
© Matt Lutze
„Die gleiche Scheiße, einfach nur in Blau“: Berliner Dragqueen begeistert mit Anti-AfD-Song
Im BKA-Theater zeigen Rachel Intervention und Künstlerinnen aus anderen Städten eine mitreißende Show aus Tanz, Comedy und Burlesque. Dabei wird es auch politisch.
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Sie wirft ihre rote Haarmähne nach hinten, dreht eine kleine Pirouette, ihr Tüllkleid schwingt und dann singt sie: „Ihr schürt Angst und setzt auf Fremdenfeindlichkeit. Davon haben wir die Schnauze voll.“ Dragqueen Rachel Intervention präsentiert im BKA-Theater ihren Anti-AfD-Song, der Teil ihrer bunten Show „Intervention Berlin“ ist. Am Mittwochabend findet sie zum dritten Mal statt.
Für ihre Zeilen „Wie besorgt ihr auch tut, wir wissen ganz genau: Ihr seid die gleiche Scheiße, einfach nur in blau“, erntet sie lauten Jubel und Beifall. Der Saal ist an diesem Abend bis auf den letzten Stuhl gefüllt. Einige sind zum ersten Mal auf einer Dragshow, andere haben Rachel schon mehrmals gesehen.
Wenn ihr hier Spaß an der Show und Spaß an Queerness habt, könnt ihr solche Parteien nicht unterstützen.
Rachel Intervention über die AfD
Nur wenige Kilometer entfernt, vor der CDU-Parteizentrale, protestieren derweil hunderte Menschen gegen die Partei, die einige Stunden zuvor einen Antrag zur Migration in den Bundestag eingebracht hatte – mit Stimmen der AfD und der FDP wurde er beschlossen.
Nun könnte man meinen, dass die Dragshow und der Protest wenig miteinander zu tun haben. Doch Rachel stellt im Laufe der Show klar: „Drag ist immer politisch. Wir sind männliche Personen, die weibliche Kleidung tragen. Allein das ist schon ein politisches Statement.“
Gerade in Zeiten wie diesen sei es wichtig, den Mund aufzumachen. Sie appelliert deshalb an das Publikum, im Februar wählen zu gehen – und das Kreuz nicht bei der AfD zu setzen. „Wenn ihr Spaß an der Show und Spaß an Queerness habt, könnt ihr solche Parteien nicht unterstützen. Denn sie wollen nicht, dass Menschen wie wir existieren, in der Öffentlichkeit auftreten oder Karrieren haben.“
Der Laune nach zu urteilen, dürfte am 23. Februar niemand aus dem Publikum die AfD wählen. Viele werfen begeistert mit Dollarscheinen, auf denen Rachels Gesicht abgebildet ist und amüsieren sich über die Witze, die sie und ihre Gäste miteinander machen. Einige der Zuschauenden werden sogar auf die Bühne geholt, um an einem Ratespiel teilzunehmen oder einer Queen dabei zu helfen, ihr Outfit zu richten.
„Bauch Beine Pommes“ und Adele auf Bayerisch
Für ihre Show hat Rachel gleich mehrere Gäste eingeladen. Da ist Bambi Mercury, Teilnehmerin der TV-Show „Queen of Drags“, die als Pommestüte verkleidet auf die Bühne kommt und Shirin Davids Hit „Bauch Peine Po“ kurzerhand in „Bauch Beine Pommes“ umdichtet.
Später erscheint sie noch einmal mit grün geschminktem Gesicht und schwarzem Hexenhut, um als Elphaba aus dem Musical „Wicked“ mit Rachel zu performen, die sich mit blonder Perücke und pinkem Kleid als Glinda verkleidet hat. Die langsame Ballade endet schließlich in einem Scooter-Song, während neongrüne Laser durch den Raum schießen.

© Andy Crash Original
Aus Köln ist Pam Pengco dabei, die – anders als es bei Dragqueens üblich ist – weder lipsynct, also die Lippen zu einem Song ihrer Wahl bewegt, noch tanzt, sondern Stand-up-Comedy auf die Bühne bringt. „Mein Mitbewohner hat mal ein Experiment gemacht und ist einen ganzen Monat im AfD-Shirt herumgelaufen“, erzählt sie. „Der wurde angepöbelt, der wurde bespuckt, der wurde beleidigt. Ich will mir gar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn er die Wohnung verlassen hätte.“
Aus München ist Janisha Jones angereist, ebenfalls eine ehemalige Teilnehmerin von „Queen of Drags“. Sie präsentiert sich erst in einem eng geschnürten roten Kleid und tanzt mit zwei riesigen weißen Federfächern. Später zeigt sie dann ihr Können im Voguing und wirft sich im Spagat auf den Boden.
Der Überraschungsgast ist Rachel selbst, die als Adele verkleidet die Bühe betritt und „Hello“ und „Someone like you“ singt – erst auf Bayerisch, dann auf Schwäbisch. In den sozialen Medien war ihr Video „Servus, ich bin es“ bereits vor einigen Monaten durch die Decke gegangen.
Es ist genau dieser mitreißende Mix aus Gesang, Comedy und Burlesque, der beim Publikum gut ankommt. Am Ende der Show tanzen alle Queens mit dem Publikum durch den Saal – und der politische Horror des Tages ist für einen Moment in den Hintergrund gerückt.
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