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20 Punkte, um den Gazakrieg zu beenden: Das steht in Trumps Friedensplan
Ein Plan mit 20 Punkten soll den Weg aus dem Blutvergießen im Gazakrieg weisen. Kann die Initiative des US-Präsidenten Erfolg haben? Und welche Rolle spielt Tony Blair in dem Ganzen?
Stand:
In 20 Schritten will US-Präsident Donald Trump den seit fast zwei Jahren andauernden Gazakrieg beenden. Am Montag (Ortszeit) stellten er und der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu im Weißen Haus diesen ambitionierten Plan vor.
Zuvor hatten die beiden Staatsmänner mit Katars Regierungschef Scheich Mohammed bin Abdulrahman al-Thani telefoniert, wie verschiedene israelische Medien berichten. Der Wüstenstaat ist einer der wichtigsten Vermittler zwischen Israel und der Hamas. In dem Gespräch am Montag soll sich Netanjahu für die Luftschläge auf Hamas-Funktionäre in der katarischen Hauptstadt Doha Anfang September entschuldigt haben.
Es handele sich um „einen großen Tag, vielleicht einen der größten Tage in der Geschichte der Zivilisation“, sagte Trump am Montag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Netanjahu. Man sei dem Frieden „mehr als sehr nahe“.
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Israels Regierungschef erklärte seine Unterstützung für den Plan. Auch die Außenminister Saudi-Arabiens, Jordaniens, der Vereinigten Arabischen Emirate, Katars und Ägyptens begrüßten in einer gemeinsamen Erklärung Trumps Vorhaben; ebenso wie die Türkei, Indonesien und Pakistan.

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Ein Hamas-Vertreter sagte der Nachrichtenagentur Reuters, man habe den Vermittlern mitgeteilt, dass der Friedensplan „in gutem Glauben“ geprüft werde.
Dem widersprach ein anderer Vertreter der islamistischen Organisation: Mahmoud Mardawi sagte dem katarischen Staatssender Al-Jazeera, keine Einheit der Hamas habe den Plan erhalten, und forderte, ihn für eine Prüfung schriftlich zu bekommen.
Trotz des unermesslichen Leids, das der von der Hamas mit dem Massaker in Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöste Gazakrieg über die eigene Bevölkerung gebracht hat, hat die Terrorgruppe bislang auf ihren Bedingungen für ein Kriegsende beharrt. Eine geforderte Niederlegung der Waffen lehnte sie bisher strikt ab, ebenso wie einen Gang der Hamas-Führung ins Exil. Dies aber fordert der 20-Punkte-Plan der USA.
Auch einige Punkte, wie der vollständige Rückzug der israelischen Streitkräfte aus Gaza und die Aussicht auf einen Prozess für einen eigenen palästinensischen Staat, dürften bei Netanjahus rechtsextremen Koalitionspartnern auf Widerstand stoßen.
Hier lesen Sie den 20-Punkte-Plan für Gaza in Übersetzung:
1.
Gaza wird eine deradikalisierte, terrorfreie Zone sein, die keine Bedrohung für ihre Nachbarn darstellt.
2.
Gaza wird zum Wohle der Bevölkerung von Gaza, die mehr als genug gelitten hat, neu aufgebaut werden.

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3.
Wenn beide Seiten diesem Vorschlag zustimmen, wird der Krieg sofort beendet. Die israelischen Streitkräfte werden sich auf die vereinbarte Linie zurückziehen, um die Freilassung der Geiseln vorzubereiten. Während dieser Zeit werden alle militärischen Operationen, einschließlich Luft- und Artillerieangriffen, ausgesetzt und die Frontlinien werden eingefroren, bis die Bedingungen für den vollständigen schrittweisen Rückzug erfüllt sind.
4.
Innerhalb von 72 Stunden, nachdem Israel diese Vereinbarung öffentlich akzeptiert hat, werden alle Geiseln, lebende und verstorbene, zurückgebracht.
5.
Sobald alle Geiseln freigelassen sind, wird Israel 250 zu lebenslanger Haft verurteilte Gefangene sowie 1700 Palästinenser freilassen, die nach dem 7. Oktober 2023 inhaftiert wurden, darunter alle in diesem Zusammenhang inhaftierten Frauen und Kinder. Für jede israelische Geisel, deren sterbliche Überreste freigegeben werden, wird Israel die sterblichen Überreste von 15 verstorbenen Palästinensern freigeben.
6.
Sobald alle Geiseln zurückgekehrt sind, werden Hamas-Mitglieder, die sich zu friedlicher Koexistenz und zur Abgabe ihrer Waffen verpflichten, amnestiert. Hamas-Mitglieder, die den Gazastreifen verlassen möchten, erhalten sicheren Zugang zu den Aufnahmeländern.
7.
Nach Annahme dieser Vereinbarung wird die gesamte Hilfe unverzüglich in den Gazastreifen geschickt. Die Hilfsgütermenge entspricht mindestens dem, was in der Vereinbarung vom 19. Januar 2025 über humanitäre Hilfe festgelegt wurde.

