
© REUTERS/Ints Kalnins
„Möglich, dass wir eine gewaltige Armee an den Grenzen sehen“: Estland, Lettland und Litauen planen die Evakuierung Hunderttausender Menschen im Ernstfall
Familien mit Kindern sollen Frontstadt Kramatorsk verlassen + Hausdurchsuchung bei Nord-Stream-Verdächtigem in Polen + Offenbar ukrainischer Drohnenangriff auf Ölterminal in Rostow + Der Newsblog.
Stand:
Seit dem 24. Februar 2022 verteidigt sich die Ukraine gegen die Invasion Russlands. Aktuell rückt die russische Armee an zahlreichen Frontabschnitten vor allem im Osten der Ukraine vor. Die USA versuchen sich als Friedensvermittler. Mehr zur aktuellen Lage im Newsblog unten.
Hinweis: Angaben der Regierungen, Armeen und Bilder und Videos aus der Region lassen sich manchmal nicht endgültig verifizieren. Wir geben sie dennoch mit einem entsprechenden Hinweis wieder, um einen möglichst detaillierten Blick auf die aktuellen Ereignisse in der Ukraine zu vermitteln.
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Balten entwerfen Evakuierungspläne für Fall von russischem Angriff
Die baltischen Staaten bereiten sich mit Plänen für die Evakuierung Hunderttausender Menschen auf einen möglichen russischen Truppenaufmarsch oder Angriff vor. Estland, Lettland und Litauen warnen seit langem ihre Nato-Verbündeten vor einer russischen Aggression.
Sie verweisen dabei auf russische Cyberangriffe, Desinformationskampagnen und das Eindringen russischer Kampfflugzeuge und Drohnen in den Luftraum mehrerer EU- und Nato-Staaten in den vergangenen Monaten. Russland hat wiederholt erklärt, es hege keine Pläne, die Nato anzugreifen.
Die baltischen Staaten, die im Zweiten Weltkrieg von der Sowjetunion annektiert und im Zuge von deren Zusammenbruch 1990 ihre Unabhängigkeit erklärten, haben ihre Verteidigungsausgaben seit Beginn des russischen Großangriffs auf die Ukraine im Februar 2022 verdoppelt.
Estland und Lettland teilen eine Grenze mit Russland. Lettland, Litauen und Polen grenzen an Belarus, das eng mit Russland verbündet ist und bei dessen Invasion der Ukraine als Aufmarschgebiet diente. Zudem liegt an der Ostsee zwischen Polen und Litauen die russische Exklave Kaliningrad.
In Litauen plant man die mögliche Flucht von 400.000 Menschen aus der Grenzregion. Die Stadt Kaunas im Westen des Landes bereitet Unterkünfte für 300.000 Menschen vor – in Schulen, Kirchen und Veranstaltungshallen. Auch andere Städte treffen ähnliche Vorkehrungen.
Im Mai vereinbarten die baltischen Staaten eine engere Zusammenarbeit im Zivilschutz, was die Planungen beschleunigte.
Die Szenarien reichen von Sabotageakten über einen plötzlichen Zustrom von Migranten bis hin zu einem direkten militärischen Angriff. Renatas Pozela, Leiter der litauischen Feuerwehr, beschreibt ein mögliches Szenario: „Es ist möglich, dass wir eine gewaltige Armee an den Grenzen des Baltikums sehen werden, mit dem offensichtlichen Ziel, alle drei Länder in drei Tagen bis zu einer Woche einzunehmen."
Auch Estland plant für die Evakuierung eines Zehntels seiner 1,4 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner. Lettland schätzt, dass ein Drittel seiner 1,9 Millionen Menschen im Ernstfall ihre Häuser verlassen könnten. (Tsp/Reuters)
Russland hält offenbar 220 politische Gefangene von der Krim fest
Die russischen Besatzungsbehörden setzen ihre Repressionen gegen Bewohner der Krim fort. Aktuell befinden sich 220 politische Gefangene von der Halbinsel in Haft, die meisten davon in Russland. Seit Beginn der Besatzung erließen die Behörden über 12.000 sogenannte „Gerichtsentscheidungen“ zur Deportation von Zivilisten von der Krim.
Diese Informationen gaben Olha Kuryshko, ständige Vertreterin des ukrainischen Präsidenten auf der Krim, und Witalij Sekretar, Erster stellvertretender Leiter der Staatsanwaltschaft der Autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol, bei der Vorstellung des Medienprojekts „Kriegsverbrechen auf der Krim“ in Kyjiw bekannt. Das berichtet das Nachrichtenportal ZMINA.
Kuryshko und Sekretar bezeichneten Deportationen und politische Inhaftierungen als systematischen Teil der russischen Besatzungspolitik. Dies verstoße klar gegen das humanitäre Völkerrecht.
Sekretar betonte, viele Betroffene seien sich ihrer Opferrolle nicht bewusst. Sie verbänden den Begriff „Kriegsverbrechen“ oft nur mit aktiven Kampfhandlungen. Kuryshko erklärte, die Ukraine dokumentiere verschiedene Formen der Deportation – sowohl Zwangsausweisungen von Zivilisten als auch Verlegungen politischer Gefangener in russische Haftanstalten. (Yulia Valova)
US-NATO-Botschafter: Putin noch nicht zu Friedensverhandlungen bereit
Der russische Präsident Wladimir Putin zeigt laut Matthew Whitaker, US-Botschafter bei der NATO, derzeit keine Bereitschaft zu Friedensverhandlungen. Die internationale Gemeinschaft müsse daher den Druck auf Moskau weiter erhöhen, erklärte Whitaker auf einer Konferenz in Riga, wie der lettische öffentlich-rechtliche Rundfunk LSM berichtet.
Putin wolle keine Schwäche zeigen und setze daher auf eine Verlängerung des Konflikts, betonte der Diplomat. „Wir erwarten oft, dass alles sofort geschieht – dass jemand anruft, und wir uns einigen. Aber diesmal hat Putin beschlossen, unnachgiebig zu bleiben, und wir müssen den Druck weiter verstärken. Genau das geschieht jetzt“, sagte Whitaker. (Yulia Valova)

