
© SYMBOLBILD / Imago/Russian Foreign Ministry Press
Medienbericht über Geheimtreffen in Moskau: Europäische Diplomaten drohten Russland mit Abschuss von Kampfjets
Eine Reihe von Drohnensichtungen über Nato-Gebiet sorgt für Schlagzeilen. In der vergangenen Woche soll es dazu ein Treffen russischer und europäischer Diplomaten gegeben haben.
Stand:
In Russlands Hauptstadt Moskau soll es in der vergangenen Woche zu einem Treffen europäischer Diplomaten mit hochrangigen russischen Kommandeuren gekommen sein. Das berichtete die US-Nachrichtenseite „Bloomberg“ am Donnerstag unter Berufung auf hochrangige Sicherheitsbeamte, die anonym bleiben wollen.
Demnach seien britische, französische und deutsche Gesandte an dem Treffen beteiligt gewesen, die den russischen Vertretern gegenüber ihre Besorgnis über die jüngsten Luftraumverletzungen dreier MiG-31-Kampfflugzeuge über Estland nahe Vaindloo vergangene Woche zum Ausdruck brachten. Dabei sollen die europäischen Diplomaten Moskau eine Warnung ausgesprochen haben, heißt es weiter. Demnach sei „die Nato bereit, auf weitere Verletzungen ihres Luftraums mit aller Härte zu reagieren, einschließlich des Abschusses russischer Flugzeuge“, berichtet „Bloomberg“ unter Berufung auf die Insider.
Russland geht davon aus, dass es sich bereits in einer Konfrontation mit den europäischen Nationen befindet.
Insider im „Bloomberg“-Bericht
Der Vorfall über Estland reiht sich ein in eine Serie teils noch ungeklärter Drohnensichtungen und Überflüge von russischen Kampfflugzeugen über Nato-Gebiete, die im September stattfanden. Offiziell dementiert der Kreml derartige Luftraumverletzungen bis jetzt.
Russland „bereits in einer Konfrontation“ mit Europa
Den Insiderquellen zufolge soll ein russischer Diplomat während der Gespräche gegenüber den europäischen Diplomaten erklärt haben, dass die jüngsten Überflüge „eine Reaktion auf ukrainische Angriffe auf die Krim“ gewesen seien, schreibt „Bloomberg“.
Moskau habe in dem Rahmen betont, dass „diese Angriffe ohne die Unterstützung der Nato nicht möglich gewesen wären“, heißt es weiter. Daraus folgend „geht Russland davon aus, dass es sich bereits in einer Konfrontation mit den europäischen Nationen befindet“, heißt es weiter.
Nach den Drohnensichtungen über mehreren dänischen Flughäfen hatte sich Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius in einer ähnlichen Weise geäußert. Am Rande der Konferenz ostdeutscher Ministerpräsidenten sprach er am Donnerstag von einer neuen Realität, „mit der wir umgehen müssen“, da man nun „hybrid mit Desinformationskampagnen und durch Drohneneindringen attackiert“ werde. „Wir sind nicht im Krieg, aber wir sind auch nicht mehr im kompletten Frieden.“
Die Nato und die EU wollen meinem Land, genau genommen, haben meinem Land bereits einen echten Krieg erklärt.
Sergej Lawrow, Außenminister Russland
Der russische Außenminister Sergej Lawrow ging am Donnerstag sogar noch einen Schritt weiter und deutete an, dass sich sein Land wegen der Ukraine bereits im „Krieg“ mit der Nato und der Europäischen Union befindet. Das berichtete die US-amerikanische Tageszeitung „Politico“ am Donnerstag. Laut einer Übersetzung der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass sagte Lawrow auf einer G20-Ministerkonferenz am Rande der UN-Generalversammlung in New York: „Die Nato und die Europäische Union wollen meinem Land, genau genommen, haben meinem Land bereits einen echten Krieg erklärt und beteiligen sich nun direkt daran.“
Europäische Diplomaten warnen Moskau bei Geheimtreffen
„Bloombergs“ Insiderquellen zufolge haben sich die russischen Beteiligten während des Gesprächs ausführliche Notizen gemacht. Deshalb geht die europäische Delegation davon aus, dass sie „angewiesen worden waren, der Befehlskette einen detaillierten Bericht über die Haltung der Nato zu liefern“.
Ein deutscher Regierungsbeamter bestätigte „Bloomberg“ zwischenzeitlich, dass ein solches Treffen stattgefunden habe. Demnach „haben die Gesandten Moskau mitgeteilt, dass die Zwischenfälle eingestellt werden müssen“, schreibt das Medium. Regierungssprecher aus Großbritannien und Frankreich wollten sich zu den Berichten zunächst nicht äußern.
„Bloomberg“ sieht in dem Geheimtreffen einen Beleg dafür, dass Putin und der Kreml bereits vor den jüngsten Luftraumverletzungen über Territorien von Nato-Bündnisstaaten von der europäischen Seite eindringlich gewarnt wurden. Die Zusammenkunft unter Ausschluss der Öffentlichkeit gebe außerdem einen Einblick in das diplomatische Tauziehen beider Seiten und damit verbundene Risiken.
Drohnenflüge und Luftraumverletzungen nehmen zu
Allein im September kam es über einigen europäischen Ländern und Nato-Bündnisstaaten zu diversen Luftraumverletzungen. In einigen Fällen sind die Akteure und der Hintergrund bislang noch ungeklärt. In anderen Fällen wurden die Vorfälle russischen Akteuren zugewiesen. So bestätigte Pistorius am Mittwoch, dass es im Rahmen einer Nato-Übung in der Ostsee zu einem russischen Überflug der deutschen Fregatte „Hamburg“ gekommen sei.
In Dänemark etwa herrscht seit Tagen Drohnenalarm. Erst hatte die Sichtung mehrerer größerer Drohnen zur stundenlangen Vollsperrung des Hauptstadtflughafens Kopenhagen geführt. Nur zwei Abende später tauchten erneut Drohnen über verschiedenen Flughäfen im Westen Dänemarks auf, weshalb es zu einer Sperrung des Luftraums über dem Airport Aalborg kam. Die Hintergründe sind bislang noch nicht geklärt.
Vor etwa zwei Wochen waren zahlreiche russische Drohnen in den Luftraum Polens eingedrungen. Bündnisstaaten der Nato hatten mehrere davon erfolgreich abgeschossen. Im Nachgang erklärte die Europäische Union, dass neun EU-Mitgliedstaaten und die Ukraine über Pläne für einen gemeinsamen Verteidigungswall gegen Drohnen verhandeln.
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