© Reuters/Mahmoud Issa
Dies schließt die Wiederherstellung der Infrastruktur (Wasser, Strom, Abwasser), Instandsetzung von Krankenhäusern und Bäckereien sowie Einfuhr der notwendigen Ausrüstung zur Beseitigung von Trümmern und zur Öffnung von Straßen ein.
8.
Die Verteilung von Hilfsgütern im Gazastreifen wird ohne Einmischung der beiden Parteien über die Vereinten Nationen und ihre Organisationen, den Roten Halbmond sowie andere internationale Institutionen erfolgen, die in keiner Weise mit einer der beiden Parteien in Verbindung stehen. Die Öffnung des Grenzübergangs Rafah in beide Richtungen unterliegt denselben Mechanismen, die im Rahmen des Abkommens vom 19. Januar 2025 umgesetzt wurden.
9.
Der Gazastreifen wird unter der vorübergehenden Übergangsregierung eines technokratischen, unpolitischen palästinensischen Komitees stehen, das für die tägliche Verwaltung der öffentlichen Dienste und Gemeinden für die Bevölkerung im Gazastreifen verantwortlich ist.
Dieses Komitee wird sich aus qualifizierten Palästinensern und internationalen Experten zusammensetzen und von einem neuen internationalen Übergangsgremium, dem „Board of Peace“, beaufsichtigt und überwacht werden, dessen Vorsitz Präsident Donald J. Trump übernehmen wird.

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Weitere Mitglieder und Staatschefs, darunter der ehemalige Premierminister Tony Blair, werden noch bekannt gegeben. Dieses Gremium wird den Rahmen und die Finanzierung für den Wiederaufbau des Gazastreifens festlegen. Dies gilt, bis die Palästinensische Autonomiebehörde ihr Reformprogramm abgeschlossen hat, wie es in verschiedenen Vorschlägen, darunter Präsident Trumps Friedensplan von 2020 und dem saudisch-französischen Vorschlag, dargelegt ist, und die Kontrolle über den Gazastreifen sicher und effektiv zurückgewinnen kann.
Dieses Gremium wird sich auf die besten internationalen Standards stützen, um eine moderne und effiziente Regierungsführung zu schaffen, die den Menschen im Gazastreifen dient und Investitionen anzieht.
10.
Ein Wirtschaftsentwicklungsplan von Trump zum Wiederaufbau und zur Belebung des Gazastreifens wird durch die Einberufung einer Expertengruppe erstellt, die bereits zur Entstehung einiger florierender, moderner und magischer Städte im Nahen Osten beigetragen hat. Viele durchdachte Investitionsvorschläge und spannende Entwicklungsideen wurden von wohlmeinenden internationalen Gruppen ausgearbeitet.

