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Putin und Trump.

© AFP/ANDREW CABALLERO-REYNOLDS

Update

Halbierte Armee, Gebiets­abtretungen, Russisch als Staatssprache: Das ist bisher über Washingtons neuen Friedensplan für die Ukraine bekannt

Die USA und Russland sollen heimlich an Bedingungen für ein Ende des Ukrainekriegs gearbeitet haben. Kiew blieb dabei offenbar außen vor. Das Weiße Haus bezeichnet das Ergebnis als einen „guten Plan“.

Stand:

Die USA haben deutsche und europäische Bedenken an dem Friedensplan für die Ukraine zurückgewiesen. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, sagte am Donnerstag in Washington: „Es ist ein guter Plan, sowohl für Russland als auch für die Ukraine.“ Präsident Donald Trump unterstütze den Vorschlag, den sein Sondergesandter Steve Witkoff und Außenminister Marco Rubio ausgearbeitet hätten.

Leavitt sagte weiter, der Plan sollte nach Überzeugung der US-Regierung „für beide Seiten akzeptabel sein“. Zu inhaltlichen Details äußerte sie sich nicht.

Leavitt bekräftigte, Trump sei „zunehmend frustriert“ über die „Weigerung“ Russlands wie der Ukraine, sich auf ein Friedensabkommen einzulassen. Nach ihren Angaben hatten der Sondergesandte Witkoff und Außenminister Rubio den Plan deshalb in den vergangenen Monaten stillschweigend ausgearbeitet. Sie hätten sich dafür „gleichermaßen mit beiden Seiten – Russland und der Ukraine – auseinandergesetzt“, betonte die Sprecherin.

Zuvor hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj offiziell den in den USA ausgearbeiteten Plan für eine Friedenslösung im Krieg mit Russland erhalten. Medienberichten zufolge traf er sich dazu mit einer US-Delegation in Kiew.

„Im Ergebnis des heutigen Treffens haben wir vereinbart, an den Punkten des Plans so zu arbeiten, dass dies zu einem würdigen Ende des Krieges führt“, teilte das Präsidentenbüro bei Telegram mit. Die Ukraine strebe seit Kriegsbeginn Frieden an und werde jeden inhaltlichen Vorschlag unterstützen, der einen „realen Frieden“ näherbringt, heißt es. Selenskyj hoffe zudem auf ein baldiges Gespräch mit Trump für eine Diskussion der Hauptpunkte. Details des Plans wurden ebenfalls nicht genannt.

Ein ranghoher ukrainischer Vertreter hatte sich allerdings gegenüber der Nachrichtenagentur AFP zum Entwurf geäußert. Seinen Angaben zufolge sieht der Plan unter anderem eine Abtretung der von Russland kontrollierten Gebiete, darunter die Krim, und eine deutliche Verkleinerung der ukrainischen Armee vor.

Englischsprachige Medien hatten zuvor über Geheimgespräche zwischen Moskau und Washington über einen Ukraine-Friedensplan berichtet. Wie das US-Portal „Axios“ unter Berufung auf US-amerikanische und russische Beamte berichtet, ist der heimlich von den USA und Russland ausgearbeitete 28-Punkte-Plan von Trumps Friedensabkommen für Gaza inspiriert.

Washington drängt die ukrainische Regierung den Berichten zufolge, die Kernpunkte des von den USA ausgearbeiteten Entwurfs zu akzeptieren. Der Entwurf soll weitgehend den bisher bekannten russischen Forderungen entsprechen, schreibt die „Financial Times“ und sich sogar mit einem russischen Friedensvorschlag von 2022 decken. Ein ukrainischer Offizieller erklärte gegenüber der „New York Times“, dass der Plan für Kiew „nicht akzeptabel“ sei.

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Ein weiterer ukrainischer Beamter sagte: „Dieser Plan würde eine komplette Kapitulation der Ukraine bedeuten und Selenskyj ist nicht gewillt, dem zuzustimmen.“ Vor allem die Abtretung von Gebieten, die Russland noch nicht erobert hat, und die Verkleinerung der Armee gelten in Kiew als inakzeptabel.