Indien wird offenbar zum größten Lieferanten von Treibstoffadditiven für die russische Militärluftfahrt
Indien hat sich zum größten Lieferanten von Treibstoffadditiven für die russische Militärluftfahrt entwickelt. Das berichtet die britische Zeitung „The Independent“ unter Berufung auf eine Studie des Rates für wirtschaftliche Sicherheit der Ukraine (REB).
Im Jahr 2024 importierte Russland demnach 2456 Tonnen Treibstoffadditive im Wert von 12,9 Millionen US-Dollar aus Indien. Das entspricht fast der Hälfte (49,6 Prozent) aller russischen Importe dieser Stoffe.
Der Hauptabnehmer war das sanktionierte russische Unternehmen Kapron LLC.
Treibstoffadditive spielen eine wichtige Rolle für den Betrieb von Flugtriebwerken. Sie verringern den Verschleiß und verlängern die Lebensdauer von Kampfjets.
Nach Einführung westlicher Sanktionen ersetzte Russland seine US-amerikanischen Zulieferer durch indische Hersteller. Laut Olena Jurtschenko, Analysedirektorin beim REB, intensivierte sich diese Zusammenarbeit nach ukrainischen Angriffen auf russische Raffinerien, die zuvor teilweise Additive hergestellt hatten. (Yulia Valova)
Hausdurchsuchung bei Nord-Stream-Verdächtigem in Polen

Ukraine ordnet Evakuierung von Familien mit Kindern aus Frontstadt Kramatorsk an

Selenskyj: Im Fall einer Waffenruhe nominieren wir Trump für Friedensnobelpreis
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj könnte sich vorstellen, US-Präsident Donald Trump für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen. „Wenn Trump der Welt – vor allem dem ukrainischen Volk – die Chance auf eine solche Waffenruhe gibt, dann sollte er für den Friedensnobelpreis nominiert werden“, sagt Selenskyj vor der Presse. „Wir werden ihn im Namen der Ukraine nominieren.“Medienbericht: Drohnenangriff auf Ölterminal in Rostow
In den sozialen Netzwerken kursieren Videos, die die Attacken zeigen sollen. Nachfolgend zwei davon – im ersten ist eine Drohne im Anflug zu sehen, das zweite soll den Einschlag im Terminal zeigen.
In den vergangenen Wochen hat die Ukraine ihre Attacken auf russische Energieanlagen intensiviert.
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