
© AFP/Wakil Kohsar
Aus dem Pflichtenheft der Bundesregierung: Die Afghanen brauchen dringend mehr Hilfe
Die Dimension des Einsatzes ist historisch, er endete mit dem Fall von Kabul. Die Notwendigkeit zur Unterstützung bleibt. Vor allem für die aghanischen Frauen und Mädchen.

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Afghanistan, das ferne Land, das uns mit den Jahrzehnten so nah gekommen ist. Dort, am Hindukusch, wurde einst auch Deutschlands Sicherheit verteidigt. So sagte es Verteidigungsminister Peter Struck. Und heute? Gerade war der Jahrestag des Falls von Kabul. Die Menschenverächter von den Taliban herrschen seit 2021 wieder. Und Hilfsorganisationen mahnen besorgt: „Afghanistan darf nicht in Vergessenheit geraten.“
Von den internationalen Gebern – damit auch von der Bundesregierung –, wird erwartet, rasch die Hilfe zu verstärken. Wenn nur die öffentlichen Mittelkürzungen für humanitäre Hilfe nicht wären: „Das kostet Menschenleben“, erklärt die Hilfsorganisation „Help“.
Im vorigen Jahr erhielt Afghanistan 76 Millionen Euro, diesem Jahr ist die Hilfe noch nicht genau beziffert. Das deutsche Budget für humanitäre Hilfe soll aber dieses Jahr insgesamt nur eine Milliarde Euro umfassen, das ist eine Kürzung von 53 Prozent. Und der internationale Aktionsplan für 2025 ist auch erst zu Bruchteilen finanziert.
Insgesamt sind es gegenwärtig 1,62 Milliarden Dollar, die helfen sollen, Leben zu retten. Dabei ist die Lage von mindestens 12,5 Millionen Menschen kritisch.
Afghanistan ist da wie eine Wunde in der deutschen und internationalen Politik – und bleibt wegen der Menschen dort eine Verpflichtung zur Hilfe. Die steht auch weiter im Pflichtenheft der schwarz-roten Koalition.
Der längste Militäreinsatz der Nato
Die Dimension ist ja auch historisch. Afghanistan war der längste internationale Militäreinsatz der Nato je. 18 Jahre, und alles endete doch wieder in der Machtübernahme der Taliban. Die USA hatten zeitweilig mehr als 100.000 Soldaten im Land stationiert; dazu kamen Zehntausende weitere Soldatinnen und Soldaten von etwa 40 Nato-Verbündeten. 59 deutsche Bundeswehrangehörige starben in Afghanistan.
371 Millionen Euro hat Deutschland seit 2021 für humanitäre Zwecke in Afghanistan zur Verfügung gestellt. Daran zeigt sich die Verpflichtung. Das Geld kam und kommt über das Welternährungsprogramm oder das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen direkt ins Land, zu den Menschen, die es brauchen. Nicht zu den Taliban. Immerhin.
So nah ist uns Aghanistan gekommen
Und hieran wird offenbar, wie nah uns Afghanistan gekommen ist: In Deutschland leben zurzeit knapp 11.500 Afghaninnen und Afghanen, die das Land eigentlich verlassen müssten. 419.000 Menschen sind afghanischer Herkunft.
Viele von ihnen sind nach der Rückkehr der Taliban 2021 gekommen. Denn große Teile der Bevölkerung werden – wieder – unterdrückt, Frauen weitreichend aus dem öffentlichen Leben verbannt. Dass Afghanistan einmal eine Verfassung hatte, die Frauen und Männer als gleichberechtigt ansah, dass es eine größere wirtschaftliche und soziale Offenheit hatte – Geschichte.
Und nun, vier Jahre nach der erneuten Machtübernahme der Taliban, warnt die Organisation „Help“ vor weiteren Verschlechterungen für die Menschen. Weil viele hinzukommen, die keine Bleibe, keinen Besitz, keine Perspektive haben.
Laut Flüchtlingshilfswerk der UN sind dieses Jahr bis Juli rund eine Million Menschen aus dem Iran nach Afghanistan gekommen, viele wurden gezwungen. Wie auch Hunderttausende von Pakistan. Besonders schlimm ist es für deportierte Frauen und Mädchen. Sie dürfen sich nach den Taliban-Gesetzen weder alleine fortbewegen, noch ihren Lebensunterhalt verdienen.
„Die humanitäre Krise in Afghanistan ist eine der schlimmsten weltweit – und sie verschärft sich weiter“, sagt „Help“-Landesdirektor Shafi Shirzad. Mit der Mahnung richtet er sich nicht zuletzt an die Adresse der schwarz-roten Koalition. Die kann Afghanistan noch lange nicht aus ihrem Pflichtenheft streichen.
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