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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bei einem Besuch von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock

© Imago/Photothek/Dominik Butzmann

Update

„Kein Diktatfrieden“ nach Trumps Vorstoß: Europäer dringen auf Beteiligung an Verhandlungen zur Ukraine

Nach den Gesprächen von US-Präsident Trump mit Putin und Selenskyj sind die Reaktionen aus Europa deutlich. Nato-Chef Rutte fordert einen „dauerhaften“ Frieden. Ein Überblick.

Stand:

Nach dem Telefonat zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem russischen Kollegen Wladimir Putin haben die Außenminister mehrerer europäischer Staaten auf die Beteiligung Europas an den Friedensverhandlungen zur Ukraine gepocht.

„Die Ukraine und Europa müssen Teil jeglicher Verhandlungen sein“, erklärten die Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Polens, Großbritanniens, Spaniens, Italiens sowie der Europäische Auswärtige Dienst und die EU-Kommission am Mittwochabend in einer gemeinsamen Mitteilung.

„Ein gerechter und dauerhafter Frieden in der Ukraine ist eine notwendige Voraussetzung für eine starke transatlantische Sicherheit“, hieß es mit Blick auf die künftige Zusammenarbeit mit den USA weiter. Die europäischen Chefdiplomaten erklärten weiter, sie freuten sich auf die Gespräche mit den „amerikanischen Verbündeten“ über das weitere Vorgehen mit Blick auf die Ukraine. Es sollte das „gemeinsame Ziel“ sein, „die Ukraine in eine Position der Stärke zu versetzen“.

Ukraine-Krieg: Nato-Chef fordert „dauerhaften“ Frieden

„Der Ukraine sollten starke Sicherheitsgarantien gewährt werden“, erklärten die Außenminister weiter und fügten an: „Wir erinnern daran, dass die Sicherheit des europäischen Kontinents in unserer gemeinsamen Verantwortung liegt. Deshalb arbeiten wir zusammen, um unsere kollektiven Verteidigungsfähigkeiten zu stärken.“

Die Minister ließen aber auch die Bereitschaft zu zusätzlicher Verantwortung für die Ukraine erkennen. In der Erklärung hieß es: „Wir sind bereit, unsere Unterstützung für die Ukraine zu verstärken. Wir setzen uns angesichts des russischen Angriffskrieges für ihre Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität ein.“

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock bekräftigte das im „Deutschlandfunk“. „Es darf keine Gespräche über die Köpfe der Ukraine hinweg geben. Es geht um den europäischen Frieden. Deswegen müssen wir Europäer daran beteiligt werden“, sagte sie. Die Ukraine brauche zudem starke Sicherheitsgarantien. Baerbock räumte ein, dass Europa die USA dabei nicht ersetzen könne.

Auch Nato-Generalsekretär Mark Rutte forderte eine „enge Beteiligung“ der Ukraine an möglichen Verhandlungen. Zudem müsse eine Friedensvereinbarung „dauerhaft“ sein, sagte er bei einem Treffen der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel.

Die nächste Aufgabe ist sicherzustellen, dass es hier keinen Diktatfrieden gibt.

Bundeskanzler Olaf Scholz

Bundeskanzler Olaf Scholz warnte vor zu großer Nachgiebigkeit gegenüber Moskau. „Die nächste Aufgabe ist sicherzustellen, dass es hier keinen Diktatfrieden gibt”, sagte Scholz im „Berlin Playbook Podcast” des Nachrichtenmagazins „Politico“. Die Ukraine müsse „auch nach dem Friedensschluss“ eine Möglichkeit haben, sich zu entwickeln. Und sie müsse „eine starke Armee” haben, die größer sein werde als vor dem Krieg, ausgestattet auch mit westlichen Waffen.

Die USA müssten dabei immer einbezogen werden. „Ganz klar für mich ist, dass es keine Lösung geben darf, die nicht zugleich auch Lösungen sind, an denen die USA beteiligt ist”, sagte der SPD-Politiker weiter. Die transatlantische Einheit müsse „immer gewährleistet werden”.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius kritisierte die US-Strategie. Er nannte es am Donnerstag am Rande des Nato-Rats in Brüssel „bedauerlich“, dass die Trump-Regierung gegenüber Putin „vor Beginn von Verhandlungen öffentlich Zugeständnisse gemacht“ habe. „Aus meiner Sicht wäre es besser gewesen, über eine mögliche Nato-Mitgliedschaft der Ukraine oder über mögliche Gebietsverluste erst am Verhandlungstisch zu sprechen“, fügte Pistorius hinzu.

Trump telefoniert mit Selenskyj – und Putin

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuvor ein Telefonat mit US-Präsident Trump bestätigt und erklärt, mit ihm über Optionen für Friedensverhandlungen gesprochen zu haben. „Wir haben lange über mögliche Wege zur Erreichung von Frieden gesprochen“, erklärte Selenskyj am Mittwoch im Onlinedienst X. Trump habe ihn in dem „langen“ und „sehr gehaltvollen“ Gespräch zudem über „Einzelheiten seines Gesprächs mit Putin“ unterrichtet, fügte Selenskyj an.

Er habe mit Trump „viele Aspekte“ besprochen, „diplomatische, militärische, wirtschaftliche“, sagte Selenskyj weiter. Er ergänzte: „Wir glauben, dass die Stärke Amerikas ausreicht – zusammen mit uns, zusammen mit all unseren Partnern –, um Russland und Putin zum Frieden zu drängen.“

Der Chef der ukrainischen Präsidialverwaltung, Andrij Jermak, sagte, Selenskyj habe „den Standpunkt der Ukraine bekräftigt, nämlich, dass es wichtig ist, dass dieser Krieg mit einem gerechten Frieden endet“.

Münchener Sicherheitskonferenz soll Startschuss sein

Zu Trumps Äußerungen in dem Telefonat sagte Jermak, der US-Präsident habe gesagt, er sei „fest entschlossen, alles zu tun, damit der Krieg Russlands gegen die Ukraine aufhört“. Trump und Selenskyj hätten vereinbart, dass ihre Teams „unverzüglich“ beginnen sollten, zusammenzuarbeiten, fügte Jermak an. Dieser „tägliche Arbeitsprozess“ werde nach der am kommenden Wochenende stattfindenden Münchner Sicherheitskonferenz beginnen.

Es werde „sehr bald“ ein persönliches Treffen Trumps mit Selenskyj geben. Die Ukraine werde aber weiterhin jeglichen Kompromiss zu ihrer Unabhängigkeit, territorialen Integrität und Souveränität ablehnen.

Trump hatte zuvor erklärt, vor dem Gespräch mit Selenskyj lange mit Putin telefoniert und den „unverzüglichen“ Beginn von Verhandlungen über die Zukunft der Ukraine vereinbart zu haben. Zudem vereinbarten beide Trump zufolge gegenseitige Besuche, später erklärte Trump, ein erstes Treffen sei in Saudi-Arabien geplant.

Für den Vize-Chef des russischen Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew, ist die Vereinbarung zwischen Putin und Trump ein Zeichen der Unbesiegbarkeit Russlands. „Es gibt kein und kann kein oberstes Land und keinen obersten Herrscher des Planeten geben“, sagte Medwedew. „Diese Lektion sollten die arroganten amerikanischen Eliten lernen.“ Der russische Ex-Präsident fügt hinzu: „Es ist unmöglich, uns in die Knie zu zwingen. Und je eher unsere Gegner das erkennen, desto besser.“ (AFP, dpa, Reuters)

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