„Der Plan zielt darauf ab, beiden Seiten Sicherheitsgarantien zu geben, um einen dauerhaften Frieden zu sichern. Er enthält das, was die Ukraine will und braucht, um einen dauerhaften Frieden zu erreichen“, sagte ein Sprecher des Weißen Hauses gegenüber NBC News.

Offiziell hielten sich die Spitzen der US-Regierung in Sachen Ukraine zuletzt zurück. Vergangene Woche erklärte Vizepräsident JD Vance, dass Russland Forderungen aufgestellt habe, denen die Ukraine nicht zustimmen könne, und das sei der Stand. Präsident Trump erklärte erst am Mittwoch, dass er „ein klein wenig unzufrieden“ mit dem russischen Staatschef Putin sei.

Armee auf dem Rückzug und ein Korruptionsskandal – Ukraine doppelt in Schwierigkeiten

Die Wiederannäherung zwischen Washington und Moskau trifft die Ukraine in einem doppelt ungünstigen Moment. An der Front im Osten ist der Fall der lange umkämpften Stadt Pokrowsk nur noch eine Frage der Zeit. Auch weiter südlich hat die ukrainische Armee Stellungen räumen müssen. 

Innenpolitisch steht Selenskyj unter Druck wegen eines Korruptionsskandals, der bis in sein Umfeld reicht. Zwei Minister mussten bislang zurücktreten. Nach Selenskys Rückkehr von einer Auslandsreise werden für heute weitere Gespräche in Parlament und Regierung über personelle Konsequenzen erwartet. In Kiew wird auch über eine Entlassung von Andrij Jermak diskutiert, der als Leiter des Präsidentenbüros als mächtig gilt.

Offiziell sieht der Kreml mit Blick auf Berichte über den US-Friedensplan für die Ukraine keine neuen Entwicklungen. Die Kontakte mit den USA liefen zwar weiter, sagt Sprecher Dmitri Peskow. Seit dem Gipfeltreffen von Präsident Wladimir Putin mit dem US-Präsidenten im August gebe es jedoch nichts Neues zu verkünden.

Unterhändler Witkoff und Dmitriev erarbeiteten den Plan

Laut „Axios“ ist Trumps Gesandter Steve Witkoff verantwortlich für die Ausarbeitung des Plans. Er soll ihn bereits ausführlich mit dem russischen Gesandten Kirill Dmitriev besprochen haben, wie ein US-Beamter dem US-Portal mitteilte. Beteiligt an der Ausarbeitung waren zudem US-Vize Vance, Außenminister Marco Rubio und Trumps Schwiegersohn Jared Kushner.

Dmitriev selbst leite Russlands Staatsfonds und sei intensiv in die Diplomatie rund um den Ukrainekrieg involviert, habe er am Montag in einem Interview mit „Axios“ gesagt. Er habe Ende Oktober drei Tage lang mit Witkoff und anderen Mitgliedern aus Trumps Team in Miami zusammengesessen.

Kirill Dmitriev während eines Treffens mit Russlands Staatschef Wladimir Putin

© Imago/Itar-Tass/Mikhail Metzel

Dmitriev sagte „Axios“, der Plan setze hauptsächlich die Vorschläge um, auf die sich Trump und Putin im August in Alaska geeinigt hätten. Es gehe darum, den Ukraine-Konflikt zu lösen, aber auch darum, die Beziehungen zwischen den USA und Russland wiederherzustellen, Russlands Sicherheitsbedenken zu berücksichtigen und dauerhafte Sicherheit in Europa zu erreichen.

Ziel sei es nun, ein Dokument für einen Gipfel zwischen Trump und Putin auszuarbeiten. Konkrete Pläne für ein solches Treffen – etwa in Budapest – liegen demnach aber weiter auf Eis.

