungen liegen vor und können umgesetzt werden.

Wir sehen, dass ergebnisoffene Beratung und gemeinsame Entscheidungen gelingen können. 96 Prozent der Katholik*innen in Deutschland fordern laut Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung grundlegende Reformen. Papst Franziskus hat mit seiner Erklärung, das Schlussdokument der Weltsynode sei Teil des Lehramts, diesen Reformkurs gestärkt.

Reformen sind auch ein Signal der Wertschätzung. Die Kirche in Deutschland bleibt nur durch das Engagement ehrenamtlich Mitwirkender – und das sind vor allem Frauen – lebensfähig. Ihnen muss die Kirche zeigen, dass sie alle Talente gleichermaßen sieht und würdigt.

Gelingt es uns, zeitgemäße Strukturen für unsere zeitlosen christlichen Botschaften zu schaffen, bleibt die Kirche eine glaubwürdige Partnerin für Politik und Gesellschaft und stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

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