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Heiligtümer des Judentums: Klagemauer und Felsendom in Jerusalem.

© IMAGO/Joeran Steinsiek

Ein Jahr nach dem 7. Oktober: Der Krieg ist nicht der Weg zum Frieden

Der Nahostkonflikt kann nur über einen Friedensvertrag beendet werden, der die Zukunft der Palästinenser ein für alle Mal regelt. Und es gibt durchaus noch Initiativen, die ihn ermöglichen wollen.

Anja Wehler-Schöck
Ein Kommentar von Anja Wehler-Schöck

Stand:

Nie wieder, hatten wir gesagt. Nie wieder sollten Jüdinnen und Juden in Angst vor Gewalt und Verfolgung leben. Der grausame Terroranschlag der Hamas am 7. Oktober 2023 war eine tiefe Zäsur. Kein Ereignis seit der Staatsgründung Israels 1948 hat den Glauben an die sichere Heimstätte so erschüttert. Wie kein anderer Staat hat Deutschland eine historische Verpflichtung für die Sicherheit des Staates Israel und der Jüdinnen und Juden weltweit. Einstimmig sicherte der Bundestag Israel nach dem 7. Oktober umgehend „volle Solidarität und jedwede Unterstützung“ zu. Ein wichtiges und das einzig richtige Zeichen.

Ein Jahr später tobt im Nahen Osten der Krieg. Gaza liegt in Schutt und Asche, der Libanon bald möglicherweise auch. Zehntausende sind getötet oder verletzt worden, Hunderttausende befinden sich auf der Flucht. Mehr als 100 israelische Geiseln in Gaza, von denen etliche bereits nicht mehr leben, konnten noch nicht zurückgeholt werden. Es droht eine weitere Eskalation des Konflikts mit dem Iran.

Dass sich Israel verteidigen muss, steht außer Frage. Das Recht darauf ist für den Fall eines bewaffneten Angriffs völkerrechtlich verbrieft. Die Selbstverteidigung muss jedoch im Verhältnis zur Angriffshandlung stehen. Es fällt schwer, das angesichts der vielen zivilen Opfer und Zerstörung noch zu bejahen. Hinzu kommt, dass das militärische Vorgehen des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu affektgesteuert wirkt. Es lässt weder eine strategische Ausrichtung noch ein klar definiertes, realistisches Ziel erkennen und erst recht keine Vision für die Zukunft.

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Abraham-Abkommen unter Trump

Der Frieden in Nahost wird sich nicht herbeikämpfen lassen. Der Nahostkonflikt kann nur über einen Friedensvertrag beendet werden, der die Zukunft der Palästinenser ein für alle Mal regelt. Die Ideologie der Hamas wird für viele erst dann an Anziehungskraft verlieren, wenn die Palästinenser eine verbindliche Perspektive für ihre Zukunft sehen.

Die USA haben zuletzt unter Präsident Donald Trump versucht, mit den Abraham-Abkommen die Beziehungen der arabischen Nachbarn zu Israel zu normalisieren. Während die Intention der Abkommen nachvollziehbar ist, war ihre Gestaltung kurzsichtig. Denn ohne die Klärung der Palästinenserfrage wird es im Nahen Osten weder Normalisierung noch Frieden geben. Sie aus den Abkommen auszuklammern hieß, die Augen vor der alles entscheidenden Herausforderung zu verschließen.

Die arabischen Regierungen müssen den grassierenden Antisemitismus sowohl durch konsequente Sanktionierung als auch durch bildungspolitische Maßnahmen bekämpfen.

Anja Wehler-Schöck

In seiner Rede vor den Vereinten Nationen bekräftigte der jordanische Außenminister Ayman al-Safadi vor Kurzem, dass die 57 arabischen und muslimischen Staaten, für die er spreche, bereit seien, die Sicherheit Israels zu gewährleisten, wenn Israel die Gründung eines palästinensischen Staats zuließe. Das ist ein wichtiges Bekenntnis.

Wie glaubwürdig es ist, wird sich jedoch erst durch die innenpolitische Konsequenz zeigen. In vielen arabischen Staaten sind antisemitische und israelfeindliche Narrative und Verschwörungstheorien allgegenwärtig. Ihre Verbreitung durch Schulen, Glaubenseinrichtungen und Medien wird von den Regierungen toleriert. Solange sich das nicht ändert, wirkt ihr außenpolitisches Engagement für Frieden in Nahost halbherzig. Die arabischen Regierungen müssen den grassierenden Antisemitismus sowohl durch konsequente Sanktionierung als auch durch bildungspolitische Maßnahmen bekämpfen.

Ein Jahr nach dem 7. Oktober sind die Fronten verhärteter denn je. Ein Friedensschluss zwischen Israelis und Palästinensern scheint in weite Ferne gerückt. Und doch führt an ihm kein Weg vorbei. Nur ein nachhaltiger Frieden wird Israels Sicherheit gewährleisten.

Auf beiden Seiten gibt es Akteure, die sich dafür engagieren. Zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich auf lokaler Ebene für die israelisch-palästinensische Verständigung einsetzen. Aber auch prominente politische Initiativen wie die des ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert und des früheren palästinensischen Außenministers Nasser al-Kidwa, die vor Kurzem einen Friedensplan vorgelegt haben. Sie gilt es zu unterstützen. Sie sind es, die Hoffnung bringen, in einer Zeit voller Verzweiflung.

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