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Bitte recht freundlich: Donald Trump und Ungarns Premier Viktor Orban. (Archivbild)

© imago images / Xinhua/Ting Shen

Keine Privilegien für Freunde : Trumps Verbündete in Mittel- und Osteuropa werden zu Leidtragenden seiner Politik

Ideologische Nähe garantiert kein Wohlwollen. Das lernen die Regierungschefs und Bürger in Mittel-und Osteuropa, die traditionell sehr US-freundlich eingestellt sind.

Ein Gastbeitrag von
  • Ferenc Németh
  • Peter Kreko

Stand:

Donald Trump hält in seiner zweiten Amtszeit Europa in Atem. Führende Politiker zeigen sich besorgt über die Folgen der Politik des US-Präsidenten für multilaterale Institutionen wie die Nato und das Schicksal der Ukraine. Doch insbesondere in Mittel- und Osteuropa sowie auf dem Balkan äußerten sich einige Regierungschefs optimistischer.

So schienen Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán, Serbiens Aleksandar Vucic und Milorad Dodik, nationalistischer Anführer der bosnischen Serben, dank ihrer ideologischen Verbundenheit auf noch engere Beziehungen zum neuen US-Präsidenten zu setzen.

Sie sahen ein „goldenes Zeitalter“ bilateraler Beziehungen kommen und sprachen offen darüber, wie ein von Trump geführtes Weißes Haus dazu beitragen würde, ihr Land „wieder großartig“ zu machen.

Saftige Zölle für vermeintlich Verbündete

Orban, Vucic und Dodik glaubten trotz Trumps Wahlkampfversprechen, die Zölle zu erhöhen, ihre Länder würden aufgrund ihrer Unterstützung ausgenommen oder bevorzugt behandelt.

Nun stehen sie da als Leidtragende eines neuen, geschäftsorientierten und imperialen Denkens in Washington, das große, einflussreiche Länder als ernst zu nehmende Partner ansieht, während anderen „keine Karten“ im Spiel eingeräumt werden.

Am 2. April, Trumps sogenanntem Tag der Befreiung, wurden dessen Verbündete nicht verschont. Serbien bekam einen saftigen Zollsatz von 37 Prozent auf Exporte aufgedrückt, den höchsten in der Region; Bosnien und Herzegowina eine Belastung von 35 Prozent.

Ungarn, dessen Regierungschef Orban weithin als Verbündeter des neuen Präsidenten gilt, werden aufgrund von EU-Mitgliedschaft und Wirtschaftsbeziehungen zu China und Russland voraussichtlich 20 Prozent auf Exportgüter auferlegt, wenn es in dieser Woche zu keiner Einigung im Zollstreit kommt.

All das ist eine bittere Erfahrung für die Länder Mittel- und Osteuropa sowie des Balkans, die von einer privilegierten Beziehung zu Trump und den USA ausgingen.

Washington kritisiert nationale Machtspiele

Dass diese Länder nicht mit Samthandschuhen angefasst werden, wurde auch offensichtlich, als US-Außenminister Marco Rubio prompt und unmissverständlich die separatistischen Gesetze verurteilte, mit denen Dodik die verfassungsmäßige Ordnung Bosnien und Herzegowinas angreifen wollte.

Rubio warnte zugleich lokale und regionale Akteure – darunter Ungarn und Kroatien – davor, das Friedensabkommen von Dayton zu untergraben.

Auch Serbiens Aleksandar Vucic hatte in der Kosovo-Frage und bei der Aufhebung der Sanktionen gegen die serbische Erdölgesellschaft Nis auf Unterstützung der neuen US-Regierung gehofft.

Doch Richard Grenell, Sondergesandter des Weißen Hauses, stellte sich bei landesweiten Protesten nicht hinter den serbischen Präsidenten.

Seit Monaten kommt es in Serbien zu Massenprotesten gegen die Regierung und Präsident Vucic. Die Demonstranten werfen den staatlichen Akteuren Korruption und Inkompetenz vor.

© Foto: dpa/Armin Durgut

Für Ungarn waren die ersten Monate der Amtszeit Trumps geradezu demütigend. Orbán hatte positive Auswirkungen auf „ungarische Brieftaschen“ angekündigt.

Mit drastischen Zöllen, der vorläufigen Aufrechterhaltung von US-Sanktionen gegen Regierungsmitglieder und öffentlichem Tadel der Republikaner an der ungarischen Wirtschaftspolitik im Verhältnis zu China und Russland hatte er offenbar nicht gerechnet.

Zunehmende Spannungen trotz ideologischer Nähe

Alle drei Staatsoberhäupter hoffen aber, dass sich die bilateralen Beziehungen in Zukunft wieder verbessern werden.

So haben sie unter dem Vorwand der Verschlankung von Staatsausgaben, der Verteidigung der staatlichen Souveränität und des Kampfs gegen „woke“ Kräfte Initiativen ins Leben gerufen, die sowohl ideologische Nähe zu ihrem Verbündeten jenseits des Atlantiks signalisieren als auch Kritiker des US-Präsidenten im eigenen Land zum Schweigen bringen. Das garantiert jedoch kein Wohlwollen. 

Fakt ist, dass der aggressive Unilateralismus, der Trumps zweite Amtszeit bisher bestimmt, die Grenzen ideologischer Verbundenheit aufzeigt

Peter Kreko und Ferenc Németh

Chinas und Russlands zunehmende Präsenz in Ungarn und Serbien sind dem Weißen Haus ein Dorn im Auge, ebenso wie die Abhängigkeit von russischer Energie.

Die sanften Appelle, sich von den Mächten im Osten abzugrenzen und den USA Vorrang im wirtschaftlichen Bereich zu geben, werden mit ziemlicher Sicherheit in nachdrücklichere Worte umschlagen.

Fakt ist, dass der aggressive Unilateralismus, der Trumps zweite Amtszeit bisher bestimmt, die Grenzen ideologischer Verbundenheit aufzeigt.

Viele Menschen in Mittel- und Osteuropa sowie auf dem Balkan sympathisieren weiterhin mit den Vereinigten Staaten, das wird sich allerdings womöglich mittelfristig ändern.

Die Bürger könnten zu dem Schluss kommen, dass ihr künftiger Wohlstand und ihre Freiheit von einem Staatenverbund abhängen, gegen den Orbán, Vučić und Dodik immer wieder Sturm laufen: der EU.

Aus dem Englischen von Ingo J. Biermann.

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