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Ein Kampfflugzeug vom Typ F-16 Fighting Falcon hat zum Landen auf dem US-Militärflugplatz Spangdahlem das Fahrwerk ausgefahren.

© picture alliance/dpa

Munition, Stationierung, Wartung: Vor welche Herausforderungen F-16-Kampfjets die Ukraine stellen könnten

Wunderwaffe F-16? Die Ukraine erhofft sich von den Kampfjets eine entscheidende Rolle für den weiteren Kriegsverlauf. Dabei haben die US-Maschinen nicht nur Vorteile.

Bei der Verteidigung gegen russische Luftangriffe will Kiew demnächst auch Kampfflugzeuge des Typs F-16 einsetzen.

Erst am Wochenende hatte US-Präsident Joe Biden zugesagt, die Ausbildung von ukrainischen Piloten an genau diesen Maschinen unterstützen zu wollen. Beim G7-Gipfel signalisierte er erstmals die Bereitschaft, die in den USA hergestellten F-16-Kampfjets an die Ukraine zu liefern. Das Projekt wird von Großbritannien, Frankreich, Belgien, Dänemark und Portugal mitgetragen. 

Der ukrainische Präsident Wolodomyr Selenskyj begrüßte die internationale Kampfjet-Koalition via Twitter mit den Worten: „Dies wird unsere Armee am Himmel erheblich verstärken.“ Kiew erhofft sich vom Einsatz der F-16 „Fighting Falcons“ eine große Wende im anhaltenden Ukrainekrieg. Aber wie realistisch sind diese Erwartungen?

F-16-Maschinen als Wunderwaffe?

Militäranalysten geben aktuell zu bedenken, dass die F-16 kein Allheilmittel seien und Schwachstellen aufwiesen, die Russland sehr wohl kenne und ausnutzen könne. Das geht aus Berichten des US-amerikanischen Fernsehsenders „CNN“ hervor.

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Auch F-16-Piloten warnen demnach konkret davor, dass die Erwartungen an F-16-Jets als Wunderwaffe möglicherweise zu hoch gegriffen sein könnten. „Zu Ihrer Frage, ob die F-16 den Unterschied ausmacht: Sie macht keinen Unterschied“, berichtet ein Pilot, der lieber anonym bleiben wollte, „CNN“.

Welche Vorteile hat der Einsatz von F-16-Kampfjets?

Die US-Luftwaffe beschreibt die F-16 als ein relativ kostengünstiges, leistungsstarkes Waffensystem. Mit aktuell fast 2200 Maschinen im Einsatz gehört die F-16 zu den weltweit am häufigsten eingesetzten Kampfjets.

Ein US-Kampfflugzeug vom Typ F-16 führt am 24. Februar 2019 bei der „Aero India 2019“ auf dem Luftwaffenstützpunkt Yelahanka in Bangalore ein Kunstflugmanöver durch.
Ein US-Kampfflugzeug vom Typ F-16 führt am 24. Februar 2019 bei der „Aero India 2019“ auf dem Luftwaffenstützpunkt Yelahanka in Bangalore ein Kunstflugmanöver durch.

© picture alliance/dpa/AP

Die große Anzahl macht es dem Militärexperten und ehemaligen US-Piloten Robert Hopkins zufolge möglich, F-16-Maschinen im großen Stil an die Ukraine zu überführen. „Es gibt einen Überschuss an F-16 in den westlichen Ländern, die sofort verfügbar sind und über eine gut ausgebaute Logistik verfügen“, so Hopkins.

Die schiere Anzahl führt außerdem dazu, dass es für Maschinen solchen Typs eine große Menge an Ersatzteilen gibt. Militäranalysten zufolge besteht bei F-16-Jets also bereits eine etablierte Versorgungslogistik, was ihrem Einsatz im Ukrainekrieg durchaus zugutekäme. Immerhin könnten so auch ältere Modelle gewartet und einsatzbereit gemacht werden.

Welche Nachteile haben F-16-Jets?

So unkompliziert die Beschaffung an F-16-Ersatzteilen erscheinen mag, so schwierig könnte sich deren Wartung bei einem möglichen Ukraineeinsatz gestalten. Militärexperten zufolge sind diese Kampfflugzeuge mit 16 Wartungsstunden je Flugstunde sehr wartungsintensiv.

