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Haushaltsdefizite in der Währungsunion: Staatsfinanzen einiger EU-Ländern bereiten Lindner Sorgen
FDP-Politiker Christian Lindner äußerte sich besorgt über die Staatsverschuldung einiger EU-Länder. Der Bundesfinanzminister richtet seinen Blick vor allem auf Frankreich und zeigt sich offen für eine Neuausrichtung des EU-Haushalts.
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Bundesfinanzminister Christian Lindner hat Sorge über die Staatsfinanzen in einigen EU-Ländern geäußert und sucht das Gespräch mit Frankreich. „Die Währungsunion braucht den Respekt vor den gemeinsamen Fiskalregeln“, sagte der FDP-Politiker am Montag am Rande des Eurogruppen-Treffens in Luxemburg. Es gelte, die Defizite zu reduzieren und auch die Staatsschuldenquoten.
Bezogen auf die Lage in Frankreich wolle er zunächst die Gelegenheit nutzen, seinen Kollegen persönlich zu sprechen. Man habe bisher nur telefoniert. „Aber wir alle sollten uns klar sein: Mit der Glaubwürdigkeit der Staatsfinanzen gegenüber den Kapitalmärkten, da ist nicht zu spaßen.“ Defizite und Verschuldung müssten glaubwürdig reduziert werden. Dies sei die Basis, um sich weiter gut und stabil finanzieren zu können.
Frankreich droht in diesem Jahr ein Haushaltsdefizit von mehr als sechs Prozent. Ministerpräsident Michel Barnier hat Steuererhöhungen für reiche Privatpersonen und große Unternehmen angekündigt. Ausländische Investoren halten etwa die Hälfte der französischen Staatsschulden, ein deutlich höherer Anteil als bei anderen EU-Staaten wie Deutschland, Italien und Spanien.
Eine Steuererhöhung wäre eine Kehrtwende. Frankreich hat während der bisherigen Amtszeit von Präsident Emmanuel Macron die Steuern für große Unternehmen gesenkt.
Macron hat Insidern zufolge bei einem Treffen mit hochrangigen US-Bankern um Verständnis für die Haushaltsprobleme des EU-Landes geworben. Der ehemalige Investmentbanker Macron habe bei dem Treffen mit 13 Financiers am 24. September - während der UN-Generaldebatte - auch über die Möglichkeit von Steuererhöhungen gesprochen.
Lindner offen für eine Neuausrichtung des EU-Haushalts
Der Bundesfinanzminister hat sich grundsätzlich offen für eine Neuausrichtung des EU-Haushalts gezeigt. „Wir brauchen einen EU-Haushalt, der Zukunft finanziert und nicht nur Strukturen konserviert“. Zur Bedingung machte er unter anderem einen Abbau aufgenommener Schulden.
Die Zahlungsverpflichtungen aus dem milliardenschweren Corona-Hilfsfonds der EU müssten weiter Berücksichtigung finden, betonte Lindner. Deutschland sei zudem „wichtig, dass unsere nationalen Beiträge kalkulierbar bleiben“.
Lindner zeigte sich gespannt auf die Vorschläge der EU-Kommission, die er in einigen Monaten erwarte. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ („FAZ“, Montagsausgabe) hatte unter Berufung auf ein internes Dokument berichtet, die EU-Kommission wolle den europäischen Haushalt radikal umbauen.
Dem Bericht zufolge sollen die Agrar- und die Regionalförderhilfen als bisher größte EU-Budgetposten künftig wegfallen. Sie machen momentan jeweils ein Drittel des Haushalts von zuletzt rund 140 Milliarden Euro im Jahr aus. Stattdessen solle der Großteil des Budgets als eine Art Zuschuss zum nationalen Haushalt an die EU-Staaten überwiesen werden.
Im Gegenzug sollen die Mitgliedsländer demnach politische Reformen umsetzen. Vorbild ist dem Bericht zufolge der Corona-Aufbaufonds, den die EU 2021 in Reaktion auf die damalige Wirtschaftskrise geschaffen hatte.
Parallel dazu soll laut der „FAZ“ ein Europäischer Fonds für Wettbewerbsfähigkeit entstehen, in dem alle bisher im weitesten Sinne dafür vorgesehenen Mittel und Fonds aufgehen. Das wäre das Weltraumprogramm ebenso wie das Forschungsprogramm „Horizon“ oder der Europäische Verteidigungsfonds. Der Umbau soll Teil des Vorschlags für den nächsten mehrjährigen EU-Haushalt 2028 bis 2034 sein. (Reuters, AFP)
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