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Die Bundesregierung entschied im vergangenen Jahr, für 8,3 Milliarden Euro 35 amerikanische F-35-Tarnkappen-Kampfjets zu kaufen.

© dpa/Britta Pedersen

Folge der russischen Invasion: Europas Militärausgaben so hoch wie zur Zeit des Kalten Kriegs

Die weltweiten Militärausgaben haben auch 2022 einen neuen Rekord erreicht. Sechs Entwicklungen sind dafür ausschlaggebend.

Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine schlägt mit voller Wucht auf dem Rüstungsmarkt durch. In Europa stiegen die Einfuhren schwerer Waffen wie Panzer, Kampfjets und U-Boote im Vergleich der vergangenen beiden Fünfjahreszeiträume um 47 Prozent an, die von europäischen Nato-Staaten sogar um 65 Prozent. Das geht aus einem neuen Bericht hervor, den das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri jetzt veröffentlicht hat.

Weltweit stiegen sie um 3,7 Prozent auf insgesamt 2240 Milliarden Dollar. Europa verzeichnete im Jahresvergleich den stärksten Anstieg seit mindestens 30 Jahren. 56 Prozent der Gesamtausgaben entfielen auf die USA, China und Russland.

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„Der kontinuierliche Anstieg der weltweiten Militärausgaben in den letzten Jahren ist ein Zeichen dafür, dass wir in einer zunehmend unsicheren Welt leben“, sagt Dr. Nan Tian, Senior Researcher bei Sipri.

Die Staaten verstärkten ihre militärische Stärke als Reaktion auf ein sich verschlechterndes Sicherheitslage, die sich ihrer Meinung nach in naher Zukunft nicht verbessern werde. Sechs Entwicklungen haben zum neuen Allzeithoch geführt.

1 Russlands Krieg ist teurer als erwartet

Im Laufe des vergangenen Jahres musste Russland seinen Haushaltsplan noch einmal anpassen. In der Kategorie Streitkräfte, wozu die Beschaffung militärischer Ausrüstung und Instandhaltung gehören, stiegen die Ausgaben Sipri zufolge noch einmal um 52 Prozent (33,2 Milliarden Dollar).

„Der Unterschied zwischen den russischen Haushaltsplänen und den tatsächlichen Militärausgaben im Jahr 2022 deutet darauf hin, dass die Invasion in der Ukraine Russland weit mehr gekostet hat, als es erwartet hatte“, sagt Lucie Béraud-Sudreau, Direktorin des Programms für Militärausgaben und Rüstungsproduktion bei Sipri, dem Tagesspiegel.

2 Ausgaben der Ukraine steigen um 640 Prozent

Die Militärausgaben der Ukraine erreichten im vergangenen Jahr 44 Milliarden Dollar. Mit 640 Prozent war dies weltweit der höchste Anstieg in einem Jahr, der jemals in den Sipri-Daten verzeichnet wurde.

Infolge der hohen Ausgaben und der kriegsbedingten Schäden der ukrainischen Wirtschaft stieg die militärische Belastung (Militärausgaben im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt) von 3,2 Prozent im Jahr 2021 auf 34 Prozent des BIP 2022.

Militaerausgaben2022-Anteil-am-Bip.
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© Rita Boettcher

3 Europas Angst vor Moskau

Die Militärausgaben der mittel- und westeuropäischen Staaten beliefen auf 345 Milliarden Dollar. Damit übersteigen sie zum ersten Mal die Zahlen von 1989, als der Kalte Krieg zu Ende ging, und waren 30 Prozent höher als noch vor zehn Jahren.

„Russlands Angriff auf die Ukraine hatte unmittelbare Auswirkungen auf die Entscheidungen über Militärausgaben in Mittel- und Westeuropa“, erklärt Dr. Diego Lopes da Silva, leitender Forscher bei Sipri, dem Tagesspiegel. Einige Regierungen hätten sogar Ausgabenpläne über mehrere Jahre angestoßen. „Infolgedessen können wir erwarten, dass die Militärausgaben in Mittel- und Westeuropa in den kommenden Jahren weiter ansteigen werden.“

Einige der stärksten Anstiege wurden seit Kriegsbeginn in Finnland (+36 Prozent), Litauen (+27 Prozent), Schweden (+12 Prozent) und Polen (+11 Prozent) registriert – alles Länder mit einer Nähe zu Russland. Die Besorgnis über die russische Aggression bestünde allerdings schon länger, sagt der Rüstungsexperte Lorenzo Scarazzato. „Viele ehemaligen Ostblockstaaten haben ihre Militärausgaben seit 2014, dem Jahr, in dem Russland die Krim annektierte, mehr als verdoppelt.“

4 Spannungen in Ostasien: China und Japan legen zu

Asien und Ozeanien gaben 575 Milliarden Dollar für Militär und Verteidigung aus, was einem Zuwachs von 45 Prozent im Vergleich zu 2013 entspricht.

Vor allem China sticht hervor: Die Militärausgaben der Volksrepublik steigen seit 28 Jahren kontinuierlich an. Mit schätzungsweise 292 Milliarden Dollar bleibt sie damit auf Platz zwei des internationalen Rankings. Das sind 4,2 Prozent mehr als im Jahr 2021 und 63 Prozent mehr als im Jahr 2013.

Japans Militärausgaben stiegen zwischen 2021 und 2022 um 5,9 Prozent und erreichten mit 46,0 Milliarden den höchsten Stand seit 1960. Ein Grund ist hierfür die neue nationale Sicherheitsstrategie, die 2022 veröffentlicht wurde. Sie enthält ehrgeizige Pläne, die militärischen Fähigkeiten in den kommenden zehn Jahren zu erhöhen, um der wachsenden Bedrohung durch China, Nordkorea und Russland zu begegnen.

„Japan durchläuft einen tiefgreifenden Wandel in seiner Militärpolitik“, sagt der Forscher Xiao Liang. „Die Beschränkungen, die sich das Land in der Nachkriegszeit für seine Militärausgaben und militärischen Fähigkeiten auferlegt hat, scheinen sich zu lockern.“

5 Saudi-Arabien steckt Geld fürs Öl ins Militär

In Saudi-Arabien sind die Ausgaben 2022 erstmals seit 2018 gestiegen. König Salman gab 75 Milliarden US-Dollar für sein Militär aus. Die Ausgaben gingen zwischen 2015 und 2022 um 23 Prozent zurück. Diese volatilen Entwicklungen sind Sipri zufolge zumindest teilweise auf die Schwankungen der Ölpreise auf dem internationalen Markt zurückzuführen.

6 USA sind und bleiben der größte Investor

Mit 39 Prozent ist das Militär- und Verteidigungsbudget der USA das größte der Welt. Die Regierung von Präsident Joe Biden gibt mit 877 Milliarden Dollar dreimal so viel aus wie China als zweitgrößter Geldgeber. Dazu schreiben die Forscher bei Sipri: „Selbst bei anhaltend hoher Inflation werden die Vereinigten Staaten in den kommenden Jahren das Land mit den höchsten Militärausgaben der Welt bleiben.“

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