Aus einem Bericht des „Congressional Research Service“ (CRS) vom März geht hervor, dass die Ausbildung von F-16-Wartungspersonal mehrere Monate oder sogar Jahre dauern könne – „je nach dem gewünschten Leistungsniveau“, heißt es weiter.

Selbst, wenn die USA und verbündete Staaten der Kampfjet-Koalition ukrainische Piloten im Umgang mit F-16-Maschinen ausbilden, stellt sich also immer noch die Ressourcenfrage in puncto Wartungspersonal. Und auch die Pilotenausbildung könnte sich als anspruchsvoller erweisen, als zunächst vielleicht angenommen.

Der australische Luftwaffenexperte Peter Layton berichtet der „CNN“, dass man einem ukrainischen Piloten theoretisch innerhalb von drei Monaten beibringen könne, wie man eine F-16-Maschine fliegt. Das schließe allerdings explizit nur das Basiswissen ein.

Für nächtliche Bodenangriffe in niedriger Höhe oder schwierige Wetterlagen bedürfe es hingegen einer längeren Ausbildungszeit. Auch der anonyme F-16-Pilot berichtet, dass es Jahre dauern könne, ehe Piloten effektiv in einem „dynamischen Bedrohungsumfeld“ eingesetzt werden könnten.

Ein weiterer Nachteil bei F-16-Kampfjets könnte sich bei der Frage nach deren Stationierung in der Ukraine ergeben. Maschinen dieses Typs können Luftwaffenexperten zufolge auf langen und vor allem völlig intakten Start- und Landebahnen am besten operieren.

F-16 „Fighting Falcon“ Kampfflugzeuge benötigen für die Starts und Landungen eine ebene Landebahn, wie hier beim 86. rumänischen Luftwaffenstützpunkt in Borcea, Rumänien.
F-16 „Fighting Falcon“ Kampfflugzeuge benötigen für die Starts und Landungen eine ebene Landebahn, wie hier beim 86. rumänischen Luftwaffenstützpunkt in Borcea, Rumänien.

© picture alliance / dpa

Die ukrainischen Flugplätze verfügen allerdings vornehmlich über ältere und unebene Rollfelder, die noch aus Sowjetzeiten stammen und möglicherweise vor der Stationierung von F-16-Maschinen neu asphaltiert oder gar verlängert werden müssten.

Auch die Frage nach geeigneter Munition könnte sich bei künftigen F-16-Lieferungen an die Ukraine stellen. Um ausreichend gegen russische Kampfjets wie beispielsweise die Su-25 oder die MiG-31 gerüstet zu sein, bräuchten die F-16-Maschinen größere Mengen an westlich hergestellter Munition. Die allerdings ist in der Herstellung vergleichsweise teuer.

Der US-amerikanischen Kongressagentur CRS zufolge kostet beispielsweise eine einzelne radargelenkte Luft-zu-Luft-Lenkwaffe des Typs AMRAAM („Advanced Medium Range Air-to-Air Missile“) derzeit etwa 1,2 Millionen Dollar (1,1 Millionen Euro) und benötigt zwei Jahre Herstellungszeit.

F-16 für die Ukraine: naheliegend, aber auch effektiv?

Inwieweit ein möglicher Einsatz von F-16-Maschinen auf ukrainischer Seite das weitere Kriegsgeschehen beeinflussen könnten, ist derzeit fraglich. Möglicherweise erweisen sie sich als die naheliegendste Lösung. Aber sind sie deshalb auch die effektivste?

Der anonyme F-16-Pilot resümmiert: „Den Ukrainern F-16 zu geben, wird die Moral stärken und eine begrenzte Kampffähigkeit hinzufügen – das ist alles.“

Der Kreml hat die geplante Lieferung von F-16-Kampfjets an die Ukraine der russischen Nachrichtenagentur „Interfax“ zufolge als nutzlos für den Kriegsverlauf bezeichnet.

All diese Anstrengungen sind völlig nutzlos. Unsere Fähigkeiten sind so, dass alle Ziele der militärischen Spezialoperation mit Sicherheit erreicht werden“, sagte der russische Vize-Außenminister Sergej Rjabkow am Montag dem Staatsmedium. (mit dpa)

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