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Der türkische Außenminister Hakan Fidan (Mitte) wünschte den Verhandlern von Russland und der Ukraine „viel Erfolg“.

© REUTERS/Arda Kucukkaya/Turkish Foreign Ministry

Update

Ukraine-Gespräche in Istanbul: Einigung auf Gefangenenaustausch – aber nicht viel mehr

Mit eintägiger Verspätung starteten am Freitag die Gespräche zwischen der Ukraine und Russland – und dauerten nur rund eineinhalb Stunden. Nach wie vor hängt alles von US-Präsident Trump ab.

Stand:

„Viel Erfolg“ wünschte der türkische Außenminister Hakan Fidan den Vertretern von Russland und Ukraine zum Auftakt von historischen Verhandlungen. Die Delegationen der Kriegsparteien kamen am Freitagmittag in Istanbul zu ihren ersten direkten Friedensgesprächen seit mehr als drei Jahren zusammen. Sie dauerten rund eineinhalb Stunden.

Fidan saß in der Vertretung des türkischen Präsidialamtes neben dem Dolmabahce-Palast am Bosporus an der Stirnseite eines U-förmigen Tisches. Vor ihm hatte links die russische Delegation unter Kreml-Berater Wladimir Medinski Platz genommen, rechts saßen die Ukrainer unter Leitung von Präsidialamtschef Andrij Jermak.

Als die Delegationen knapp zwei Stunden später auseinandergingen, hatten sie nach Angaben beider Seiten den Austausch von jeweils tausend Kriegsgefangenen vereinbart. Eine Einigung auf eine Waffenruhe, die Gastgeber Fidan bei seiner Begrüßung gefordert hatte, gab es dagegen nicht.

Rubio reiste sofort ab

Auch blieb offen, ob und wann die Verhandlungen weitergehen sollen. US-Außenminister Marco Rubio, der für die Verhandlungen nach Istanbul gekommen war, reiste unmittelbar nach Ende der Runde ab.

Westliche Staaten berieten noch am Freitag über das weitere Vorgehen. Bundeskanzler Friedrich Merz, Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron, der britische Premierminister Keir Starmer, der polnische Ministerpräsident Donald Tusk und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprachen nach dem Ende der Istanbuler Beratungen gemeinsam telefonisch mit US-Präsident Donald Trump, wie Selenskyj auf X mitteilte.

Die Ukraine sei für einen „wahren Frieden“ bereit, erklärte Selenskyj. Wenn sich Russland verweigere, müssten neue Sanktionen folgen.

Anders als die Ukraine zeigte sich Russland mit dem Istanbuler Treffen zufrieden. Delegationsleiter Medinsky sagte, seine Seite sei zu einer Fortsetzung der Gespräche bereit. Es sei vereinbart worden, die jeweiligen Vorstellungen von einer Waffenruhe auszuarbeiten. Russland prüfe zudem den ukrainischen Vorschlag eines Treffens der Präsidenten Selenskyj und Wladimir Putin.

Nach dem letzten Versuch von direkten Friedensverhandlungen – Russen und Ukrainer waren im März 2022 im selben Gebäude in Istanbul zusammengekommen – hatte es drei Jahre lang keine Fortsetzung gegeben. Auch am Freitag zeigten sich tiefe Gräben zwischen den beiden Seiten.

Russland stellte Vorbedingungen

Von ukrainischer Seite hieß es laut Medienberichten, die russische Abordnung habe unannehmbare Forderungen gestellt. Nach Informationen von Yaroslav Trofimov, Reporter und Ukraine-Experte beim „Wall Street Journal“, verlangte Russland in Istanbul, die Ukraine solle als Vorbedingung für eine Waffenruhe ihre Armee aus vier Gebieten in der Ost-Ukraine abziehen, die von Russland bisher nicht erobert wurden. „Das wird nicht geschehen“, schrieb Trofimov auf X.

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Die Positionen der Kriegsparteien liegen weiter auseinander als bei den letzten direkten Verhandlungen vor drei Jahren. Medinsky hatte am Donnerstag in Istanbul angekündigt, in Istanbul über die „Wurzeln“ des Krieges sprechen zu wollen – nach Moskauer Verständnis ist die Existenz einer unabhängigen Ukraine eine dieser Wurzeln.

Ein angedachtes Treffen der Staats- und Regierungschefs der beteiligten Staaten und Trump in Istanbul wurde durch Putins Absage unmöglich. Selenskyj sagte, die stattdessen nach Istanbul entsandte russische Delegation sei reines „Theater“ und ein Beweis, dass Putin keinen Frieden wolle. Russland nannte Selenskyj „erbärmlich“.

Die Wagenkolonne der Verhandlungsdelegationen fuhren am Freitag am Dolmabahce in Istanbul vor.

© REUTERS/LEONHARD FOEGER

Trump hatte den Sinn der Istanbuler Verhandlungen grundsätzlich infrage gestellt, indem er sagte, eine Lösung könne es nur mit einem Gipfeltreffen zwischen ihm und Kremlchef Wladimir Putin geben. „Nichts wird passieren, bevor Putin und ich uns treffen“, sagte Trump über die Gespräche am Bosporus.

Rubio bekräftigte diese Aussage und erklärte, über ein Treffen von Trump und Putin werde nach Rückkehr des Präsidenten von seiner Nahost-Reise nach Washington gesprochen. Kreml-Sprecher Dmitry Peskow erklärte, dieser Gipfel sei „notwendig“ und solle so schnell wie möglich organisiert werden.

Nur die USA sind in der Lage, die beiden Kriegsparteien zu einer Lösung zu zwingen.

Kerim Has, Experte für die türkisch-russischen Beziehungen mit Sitz in Moskau.

Nur die USA seien in der Lage, die beiden Kriegsparteien zu einer Lösung zu zwingen, sagt Kerim Has, Experte für die türkisch-russischen Beziehungen mit Sitz in Moskau.

Ein „Zauberstab“ um den Krieg zu beenden

Russland sei militärisch nicht stark genug, um der Ukraine seine Bedingungen für ein Ende des Krieges zu diktieren, sagt er dem Tagesspiegel. Kiew besitze nach wie vor die militärischen Kapazitäten und den politischen Willen, dem russischen Angriff zu widerstehen.

In dieser Lage werde ein „Zauberstab“ gebraucht, um den Krieg zu beenden. Und den habe Amerika. „Ich bin nicht sicher, dass ein Gipfeltreffen von Trump und Putin auf einen Schlag den Frieden bringen kann, aber es würde die Konfliktlösung auf jeden Fall beschleunigen“, sagt Has.

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