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Gesundheit: Auf nach Hongkong

Pisa: Auch im Vergleich mit Schwellenländern kann Deutschland nicht glänzen

Die deutschen Schulen sind bei einer ergänzenden Untersuchung zur Bildungsstudie Pisa erneut leicht zurückgefallen. Die Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vergleicht die Leistungen 15-jähriger Schüler aus inzwischen 43 Staaten in Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften. Neu einbezogen wurden diesmal 15 Staaten, die nicht Mitglied der Organisation sind und im Jahr 2002 nachgetestet wurden, darunter Albanien, Brasilien und Hongkong. Deutschland fiel bei diesem Vergleich um je einen Rang zurück, beim Lesen von Platz 21 auf 22.

Der weltweit größte Schulleistungstest in den Schlüsselkompetenzen hatte bei seiner ersten Veröffentlichung im Dezember 2001 eine Schockreaktion im deutschen Bildungswesen ausgelöst. Zu den alarmierenden Ergebnissen gehört, dass in kaum einem anderen Land die familiäre Herkunft so stark über den Schulerfolg entscheidet wie in der Bundesrepublik. Selektiver wirken der Studie zufolge nur die Schulsysteme in Polen und Bulgarien.

Von den „Neuen“ konnten nur die Schüler aus Hongkong auf Anhieb in die Pisa-Spitzengruppe aufschließen – beim Lesen liegen sie mit deutlichem Abstand vor Deutschland nur knapp hinter Finnland, Kanada, Neuseeland, Australien und Irland. Das ist besonders erstaunlich, da Hongkong als zweisprachig gilt. In Mathematik und Naturwissenschaften stehen die Jugendlichen aus Hongkong denn auch gemeinsam mit den Japanern und Koreanern direkt an der Spitze.

Erfolgreich sind die Pädagogen in Hongkong aber auch bei der Integration von Kindern aus Migrantenfamilien. Bei den 15-Jährigen zeigen sich zwischen beiden Schülergruppen „keine messbaren“ Leistungsunterschiede, erläuterte Pisa-Chef Andreas Schleicher bei der Präsentation am Dienstag in London. In der Grundschule noch vorhanden, werden sie dort offensichtlich durch guten Unterricht ausgeglichen. In Deutschland dagegen verstärkt die gemeinsame Schulzeit zwischen Grundschule und dem 15.Lebensjahr die Differenzen. „Das Beispiel Hongkong zeigt, dass es zentral darauf ankommt, die individuelle Förderung nach klaren Leitsätzen in das Gesamtbildungssystem zu integrieren“, so Schleichers Fazit.

Deutsche Schüler pessimistisch

Alarmierend fielen dagegen die Testergebnisse für die Entwicklungsländer aus. Während in den OECD-Staaten durchschnittlich 18 Prozent der Schüler beim Lesen nur die unterste Kompetenzstufe erreichen, sind dies in den Nicht-OECD-Staaten wie Brasilien, Mazedonien und Peru mehr als 50 Prozent. „Diese Schüler drohen Analphabeten zu werden“, warnt die Unesco. Peru bildet mit 80 Prozent Schülern auf dem untersten Kompetenzniveau das Schlusslicht.

Die Probleme im deutschen Beschäftigungssystem bilden sich teilweise in den Erwartungen der Jugendlichen ab: Weniger als jeder zweite von ihnen strebt einen anspruchsvollen akademischen Beruf an. International sind das dagegen 62 Prozent der Jugendlichen. Teilweise resultiert dieser geringere „Erwartungshorizont“ der Studie zufolge aus der frühen Aufteilung der deutschen Schüler auf Haupt-, Realschule und Gymnasium. Entsprechend nimmt in Deutschland knapp jeder dritte Jugendliche eines Altersjahrgangs ein Hochschulstudium auf. In Frankreich sind dies nach Schleichers Worten heute 72 Prozent.

„Natürlich kann nicht jeder einen Spitzenjob bekommen. Aber wenigstens die Perspektive auf eine anspruchsvolle Arbeit sollte in der Industriegesellschaft da sein“, meinte der Pisa-Chef. In Ländern, die eigentlich schlechtere berufliche Chancen bieten als Deutschland, haben die Jugendlichen dagegen selbstbewusstere Vorstellungen von ihrem Platz in der Wissensgesellschaft. Mehr als 75 Prozent der befragten Schüler in Brasilien, Mexiko, Peru und Korea sehen für sich eine Zukunft in hochqualifizierten Wissensjobs.

Die OECD-Studie „Lesen kann die Welt verändern“ über die ursprünglich getesteten 28 Staaten liegt inzwischen in deutscher Übersetzung vor. 280 Seiten, 24 Euro. Kann per E-Mail bestellt werden: oecd@uno-verlag.de

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