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Dieses Standbild eines Videos der israelischen Armee soll Jahja Sinwar zeigen.

© REUTERS/ISRAEL DEFENSE FORCES

Update

Drohnenvideo soll letzte Momente zeigen: Hamas bestätigt Tod ihres Chefs Jahia Sinwar

Hamas-Chef Sinwar wurde am Donnerstag bei einem Feuergefecht getötet – wohl eher zufällig. Ein nun veröffentlichtes Video zeigt ihn angeblich kurz vor seinem Tod im Gazastreifen.

Stand:

Israel hat den Hamas-Führer Jahja Sinwar bei einem Militäreinsatz am Donnerstag getötet. Die palästinensische Terrororganisation bestätigte den Tod ihres Anführers am Freitag. Sinwar galt als Drahtzieher des Überraschungsangriffs auf Israel vor einem Jahr.

Der Hamas-Chef wurde nach Medienberichten bei einem eher zufälligen Zusammenstoß mit israelischen Soldaten getötet. Die Streitkräfte seien am Mittwoch bei einem Einsatz in der Stadt Rafah im südlichen Gazastreifen unterwegs gewesen, berichteten verschiedene israelische Medien.

Es sei zu einer Konfrontation mit Sinwar und zwei weiteren bewaffneten Palästinensern gekommen. Die israelischen Soldaten schossen den Berichten zufolge auf die drei Männer und verletzten sie. Sinwars Begleiter und der Hamas-Chef selbst hätten anschließend Schutz in verschiedenen Gebäuden gesucht. Sie sollen große Mengen an Bargeld und gefälschte Pässe bei sich gehabt haben. Sinwar habe zudem eine Weste mit Handgranaten getragen.

Daraufhin feuerte den Berichten nach ein Panzer zwei Granaten in das Gebäude, in das Sinwar gelaufen war. Als die israelische Armee genau wusste habe, wo sich Sinwar aufhielt, sei eine weitere Granate gefolgt.

Jahja Sinwar, Chef der palästinensischen islamistischen Hamas-Bewegung.

© REUTERS/Ibraheem Abu Mustafa

Israelische Medien veröffentlichten Fotos von einer Leiche, die in Trümmern liegt und unter anderem schwerste Kopfverletzungen aufweist. Erst nach seiner Tötung sei den Soldaten die Ähnlichkeit mit dem Hamas-Chef aufgefallen. Sinwars Identität wurde nach israelischen Angaben anhand von Zahnproben und Fingerabdrücken festgestellt.

Israels Streitkräfte veröffentlichten am Freitag auch ein Video, das die letzten Momente im Leben von Sinwar zeigen soll. Auf den von einer Drohne gefilmten Aufnahmen ist ein vermummter und in Staub gehüllter Mann zu sehen, der in einem ausgebombten Gebäude auf einem Sessel sitzt. Als sich die Drohne nähert, wirft er einen Stock auf das ferngesteuerte Fluggerät. Das israelische Militär identifizierte den Mann in dem Video als Sinwar.

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„Der Massenmörder Jahja Sinwar, der für das Massaker und die Gräueltaten vom 7. Oktober (2023) verantwortlich war, wurde heute von IDF-Soldaten getötet“, erklärte Israels Außenminister am Donnerstagabend in einer Erklärung von Außenminister Israel Katz.

Kurz darauf erklärte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in einer Videobotschaft, dem Bösen sei ein Schlag versetzt worden. Der Einsatz im Gazastreifen werde jedoch weitergehen, bis alle Geiseln befreit seien.

Dies ist der Beginn des Tags nach Hamas.

Benjamin Netanjahu, Israels Premier

An die Einwohner des Küstenstreifens gewandt sagte Netanjahu in einer Videobotschaft: „Sinwar hat euer Leben zerstört. Er hat euch erzählt, er sei ein Löwe, aber in Wirklichkeit hat er sich in einer dunklen Höhle versteckt – und er wurde eliminiert, als er voller Angst vor unseren Soldaten weglief.“

Netanjahu bekräftigte, die islamistische Terrororganisation Hamas werde nicht mehr im Gazastreifen herrschen. „Dies ist der Beginn des Tags nach Hamas und eine Gelegenheit für euch, Einwohner des Gazastreifens, euch von ihrer Unterdrückungsherrschaft zu befreien.“

An die Geiselnehmer im Gazastreifen gewandt, sagte der Regierungschef: „Wer seine Waffen niederlegt und die Geiseln zurückgibt – dem werden wir es ermöglichen, herauszukommen und zu überleben.“ Gleichzeitig drohte er, man werde mit jedem „die Rechnung begleichen“, der den Geiseln Schaden zufüge.

Der israelische Verteidigungsminister Yoav Gallant bezeichnete den Tod Sinwars als klare Botschaft an alle Feinde Israels: „Die IDF werden jeden erreichen, der versucht, den Bürgern Israels oder unseren Sicherheitskräften zu schaden, und wir werden euch vor Gericht bringen.“

Der israelische Verteidigungsminister Gallant (schwarzes Hemd) bei einem Besuch der Nordgrenze Israels zum Libanon. 

