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Die computergenerierte Darstellung zeigt einen Entwurf des Projektunternehmens Eurolink, dessen führendes Unternehmen die Webuild Group ist. Geplant ist die längste Hängebrücke der Welt, die das italienische Festland mit Sizilien verbinden wird.

© dpa/Webuild/Eurolink Image Library

Mega-Brückenbau nach Sizilien: Italiens Rechnungshof durchkreuzt Melonis Pläne – ist das Jahrhundertprojekt jetzt tot?

Seit Langem wird in Italien über eine Straßenverbindung vom Festland auf die Mittelmeerinsel geträumt. Nun stoppt der Rechnungshof die Pläne. Die Regierung in Rom will bis zum Äußersten gehen.

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3,3 Kilometer lang soll sie werden und bereits vor Baubeginn sind 13,5 Milliarden Euro als Kosten veranschlagt. Italien plant die längste Hängebrücke der Welt – zwischen der Mittelmeerinsel Sizilien und dem italienischen Festland. Erste Autos und Züge sollen 2032 rollen. Doch der Traum, den auch Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hegt, droht zu platzen, zumindest ist das Prestigeprojekt zunächst mal ausgebremst.

Der Rechnungshof des Landes setzte übereinstimmenden Medienberichten zufolge ein Stoppschild und verweigerte die Genehmigung, wie die Richter der Behörde am Mittwochabend nach einer Anhörung mitteilten.

Wir sind entschlossen, alle möglichen Wege zu beschreiten, um die Arbeiten in Gang zu bringen. Wir machen weiter.

Matteo Salvini, Italiens Verkehrsminister

Die Brücke über die Straße von Messina soll die süditalienische Region Kalabrien mit Sizilien verbinden. Mit einer Länge von 3,3 Kilometern wäre sie die längste Hängebrücke der Welt, länger als die 2022 eröffnete Canakkale-Brücke in der Türkei. Bisher kann die Meerenge nur mit der Fähre überquert werden.

Anfang August gab Melonis Regierung grünes Licht, das Vorhaben ist jedoch hochumstritten: Umweltschützer warnen etwa vor ökologischen Folgen des Megaprojekts. Umstritten ist es auch, weil das etwa seit den 1960er-Jahren diskutierte Bauwerk in einer Erdbebenzone entstehen würden. Beim Erdbeben von 1908 kamen in Messina mehr als 70.000 Menschen ums Leben. Und, nicht völlig überraschend, warnen Kritiker, dass die Mafia verstrickt werden könnte.

Mehrere italienische Regierungen diskutierten in der Vergangenheit bereits das Projekt einer Brücke über die Straße von Messina. Die ersten Pläne stammen von 1969. Der 2023 verstorbene ehemalige Premier Silvio Berlusconi hatte bereits Milliarden Euro ausgegeben und war gescheitert.

Zuletzt wurde das Projekt „Ponte sullo Stretto“ 2012 wegen seiner hohen Kosten aufgegeben. Seit ihrem Amtsantritt treibt die Meloni-Regierung das Vorhaben jedoch wieder mit Nachdruck voran. Meloni nannte die Brücke schon vor der Entscheidung des Rechnungshofs „ein Ingenieurssymbol von globaler Bedeutung“, Verkehrsminister Matteo Salvini „das größte Infrastrukturprojekt im Westen“.

Geplant sind vier Fahrspuren und eine zweigleisige Eisenbahntrasse. Als Mautgebühr stellt sich Salvini einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge in heutiger Rechnung einen Betrag von unter zehn Euro vor mit Ermäßigungen für Vielfahrer. Damit soll der Übergang zwischen Festland und Insel in der Summe wesentlich einfacher und günstiger sein, als das derzeit mit den Fährschiffen gewährleistet ist.

Die Regierungschefin meldete sich nun erzürnt zu Wort: Sie nannte die Entscheidung den „x-ten Eingriff der Gerichtsbarkeit in die Entscheidungen der Regierung und des Parlaments“. Sie und ihre Regierung würden sich von dieser „unerträglichen Einmischung“ nicht abbringen lassen. Meloni führt eine Koalition aus drei rechten und konservativen Parteien.

Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni spricht auf einer Pressekonferenz.

© dpa/Roberto Monaldo

Salvini, der gerne darauf verweist, dass schon die alten Römer die Idee gehabt hätten, bezeichnete die Entscheidung als einen „schweren Schaden für das Land“. Die Prüfer hätten eine politische Entscheidung getroffen, schrieb er auf X. Er hatte die Brücke zuvor immer wieder als „einen Teil der Lösung der Probleme Süditaliens“ bezeichnet. Der Politiker zitierte Studien, wonach die Verbindung 120.000 Arbeitsplätze bringen und das strukturschwache Süditalien zusammenbringen und stärken soll.

Daher zeigte sich der Chef der rechten Lega-Partei weiter kämpferisch: „Wir sind entschlossen, alle möglichen Wege zu beschreiten, um die Arbeiten in Gang zu bringen. Wir machen weiter.“

„Ein großer Sieg für den Rechtsstaat. Salvini muss zurücktreten“, forderte wiederum Angelo Bonelli, Vorsitzender der Partei Europa Verde (Grünes Europa), einem der Hauptgegner des Projekts, der Zeitung „L’Unione Sarda“ zufolge. Seine Partei droht mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof, sollte das Projekt realisiert werden.

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Der Rechnungshof kündigte an, innerhalb von 30 Tagen eine schriftliche Begründung für seine Entscheidung vorzulegen. Zu den verschiedenen Punkten, die von den Richtern am Rechnungshof geprüft wurden, gehören einem Bericht der Zeitung „Corriere della Sera“ zufolge die Finanzierung, die Zuverlässigkeit der Verkehrsprognosen, die Einhaltung der Umwelt- und Erdbebenschutzbestimmungen sowie die europäischen Regelungen zur Überschreitung der geplanten Kosten um 50 Prozent.

Gestorben ist der Traum der Meloni-Regierung deshalb noch nicht. Wie italienische Medien berichten, könnte Salvini im Kabinett eine Abstimmung vorantreiben, um die Einwände zu übergehen. Der Ministerrat könne das Projekt als im höheren öffentlichen Interesse liegend einstufen und es dennoch genehmigen.

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