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Sicherheitsvorfälle auf der Ostsee: Scholz sagt deutsche Schiffe für Schattenflotten-Überwachung zu
Die Nato reagiert auf die jüngsten Sabotagefälle und will ihre Präsenz in der Ostsee verstärken. Auch er Bundeskanzler dringt beim Gipfel in Helsinki auf mehr Überwachung und sagt Hilfe zu.
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Deutschland will sich mit Schiffen am Schutz der Infrastruktur in der Ostsee beteiligen. Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte bei einem Ostsee-Gipfel in Helsinki mit Blick auf die wachsende Bedrohung durch die sogenannte russische Schattenflotte an, dass Deutschland bereit sei, „mit seinen eigenen Möglichkeiten“ Verantwortung zu übernehmen. „Selbstverständlich bedeutet das, dass wir auch mit deutschen Schiffen für die Sicherheit in der Ostsee Sorge tragen“, sagte Scholz.
Mit der russischen Schattenflotte sind Tanker und andere Frachtschiffe mit undurchsichtigen Eigentümerstrukturen gemeint, die Russland benutzt, um Sanktionen infolge seines Einmarsches in die Ukraine etwa beim Öltransport zu umgehen. Mittlerweile zählt das Auswärtige Amt insgesamt 79 Schiffe zur Schattenflotte.
Mit dem Gipfel in Helsinki reagieren die beteiligten Nato-Länder Deutschland, Dänemark, Estland, Finnland, Lettland, Litauen, Polen und Schweden auf jüngste Vorfälle, bei denen Leitungen und Kabel in der Ostsee mutmaßlich vorsätzlich beschädigt wurden.
Darunter war in gleich zwei Fällen im November und am ersten Weihnachtstag auch ein Glasfaserkabel, das zwischen Helsinki und Rostock verläuft. Bei dem Vorfall an Weihnachten wurde unter anderem auch die Stromleitung Estlink 2 zwischen Finnland und Estland gekappt – mutmaßlich mit einem über den Grund geschleppten Anker.
Scholz sprach mit Blick auf die Sicherheitsvorfälle von einer „sehr ernsten Angelegenheit“. „Wir müssen davon ausgehen, dass sie Teil einer hybriden Strategie sind, die europäische Länder bedrohen“, sagte er in Anspielung auf Russland. „Es ist wichtig, dass wir uns jetzt hier zusammenfinden, um darüber zu reden, wie wir für mehr Sicherheit im Bereich der Ostsee gemeinsam sorgen können.“ Man müsse nun gemeinsam Überwachungsstrategien absprechen.
Ostsee-Gipfel: Sabotageversuche koordiniert bekämpfen
Deutschland und die weiteren an die Ostsee grenzenden Nato-Staaten wollen Sabotageakte gegen ihre kritische Infrastruktur mit einem eng abgestimmten Vorgehen verhindern. „Wir sind entschlossen, jegliche Versuche der Sabotage abzuschrecken, aufzudecken und zu bekämpfen. Jeder Angriff auf unsere Infrastruktur wird mit einer robusten und entschlossenen Reaktion beantwortet“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung, die die beteiligten Staaten nach einem Gipfel zur Ostsee-Sicherheit in Helsinki veröffentlichten.
Die Länder begrüßten in der Erklärung, dass die Nato den Einsatz „Baltic Sentry“ zur Abschreckung feindlicher Aktivitäten im Ostsee-Raum ins Leben gerufen habe. Zudem sei der Stab Commander Task Force Baltic in Rostock aktiviert worden und koordiniere die Schiffe der Verbündeten in der Ostsee.
Russische Schattenflotte im Visier
Dabei nehmen die Verbündeten vor allem Schiffe der sogenannten russischen Schattenflotte in den Blick. Damit sind Tanker und andere Frachtschiffe mit undurchsichtigen Eigentümerstrukturen gemeint, die von Russland benutzt werden, um Sanktionen infolge seines Einmarsches in die Ukraine etwa beim Öltransport zu umgehen.
„Russlands Gebrauch der sogenannten Schattenflotte stellt eine besondere Bedrohung für die maritime und ökologische Sicherheit im Ostsee-Raum und global dar“, machten die beteiligten Nato-Verbündeten Deutschland, Dänemark, Estland, Finnland, Lettland, Litauen, Polen und Schweden in der Erklärung fest. Diese Praxis trage auch in erheblichem Maße zur Finanzierung des illegalen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine bei, kritisierten die Staaten. Man unternehme entschiedene Schritte, um diesen Bedrohungen zu begegnen.
Schiffe, Flugzeuge und Drohnen sollen Ostsee schützen
Die Nato will als Reaktion darauf ihre Präsenz in der Ostsee deutlich ausweiten. Dazu startet sie einen Einsatz zur besseren Überwachung des Meeres. Die beiden Nato-Neumitglieder Finnland und Schweden haben bereits angekündigt, sich mit Schiffen daran zu beteiligen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll die Mission insgesamt etwa zehn Schiffe umfassen. Estland lässt bereits ein Marineschiff im Finnischen Meerbusen patrouillieren.
Bündnis-Generalsekretär Mark Rutte kündigte dafür am Dienstag nach einem Gipfel der Ostsee-Anrainer in Helsinki die Mission „Baltic Sentry“ (etwa: baltischer Wachposten) an. Sie untersteht dem Nato-Oberbefehlshaber für Europa, Christopher Cavoli, und umfasst nach Ruttes Worten Kriegsschiffe, U-Boote, Aufklärungsflugzeuge, Satelliten und Drohnen.
Bei der Mission gehe es um „erhöhte Wachsamkeit im Ostseeraum“, betonte Rutte. Wie viele Fregatten zum Einsatz kommen sollen, sagte Rutte nicht. Er wolle „den Feind nicht noch klüger machen, als er ohnehin schon ist“, betonte der Niederländer. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte bei dem Gipfel eine Beteiligung „mit deutschen Schiffen für die Sicherheit in der Ostsee“ in Aussicht gestellt.
Die Nato überwacht wichtige Kabel und Leitungen in der Ostsee künftig mit deutlich mehr Schiffen, Flugzeugen und Drohnen. „Ich kann heute bekanntgeben, dass die Nato die Operation „Baltic Sentry“ startet“, sagte Nato-Generalsekretär Mark Rutte auf einer Pressekonferenz zum Abschluss eines Ostsee-Gipfels in der finnischen Hauptstadt Helsinki. Es gehe darum, die maritime Präsenz und Überwachung in Schlüsselbereichen des Bündnisses zu verstärken.
Als einen Teil der Bemühungen nannte Rutte auch eine Initiative zur Nutzung neuer Technologien. Dazu gehört auch eine kleine Flotte von Marinedrohnen, die eine verbesserte Überwachung und Abschreckung gewährleisten soll .(dpa, Reuters)
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