© IMAGO/ZUMA Press Wire/IMAGO/Ariel Hermoni/Israel Mod

Die Tötung von Sinwar reihe sich ein in eine lange Reihe – von Nasrallah bis Mohammed Deif und vielen anderen, so Gallant. „Wir werden unsere Feinde verfolgen und eliminieren.“

Biden: Guter Tag für Israel und die Welt

US-Präsident Joe Biden, der auf seinem Flug nach Berlin über den Tod von Sinwar informiert wurde, hat diesen begrüßt. „DNA-Tests haben nun bestätigt, dass Sinwar tot ist. Dies ist ein guter Tag für Israel, für die Vereinigten Staaten und für die Welt“, heißt es in einer vom Weißen Haus veröffentlichten Stellungnahme Bidens.

US-Geheimdienste hätten das israelische Militär dabei unterstützt, Sinwar und andere Hamas-Anführer ausfindig zu machen, heißt es in der Stellungnahme weiter. Die Hamas sei jetzt nicht mehr in der Lage, ein weiteres Massaker wie am 7. Oktober zu verüben.

Biden werde in Kürze mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu sprechen, um über die Rückkehr der noch immer von islamistischen Extremisten im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln und die Beendigung des Krieges zu beraten. Es gebe nun eine Chance auf einen „Tag danach“ im Gazastreifen ohne die Hamas an der Macht, so Biden.

US-Präsident Joe Biden (r.) und Israels Premier Benjamin Netanjahu bei einem Treffen in Washington im Juli

© REUTERS/ELIZABETH FRANTZ

Es gebe auch eine Chance auf eine politische Lösung, die Israelis und Palästinensern gleichermaßen eine bessere Zukunft biete. Sinwar sei dafür ein Hindernis gewesen, das es jetzt nicht mehr gebe. „Aber es liegt noch viel Arbeit vor uns“, mahnte Biden.

Ähnlich äußerte sich US-Vizepräsidentin Kamala Harris. Sie sieht in der Tötung des Hamas-Anführers ebenfalls die Chance auf ein Ende des Kriegs im Gazastreifen. „Dieser Moment ermöglicht uns, den Krieg in Gaza endlich zu beenden. Und er muss so enden, dass Israel sicher ist: Die Geiseln werden freigelassen. Das Leiden in Gaza hat ein Ende, und das palästinensische Volk kann sein Recht auf Würde, Sicherheit, Freiheit und Selbstbestimmung wahrnehmen“, sagte Harris.

Baerbock: Sinwar war „brutaler Mörder und Terrorist“

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock fordert die Hamas in einer ersten Reaktion auf, jetzt sofort alle Geiseln freizulassen und die Waffen niederzulegen. Das Leid der Menschen im Gazastreifen müsse endlich aufhören, heißt es in einer Erklärung.

Baerbock bezeichnet Sinwar als „brutalen Mörder und Terroristen“, der Israel habe vernichten wollen. „Als Drahtzieher des Terrors am 7. Oktober brachte er Tausenden Menschen den Tod und unermessliches Leid über eine ganze Region.“

Bundesaußenministerin Baerbock fordert die Hamas auf, jetzt sofort alle Geiseln freizulassen.

© dpa/Hannes P Albert

Ein Jahr nach dem schwersten Angriff auf Israel seit seiner Staatsgründung ist Israel damit ein entscheidender Schlag gegen die Hamas gelungen. Sinwar gilt als der entscheidende Drahtzieher des brutalen Hamas-Großangriffs auf Israel am 7. Oktober 2023, seither war er nicht mehr öffentlich aufgetreten.

Er wurde stets im Tunnelsystem unter dem Gazastreifen vermutet, wo er sich zu seinem eigenen Schutz mit Geiseln umgeben haben soll, die vor einem Jahr von den Islamisten in den Gazastreifen verschleppt worden waren.

Sinwar stand seit Jahren auf US-Terrorliste

Seit dem 7. Oktober gehörte Sinwar zu den meistgesuchten Köpfen der islamistischen Palästinenserorganisation. Sinwar stand bereits seit Jahren auch auf der US-Terrorliste. Mitte Juli war nach israelischen Angaben bereits Hamas-Militärchef Mohammed Deif, ebenfalls einer der Drahtzieher des Hamas-Angriffs auf Israel vom 7. Oktober, bei einem Luftangriff im Gazastreifen getötet worden. Die Hamas bestätigte Deifs Tod nicht.

Nach der Tötung des Hamas-Politbüro-Chefs Ismail Hanija im Juli in Teheran ernannte die islamistische Palästinenserorganisation Sinwar zu dessen Nachfolger. Der 61-Jährige, der seit 2017 Hamas-Chef im Gazastreifen war, rückte damit zum ranghöchsten Hamas-Anführer auf.

Geboren wurde er 1962 im Flüchtlingslager von Chan Junis im Süden des Gazastreifens. Seine Familie stammt aus der Gegend der Küstenstadt Aschkelon, heute auf israelischem Staatsgebiet. Sinwar war 1988 wegen Mordes an vier mutmaßlichen Kollaborateuren und zwei israelischen Soldaten von Israel verurteilt worden.

Wegen seiner Grausamkeit auch gegen die eigenen Leute war er auch als der „Schlächter von Chan Junis“ bekannt. Er verbrachte mehr als zwei Jahrzehnte in israelischer Haft und lernte in der Zeit Hebräisch.

2011 kam Sinwar als einer von mehr als 1000 palästinensischen Häftlingen im Gegenzug für den israelischen Soldaten Gilad Schalit frei. Nach seiner Freilassung war Sinwar zunächst zuständig für die Verbindung zwischen militärischem und politischem Arm der Hamas. (Reuters/AFP/dpa/Trf)

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