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SCHLAUES RADIO: Junge Wilde

Mit Netzanschluss: Das neue „DRadio Wissen“ will den Hörfunk von morgen machen

Wissen macht Ah. W wie Wissen. Wissen vor 8. Wissensquiz. Wissensshows ohne Ende. Alleine ein Blick ins populäre Fernseh- und Radioprogramm zeigt, was an Formaten angesagt und offenbar erfolgreich ist, ganz zu schweigen von Wissenschaftsmagazinen und Seiten in Tageszeitungen. Von A wie Aristoteles über E wie Erdbeben, S wie Soziale Netzwerke bis Z wie Zoologie – wer nichts weiß, bleibt draußen. Was liegt da näher, als ein neues Radioprogramm voll und ganz auf dieses Thema abzustellen. Am Montag früh um sechs Uhr startet „DRadio Wissen“, neben Deutschlandradio Kultur und Deutschlandfunk das dritte Standbein des Deutschlandradios (DLR). Motto, natürlich: „Ich will wissen.“

Mal abgesehen davon, dass es schon bemerkenswert ist, in diesen schweren Zeiten einen neuen, jährlich rund sieben Millionen Euro teuren Sender zu gründen – DRadio Wissen will nichts weniger als das „Radio von morgen“ sein, wie DLR-Programmdirektor Günter Müchler am Freitag bei der Präsentation in Berlin sagte. Ein hoher Anspruch für ein werbefreies Vollprogramm, das eine elfköpfige Redaktion in der Kölner Zentrale zu stemmen hat. Alle Redakteure um die 30, journalistisch groß geworden mit Internet, Youtube, Facebook, Wikipedia,Twitter und all dem, was mittlerweile zur Wissensgesellschaft dazugehört. Seine „jungen Wilden“ nennt DLR-Intendant Willi Steul die Redaktion von DRadio Wissen, geführt von Redaktionsleiter Dietmar Timm, 60.

Steul ist 58, „aber gefühlt 27“, sagt er. Er habe schon vieles erlebt, aber die Gründung eines crossmedialen Programmes, gekoppelt mit dem Internet, „toppe alles“. DRadio Wissen soll über all das berichten, was wissenswert ist: von hoher Wissenschaft bis Alltagswissen, von Campus bis Karriere, von Natur bis Literatur, von Web bis Wirtschaft. Zuhörer müssen sich in der Kernzeit von sechs bis 18 Uhr an einen viertelstündlichen Nachrichtentakt gewöhnen. Vier sogenannte Themenquadranten pro Stunde wie „Agenda“, „Medien“, „Natur“ oder „Spielraum“ sollen einen verlässlichen Rahmen bilden. Als Themen–Beispiele wurden bei der Präsentation Beiträge über einen Studiengang „Social Media“ in Birmingham und über Musik beim Sporttreiben genannt. Zudem setze DRadio Wissen auf Kooperationen mit anderen Medien, nicht nur den beiden Stammprogrammen vom Deutschlandradio. So sollen fremdsprachige Programme von der BBC und Radio France eins zu eins übernommen werden.

Dazu ein „Netz-Reporter“ als Korrespondent im World Wide Web, Redaktionsblogs, eine täglich live übertragene Redaktionskonferenz, wöchentliche „Zeit Online“-Talks, statt einzelner Songs ein exklusiv komponierten Soundteppich von DJs zur Programmuntermalung, ein modernes Design, Nachrichten auf Latein und einzelne Beiträge noch vor der linearen Ausstrahlung vorab auf der Homepage („online first“) – man merkt den Machern das Bemühen an, das Radio mit DRadio Wissen, wenn nicht ganz neu zu erfinden, so doch zumindest auf die Höhe der Zeit zu bringen. Der Versuch, den Menschen, die sich von den klassischen Medien ab- und dem Internet zuwenden, ein öffentlich-rechtliches Angebot zu machen. Die Wörter „Jugend-“ oder „Internetprogramm“ kommen dem DLR-Intendanten natürlich nicht über die Lippen. „Frisch und alterslos“, das bitte schon.

Die Verbindung von klassischem Radio und interaktiver Radionutzung also, das Radio von morgen? So richtig scheinen die Senderverantwortlichen ihrem Projekt noch nicht zu trauen. Von einem Radio-Labor mit Netzanschluss ist die Rede. „Lasst uns die Grenzen des Experimentellen testen“, sagt Steul. Vieles, sagt Günter Müchler, werde sich entwickeln, das Programm sei eine Suchmaschine für das Radio von morgen.

Fragt sich bloß, ob der Hörer von morgen davon auch so viel mitkriegt. Stichwort Verbreitung. DRadio Wissen ist im Internet per Livestream sowie digital über Kabel und Satellit zu empfangen. Bei allem Web-2.0.-Hype, der klassische Radiohörer klebt nicht unbedingt ständig am Computer, der liebt seine UKW-Frequenzen und dürfte mit digitalen Empfangsmöglichkeiten nicht so vertraut sein. Kabel Deutschland zum Beispiel hat neun Millionen Haushaltsanschlüsse digital verkabelt. Insider schätzen, dass lediglich 30 Prozent davon auch digitale Empfangsgeräte besitzen und zum Einsatz bringen. Immerhin, DRadio Wissen wird es auch da geben, wo alle Bilder und Töne, möglicherweise bald alles Wissen der Welt hinzustreben scheint: als Live-Stream-App auf dem iPhone-Handy.Markus Ehrenberg

www.dradio.de

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