Dmitriev äußerte sich zuversichtlich zu den Erfolgsaussichten des Plans, „da wir das Gefühl haben, dass die russische Position wirklich Gehör findet“, wird er zitiert. Inwieweit das auch auf ukrainische Positionen zutrifft, ist unklar. Ein ukrainischer Beamter sagte dem US-Portal nur: „Wir wissen, dass die Amerikaner an etwas arbeiten.“

Trumps Sondergesandter schmeißt hin

Aus Washington kam am Mittwoch noch eine weitere schlechte Nachricht für Kiew: Laut Medienberichten schmeißt der Ukraine-Sondergesandte von US-Präsident Donald Trump, Keith Kellogg, hin. Sein Abgang wäre ein schmerzhafter Verlust für Kiew, da der pensionierte Generalleutnant als wichtiger Fürsprecher der Ukraine in der Trump-Regierung gilt. Europäische Diplomaten schätzten ihn als offenes Ohr in einer Regierung, die zeitweise Moskaus Sicht auf die Ursprünge des Ukraine-Krieges zuneigte. 

Einer der Ukraine-Freunde in der US-Regierung geht: Das Foto zeigt eine Umarmung zwischen Andrij Jermak (l.), dem Leiter des ukrainischen Präsidialamtes, und Kellogg im Juli in der Ukraine.

© dpa/Uncredited

Kellogg geriet wohl in Konflikt mit Witkoff, dessen Positionen er als zu russlandfreundlich empfand. Kellogg fühlte sich nach eigener Aussage aus dem Friedensprozess ausgeschlossen.

In einer weiteren bemerkenswerten Aktion hat die Trump-Regierung zudem eine Pentagon-Delegation unter der Leitung von US-Heeresminister Den Driscoll nach Kiew entsandt, um Gespräche über ein mögliches Ende des Krieges wieder aufzunehmen. Zur Delegation gehören demnach außerdem General Randy George, Stabschef der US-Armee, sowie General Chris Donahue, Befehlshaber der US-Armee in Europa.

Nach Informationen der Zeitung plant die Delegation Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten, Regierungsvertretern, dem Militär und der ukrainischen Rüstungsindustrie. Im Anschluss an die Gespräche in Kiew will Driscoll auch Gespräche mit russischen Regierungsvertretern führen, da in Washington davon ausgegangen wird, dass der Kreml bei einer Einbindung der Militärführung eher zu einem Dialog bereit sein könnte.

In den europäischen Hauptstädten war von dem Plan wenig bekannt. Aus EU-Kreisen in Brüssel hieß es, dass es Gespräche der USA mit beiden Kriegsparteien gebe, den neuen Plan habe man aber noch nicht gesehen. Aktuell scheine eher Russland ein Interesse an der Verbreitung solcher Nachrichten zu haben. Es sei eine Art Ablenkungsmanöver, denn der Druck durch die US-Sanktionen gegen die russische Ölindustrie sei gewachsen.

Das Nachrichtenportal „Politico“ zitierte einen nicht genannten Vertreter der Trump-Administration mit der Einschätzung, dass Selenskyj unter dem Druck innen und an der Front einlenken müsse. Die gemachten Vorschläge seien vernünftig. Auf die europäischen Verbündeten sei dabei kaum Rücksicht genommen worden. 

Deutschland wurde über den Plan offenbar „nicht gebrieft“

Auch Deutschland ist laut Bundesaußenminister Johann Wadephul „nicht gebrieft“ worden, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch vor Journalisten in Berlin. Er verwies auf die „laufenden Anstrengungen aller internationalen Partner, endlich dafür zu sorgen, dass Präsident Putin an den Verhandlungstisch kommt“, sagte er. So verstehe er auch die derzeit stattfindenden „gemeinsamen Treffen“ in Istanbul „und alles, was in diese Richtung führt“, fügte Wadephul hinzu und bekräftigte: „Das unterstützen wir selbstverständlich.“

Allerdings konzentriere sich Deutschland darauf, „die Ukraine zu unterstützen“. Damit wolle die Bundesregierung Putin „auch ganz direkt“ klarmachen, „dass es keine Alternative zu einem Verhandlungsprozess gibt“. Deutschland werde „militärisch, politisch und wirtschaftlich dauerhaft an der Seite der Ukraine stehen“, betonte der Minister.

Ein Sprecher des britischen Außenministeriums erklärte, London teile das Ziel des US-Präsidenten, den Krieg zu beenden. Russland könne dies bereits morgen tun, indem es seine Truppen abziehe. (Mit Agenturen)

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