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Sie werden berücksichtigt, um entsprechende Sicherheits- und Regierungsstrukturen aufzubauen, die diese Investitionen – welche Arbeitsplätze, Chancen und Hoffnung für die Zukunft des Gazastreifens schaffen werden – anziehen und erleichtern.
11.
Es wird eine Sonderwirtschaftszone mit bevorzugten Zoll- und Zugangsgebühren eingerichtet, die mit den teilnehmenden Ländern ausgehandelt werden.
12.
Niemand wird gezwungen werden, den Gazastreifen zu verlassen, und diejenigen, die dies wünschen, können frei gehen und zurückkehren. Wir werden die Menschen ermutigen, zu bleiben, und ihnen die Möglichkeit bieten, einen besseren Gazastreifen aufzubauen.
13.
Die Hamas und andere Fraktionen erklären sich damit einverstanden, weder direkt noch indirekt oder in irgendeiner anderen Form an der Regierung des Gazastreifens mitzuwirken.
Alle militärischen, terroristischen Infrastrukturen, die dem Kampf dienen, einschließlich Tunnel und Waffenproduktionsstätten, werden zerstört und nicht wieder aufgebaut. Es wird einen Prozess der Entmilitarisierung des Gazastreifens unter der Aufsicht unabhängiger Beobachter geben.
Dieser umfasst eine dauerhafte Unbrauchbarmachung von Waffen und wird durch ein international finanziertes Rückkauf- und Wiedereingliederungsprogramm unterstützt, das ebenfalls von den unabhängigen Beobachtern überprüft wird. Der neue Gazastreifen wird sich voll und ganz für den Aufbau einer prosperierenden Wirtschaft und die friedliche Koexistenz mit seinen Nachbarn einsetzen.
14.
Die regionalen Partner werden eine Garantie dafür geben, dass die Hamas und die anderen Fraktionen ihren Verpflichtungen nachkommen und dass das neue Gaza keine Bedrohung für seine Nachbarn oder seine Bevölkerung darstellt.
15.
Die Vereinigten Staaten werden gemeinsam mit arabischen und internationalen Partnern eine vorübergehende internationale Stabilisierungstruppe (ISF) aufbauen, die unverzüglich in Gaza stationiert werden soll. Die ISF wird geprüfte palästinensische Polizeikräfte in Gaza ausbilden und unterstützen und sich mit Jordanien und Ägypten beraten, die über umfangreiche Erfahrungen in diesem Bereich verfügen.
Diese Truppe wird die langfristige Lösung für die innere Sicherheit darstellen. Die ISF wird mit Israel und Ägypten zusammenarbeiten, um gemeinsam mit den neu ausgebildeten palästinensischen Polizeikräften zur Sicherung der Grenzgebiete beizutragen. Es ist von entscheidender Bedeutung, den Eingang von Munition nach Gaza zu verhindern und den schnellen und sicheren Warenfluss für den Wiederaufbau und die Wiederbelebung Gazas zu erleichtern. Die Parteien werden sich auf einen Mechanismus zur Konfliktvermeidung einigen.
16.
Israel wird den Gazastreifen nicht besetzen oder annektieren. Sobald die ISF Kontrolle und Stabilität hergestellt hat, wird sich das [israelische Militär] auf der Grundlage von Standards und etappenweise mithilfe von Zeitplänen zur Entmilitarisierung zurückziehen. Diese werden zwischen dem [israelischen Militär], der ISF, den Bürgen und den Vereinigten Staaten vereinbart mit dem Ziel, einen sicheren Gazastreifen zu schaffen, der keine Bedrohung mehr für Israel, Ägypten oder seine Bürger darstellt.

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In der Praxis wird das [israelische Militär] das von ihm besetzte Gebiet des Gazastreifens schrittweise an die ISF übergeben, was gemäß einer Vereinbarung mit der Übergangsbehörde erfolgt. Ziel ist der vollständige Rückzug aus dem Gazastreifen, mit Ausnahme einer Sicherheitspräsenz, die so lange bestehen bleibt, bis der Gazastreifen ausreichend vor einer erneuten Terrorgefahr geschützt ist.
17.
Sollte die Hamas diesen Vorschlag verzögern oder ablehnen, werden die oben genannten Maßnahmen, einschließlich der verstärkten Hilfsmaßnahmen, in den terrorfreien Gebieten durchgeführt, die von der israelischen Armee an die ISF übergeben wurden.
18.
Es wird ein interreligiöser Dialogprozess auf der Grundlage der Werte Toleranz und friedlicher Koexistenz eingerichtet, um zu versuchen, die Denkweisen und Narrative der Palästinenser und Israelis zu ändern, indem die Vorteile hervorgehoben werden, die sich aus dem Frieden ergeben können.
19.
Wenn der Wiederaufbau des Gazastreifens voranschreitet und das Reformprogramm der Palästinensischen Autonomiebehörde gewissenhaft umgesetzt wird, könnten endlich die Voraussetzungen für einen glaubwürdigen Weg zur Selbstbestimmung und Staatlichkeit der Palästinenser geschaffen werden, die wir als das Bestreben des palästinensischen Volkes anerkennen.
20.
Die Vereinigten Staaten werden einen Dialog zwischen Israel und den Palästinensern einleiten, um sich auf einen politischen Horizont für ein friedliches und prosperierendes Zusammenleben zu einigen. (mit Reuters)
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