
© IMAGO/Bernd März
„Können noch nicht ‚Feuer aus‘ melden“: Feuerwehr bekämpft weiter Glutnester am Brocken – Videos erhärten wohl Verdacht auf Brandstiftung im Harz
Der Waldbrand am Brocken soll am Freitag an acht Stellen gleichzeitig entstanden sein. Wie es dazu kam, wird auch polizeilich untersucht. Trotz erster Regenschauer ist die Feuerwehr weiter im Einsatz.
Stand:
Nach nächtlichen Regenfällen am Brocken hat sich die Situation nach Angaben der Behörden entspannt. Eine komplette Entwarnung gibt es jedoch auch drei Tage nach Ausbruch der Wald- und Flächenbrände im Nationalpark Harz noch nicht.
„30 Liter Niederschlag über Nacht haben dem Feuer den Rest gegeben“, sagte Kreisbrandmeister Kai-Uwe Lohse am Montagmorgen dem NDR. Demnach soll die Fläche in den kommenden Tagen unter anderem mit Wärmebildkameras intensiv auf Glutnester kontrolliert werden.
Allerdings gibt es dem Leiter des Krisenstabes, Immo Kramer, zufolge aktuell noch drei Brandstellen. „Da gehen jetzt die Einsatzkräfte rein“, sagte er nach einer Lagebesprechung.
Eine dieser Brandstellen befindet sich den Angaben zufolge dicht an einem Moor. Die Gefahr, dass das Feuer auf das Moor übergreifen könnte, sei noch nicht gebannt. Eine weitere „Verdachtsfläche“ nahe dem Moor solle mit Drohnen erkundet werden, das Gelände sei schwer zugänglich.
Bei den Brandstellen könnten im Tagesverlauf erneut Löschflugzeuge zum Einsatz kommen. Aktuell sei das Wetter aber zu diesig, die Sicht sei nicht gegeben, so Kramer. „Am Nachmittag wird Flugwetter sein.“ Die Hubschrauber, die am Wochenende zusätzlich im Einsatz waren, seien inzwischen abbestellt worden.
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Am Morgen hatten Einsatzkräfte das Gelände inspiziert, um sich einen Überblick über die Waldbrandlage zu verschaffen. Die Restarbeiten würden nun aber weiter Zeit und Manpower in Anspruch nehmen, sagte Kramer. „Wir können noch nicht ‚Feuer aus‘ melden.“
Wie der Landkreis Harz am Montag auf Facebook mitteilte, unterstützt auch der Nationalpark die Arbeiten mit Forstwirten und Rangern. Zudem sei „für die Nachmittagsstunden ein erhöhter Kräfte- und Mittelansatz je nach Wetter und Lageentwicklung geplant“.
Massiver Löscheinsatz bringt Feuer nach drei Tagen unter Kontrolle
Bereits am Sonntagabend hatten die Behörden erklärt, dass der Waldbrand am höchsten Berg des Harzes durch einen massiven Löscheinsatz aus der Luft eingedämmt worden sei. „Das Feuer ist unter Kontrolle“, teilte der Landkreis Harz in Halberstadt mit.

© AFP/Jens Schlueter
Demnach waren vier Löschflugzeuge und mehrere Löschhubschrauber – auch von der Bundeswehr – „im Minutentakt“ im Einsatz, um den großen Wald- und Flächenbrand zu bekämpfen. Am Freitag hatte der Landkreis Harz mitgeteilt, der Waldbrand sei gegen 14.00 Uhr nahe der Kesselklippe am Brocken entdeckt worden.
Dies sei „das Maximum an Luftbrandbekämpfungsmitteln, das sich über dem höchsten Gipfel Norddeutschlands koordinieren“ lasse, hatte Kreisbrandmeister Lohse am Sonntag erklärt. Am Boden kämpften Kräfte von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk (THW) und dem Nationalpark Harz gegen den Brand.
Kreisbrandmeister äußert Verdacht auf Brandstiftung
Der großangelegte Einsatz und die entstandenen Schäden verursachen der Region einer ersten Schätzung zufolge Kosten in Millionenhöhe. Wie der MDR berichtet, rechnet der Oberbürgermeister der Stadt Wernigerode, Tobias Kascha (SPD), mit Kosten von bis zu drei Millionen Euro.
Weil die Stadt diese Kosten nicht stemmen könne, hofft Kasche dem Bericht zufolge nach einem Gespräch mit Landwirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) auf finanzielle Unterstützung der Landesregierung.
Ich halte Brandstiftung nicht für ausgeschlossen.

Kai-Uwe Lohse, Harzer Kreisbrandmeister
Die Ursache des Feuers muss noch ermittelt werden. „Ich halte Brandstiftung nicht für ausgeschlossen“, sagte Kreisbrandmeister Lohse aber der „Volksstimme“. Dafür sehe er Hinweise, denn: Es gab zunächst acht Brandherde, die sich später zu einer mehr als einen Kilometer langen und 200 Meter breiten Feuerfront vereint hatten.
Zu seinem Verdacht auf Brandstiftung führte Lohse im Gespräch mit dem MDR an, dass Videomaterial eindeutig zeige, wie das Feuer am Freitagnachmittag zeitgleich an acht Stellen ausgebrochen sei.
Zugleich betonte der 61-Jährige, dass er den Behörden aber nicht vorgreifen wolle. Die Polizei teilte der Agentur dpa mit, dass ein Brandermittlungsverfahren eingeleitet worden sei. Nähere Angaben zur Brandursache seien aber erst möglich, wenn man den Brandort untersuchen könne, hieß es.
Gemeinsam mit Generalleutnant André Bodemann von der Bundeswehr erklärte Lohse weiter: „Wir gehen heute all in. Alle Flugzeuge und Hubschrauber fliegen unter voller Auslastung. Für einen Umlauf von Hasselfelde zum Brocken brauchen wir nur knapp sieben Minuten“, so der Kreisbrandmeister. Das ermögliche eine schnelle Brandbekämpfung. Er dankte der Bundeswehr ausdrücklich für die Unterstützung.

