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Das Foto soll einen der gefangengenommenen Chinesen zeigen.

© AFP/HANDOUT

Nach Gefangennahme von Chinesen: Russland schaltet offenbar systematisch Werbung für Söldner in China

Der ukrainische Präsident Selenskyj wirft Russland vor, Chinesen für den Krieg anzuwerben – unter Duldung Pekings. Ein Blick in Chinas soziale Medien zeigt, dass der Vorwurf nicht abwegig ist.

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Anfang der Woche hatte die Ukraine zwei chinesische Staatsbürger gefangengenommen, die offenbar als Soldaten in der russischen Armee dienten. Peking wies die Vorwürfe des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Moskau rekrutiere „systematisch“ Chinesen, als „völlig haltlos“ zurück. Man fordere seine Bürger auf, sich von Konfliktzonen fernzuhalten, hieß es.

Eine Recherche des „Guardian“ zeigt nun allerdings, dass Russland in sozialen Medien in China zahlreiche Kampagnen zur Anwerbung von Söldnern gestartet hat.

Russland wirbt regelmäßig ausländische Söldner an – unter anderem in Nordkorea, Syrien, Libyen und anderen afrikanischen Ländern. Doch eine systematische Anwerbung in China wäre auch deshalb brisant, weil das Land sich immer als neutral in dem Konflikt zu positionieren versucht.

Laut Selenskyj soll Moskau jedoch gezielt chinesische Kämpfer über soziale Netzwerke wie Douyin, die chinesische Version von TikTok, anwerben. Die chinesische Regierung sei darüber informiert.

Tatsächlich finden sich auf chinesischen Plattformen zahlreiche Rekrutierungsvideos. Darum wird vor allem auf die Bezahlung als Kämpfer für Russland verwiesen: Für einen Vertragsabschluss werden zwischen 60.000 und 200.000 Yuan (etwa 6000 bis 21.000 Euro) versprochen, dazu ein Monatsgehalt von rund 18.000 Yuan (etwa 1900 Euro). Die Entlohnung übersteigt das Einkommen vieler Chinesen um ein Vielfaches.

Eines der Videos mit mehreren hunderttausend Aufrufen zeigt offenbar einen russischen Werbeclip mit chinesischen Untertiteln. Zu sehen sind russische Männer, die ihre Jobs hinter sich lassen, um in den Krieg zu ziehen. Der Zuschauer wird gefragt: „Willst du Stärke zeigen? Ist das der Weg, nach dem du dich sehnst? Du bist ein harter Mann – sei wie sie!“

Chinas Internet ist streng zensiert

In einem weiteren Video macht eine russische Influencerin auf Mandarin ihren mehr als 300.000 Followern den Dienst in der russischen Armee schmackhaft. Sie stellt Antrittsprämien, eine regelmäßige Bezahlung, Wohn- und Gesundheitsleistungen, Kinderbetreuung sowie „modernstes professionelles Equipment“ in Aussicht.

„Jeder unter 60 Jahren kann sich freiwillig melden – unabhängig davon, ob er bereits in einem anderen Land Militärdienst geleistet hat – sowohl russische als auch ausländische Staatsbürger“, heißt es weiter.

Die Werbekampagne ist auch deshalb bemerkenswert, weil das chinesische Internet streng überwacht wird. Jede unliebsame Aktivität wird normalerweise innerhalb von Minuten gesperrt. Daher scheinen Selenskyjs Vorwürfe, die kommunistische Partei toleriere die Anwerbungen, nicht unplausibel zu sein.

Zwar gibt es auch bestätigte Fälle von chinesisch-stämmigen Kämpfern auf ukrainischer Seite, allerdings deutlich weniger. Das liegt auch daran, dass russische Visa für Chinesen leichter erhältlich sind. Auch in der ukrainischen Armee kämpfen zahlreiche Ausländer. Kiew argumentiert jedoch, dass es sich dabei nicht in erster Linie um durch Geld motivierte Söldner handle, sondern um Freiwillige.

China bezeichnet sich selbst als neutral in dem Konflikt, obwohl Staatschef Xi Jinping und der russische Präsident Wladimir Putin öffentlich als Verbündete auftreten und die „grenzenlose Partnerschaft“ ihrer Länder rühmen. Der Westen wirft China vor, Russland indirekt im Krieg gegen die Ukraine zu unterstützen – etwa durch den Export von Drohnenteilen und Technologie, die auch militärisch genutzt werden kann. (Tsp)

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