© dpa/Matthias Bein
Der am Sonntagabend einsetzende Regen hat die Hoffnungen der Einsatzkräfte bestätigt. Oft regne es sich im Westharz ab, sagte der Leiter des Krisenstabes, Immo Kramer, der dpa. „Im Ostharz bleibt oft nicht mehr so viel übrig.“
Auch der Chef des Nationalparks Harz, Roland Pietsch, zeigte sich am Sonntag optimistisch, dass der Waldbrand am Brocken bald größtenteils gelöscht sein wird. Vor allem der Wetterumschwung spreche dafür, dass sich die Lage entspannen könnte.
Es ist die Herausforderung der nächsten Tage, die Brandnester zwischen den Felsen zu entdecken und zu bekämpfen.

Roland Pietsch, Chef des Nationalparks Harz
„Es ist die Herausforderung der nächsten Tage, die Brandnester zwischen den Felsen zu entdecken und zu bekämpfen. Da heute wenig Wind angesagt ist und ab heute Abend und morgen auch Regen, kann man jetzt davon ausgehen, dass es bald beendet sein wird“, sagte Pietsch dem MDR. Trotz des angekündigten Regens könnten in den kommenden Tagen immer wieder Flammen aufkommen, das ist Pietsch zufolge allerdings kontrollierbar.

© dpa/Swen Pförtner
Kramer dankte der Bevölkerung und Gastronomen, die die Einsatzkräfte mit Kuchen und anderen Lebensmitteln versorgten. Die Anteilnahme sei groß, sagte Kramer. Die Feuerwehrleute arbeiteten in Schichten und seien froh über die Unterstützung.
Debatte über Umgang mit Totholz
Der Großbrand im Harz rückt auch die Debatte über Totholz in deutschen Wäldern wieder in den Fokus. Dieses ist Brandexperten zufolge einer der Gründe für die erhöhte Brandgefahr und erschwerte Brandbekämpfung.
Stehendes Totholz würde Feuerfackeln gleichen, sagte auch Kramer. Die Kombination mit dem trockenen Gras sorge für weite Funkenflüge, sodass immer wieder auch neue Glutnester entstehen könnten.
Nach Informationen des Senders soll das Feuer ein Areal in der Nähe der Brockenbahn betroffen haben. Dort hat es demnach in der Vergangenheit schon mehrmals gebrannt. Die Harzer Schmalspurbahnen (HSB) teilten mit, dass wegen des Waldbrandes die Strecke zwischen Drei Annen Hohne und dem Brocken gesperrt ist. Es komme zu erheblichen Verzögerungen.

© dpa/Matthias Bein
Rund 500 Menschen waren am Freitagnachmittag mit Bussen vom Brocken in Sicherheit gebracht worden. Es handele sich um Touristen, Wanderer und Sportler, sagte ein Sprecher des Landkreises Harz. Der Weg zum Brocken gilt als einer der meistfrequentierten Wanderwege im Nationalpark Harz. Grundsätzlich ist das Gelände sehr schwer zugänglich.
Für den bei Touristen beliebten Ort Schierke, der einige Kilometer vom Brandgebiet entfernt liegt, bestand offenbar keine Gefahr, sagte Kramer. „Da machen wir uns keine Sorgen.“
Das gesamte Gebiet im Nationalpark bleibe gesperrt, alle Veranstaltungen rund um den Brocken seien abgesagt, teilte der Kreis mit. Die Bevölkerung wurde zudem aufgefordert, Straßen und Zufahrtswege rund um Schierke und den Brocken freizuhalten und die Einsatzkräfte nicht zu behindern.
Anwohner von Braunlage, Torfhaus und dem Gebiet rund um die B4 wurden gebeten, wegen der Rauchentwicklung Fenster und Türen geschlossen zu halten.
Weitere Waldbrände in Sachsen-Anhalt
Bis Sonntagabend war die Waldbrandgefahr in weiten Teilen Sachsen-Anhalts sehr hoch. Der Waldbrand in Oranienbaum hatte nach Angaben des Landkreises eine Fläche von 51 Hektar erreicht, so die Agentur dpa. Einsatzkräfte verhinderten eine Ausbreitung.
Im Unterholz seien jedoch immer noch Glutnester. Der Brand war am Freitag in der Nähe der Bundesstraße 107, eines Wohngebiets und unweit einer munitionsbelasteten Fläche, ausgebrochen. Das Schloss Oranienbaum liegt nicht weit entfernt davon.
Insgesamt waren einem Sprecher des Landkreises zwei Hubschrauber und 260 Feuerwehrleute im Einsatz. Im Laufe des Tages wollen sich die Innenministerin, der Landrat und der Bürgermeister ein Bild vor Ort machen. Oranienbaum selbst war nicht bedroht.
Gebrannt hatte es auch auf dem Bundeswehr-Truppenübungsplatz Altmark. Das sei während einer Übung entstanden, die Heide habe relativ großflächig gebrannt, sagte ein Sprecher des Gefechtsübungszentrums des Heeres.
Starke Winde trieben das Feuer weiter an, sodass es sich auf 144 Hektar Fläche ausbreitete. Am Freitagabend teilte der Sprecher mit, dass der Brand gelöscht werden konnte. Der Betrieb lief am Samstag wieder.
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