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Chamenei, Trump und Netanjahu

© Bearbeitung Tagesspiegel/Fotos:-/Office of the Iranian Supreme Leader via AP/dpa, IMAGO/Ken Cedeno, XinHua/dpa

Thank God It’s International Friday 37: Alles Gewinner?

Die Themen der Woche: Fragile Waffenruhe in Nahost | Ist das iranische Atomprogramm am Ende? | Die Verlierer des „Zwölftagekriegs“ | Appeasement beim Nato-Gipfel

Anja Wehler-Schöck
Eine Kolumne von Anja Wehler-Schöck

Stand:

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Netanjahu, Trump, Chamenei: Drei machtbesessene Männer stellen derzeit die Weichen für die Zukunft des Nahen Ostens. Alle drei bezeichnen sich als Gewinner der Eskalation zwischen Israel, dem Iran und den USA. Die aktuelle Waffenruhe ist indes fragil.

Der israelische Ministerpräsident hat mit dem Angriff auf den Iran ein von ihm seit langem verfolgtes Vorhaben umgesetzt. Warum hat sich Benjamin Netanjahu dem Kampf gegen die iranischen Machthaber verschrieben? Lesen Sie dazu den Beitrag meines Kollegen Christian Böhme. 👇

Nach der Verkündung des Waffenstillstands diese Woche gab sich Netanjahu optimistisch und sprach von einem „historischen Sieg“, der Generationen überdauern werde. Donald Trump titulierte das Eingreifen der US-Streitkräfte im Rahmen der Operation „Midnight Hammer“ kurzerhand als „victory for everybody“.

Und auch das Regime in Teheran sieht sich als Sieger. In seiner ersten öffentlichen Ansprache seit dem Waffenstillstand betonte der oberste iranische Führer Ajatollah Ali Chamenei am Donnerstag, die US-Schläge auf die Atomanlagen in Natanz, Fordow und Isfahan hätten „nichts Wesentliches“ zerstört und seien reine Propaganda. 

Ist das iranische Atomprogramm am Ende?

Welche Ziele im Iran getroffen wurden, hat das Tagesspiegel-Innolab um Nina Breher für Sie auf interaktiven Karten aufbereitet. 👇

Dass die Angriffe „nichts Wesentliches“ zerstört hätten, wie Ajatollah Chamenei behauptet, ist eine gewisse Untertreibung. Viele Atomanlagen seien schwer beschädigt und auch die iranische Zentrifugenproduktion sei zerstört, erklärt Spencer Faragasso vom US-Thinktank Institute for Science and International Security im Interview mit meinem Kollegen Malte Lehming. Wovor der Nuklearwaffenexperte warnt, lesen Sie hier. 👇

Und was ist eigentlich mit den 408 Kilogramm Uran passiert, die der Iran so weit angereichert hatte, dass sich daraus innerhalb von Wochen zehn Atombomben bauen ließen? Dieser Frage ist Benjamin Reuter für Sie nachgegangen. 👇

Klare Verlierer

Militärisch betrachtet sind für Thorsten Benner vom Berliner Thinktank GPPi Netanjahu und Trump „kurzfristig die klaren Sieger“ der Eskalation in Nahost. Zu den Verlierern zählt er die Palästinenser, deren Schicksal in den Hintergrund gerückt sei. Und: die von Deutschland und dem Westen vielfach beschworene „regelbasierte internationale Ordnung“. Sie sei vollumfänglich durch das Recht des Stärkeren ersetzt worden.

„Der Hegemon“ – die USA – „erklärt die von ihm begründete und über Jahrzehnte garantierte liberale Weltordnung für obsolet“, argumentiert auch Marc Saxer. Er sieht den „Rückzug der USA als Weltpolizist“ unabhängig von Trump – er habe vor ihm begonnen und werde ihn überdauern – „unabhängig davon, wer im Weißen Haus sitzt“. Warum Saxer die deutsche Debatte darüber tragisch findet, lesen Sie hier. 👇

Nato-Gipfel: Ruttes Schleimspur

Der Umgang mit dem Völkerrecht hätte eigentlich auch beim Nato-Gipfel in Den Haag diese Woche dringend auf der Tagesordnung stehen müssen, argumentiert Mattias Kumm vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). „Gerade in Zeiten der Krise und der Ungewissheit ist es wichtig, sich auf grundlegende Prinzipien zu besinnen, Orientierung zu finden und Klarheit darüber zu schaffen, wie die Dinge liegen und was zu tun ist“, schreibt er in seinem Gastbeitrag für den Tagesspiegel. 👇

Artikel 5 des Nato-Vertrags hin oder her – auf den Beistand durch die USA kann sich Europa unter der aktuellen Trump-Regierung nicht mehr verlassen. Warum es trotzdem um ihn werben muss und die eigentliche Arbeit erst nach Trumps Abreise beginnt, habe ich in meinem Leitartikel zum Nato-Gipfel geschrieben. 👇

Just wie weit man mit dem Buckeln gehen kann, hat der Nato-Generalsekretär dann sehr anschaulich unter Beweis gestellt. „Donald, Du wirst etwas erreichen, was KEIN amerikanischer Präsident seit Jahrzehnten geschafft hat“, hatte Rutte vor dem Gipfel in einer privaten SMS an Trump geschrieben – die der US-Präsident dann prompt veröffentlichte. Kritik und Häme an Ruttes Verhalten ließen nicht auf sich warten. Der Generalsekretär nahm es entspannt zur Kenntnis und quittierte es mit einem Rutteschen Lächeln. 

Die Demokratie feiern!

Der Tagesspiegel – die erste freie Zeitung Berlins nach dem Zweiten Weltkrieg – wird dieses Jahr 80. Das haben wir diese Woche mit einem großen Demokratiefest gefeiert. Mit Lilly Blaudszun, Harald Christ, Michel Friedman, Anna Herrhausen und Wolfgang Merkel habe ich dabei über die Frage diskutiert, wie stabil die Demokratie eigentlich in Deutschland ist.

Die gute Nachricht vorneweg: Merkel, einer der bekanntesten Demokratieforscher in Deutschland, sieht sie jedenfalls nicht am Abgrund. 

Kann der Journalismus die Demokratie retten? Ohne wird’s jedenfalls nichts, waren sich Ulrike Demmer, Claus Grewenig und Christian Tretbar bei unserem Panel natürlich einig. Beide Diskussionen können Sie sich hier ansehen. 👇

Auch dieses Jahr hat es eine Tagesspiegel-Redakteurin in die „Top 30 unter 30“ des medium magazin geschafft. Herzlichen Glückwunsch an Laura Dahmer, die für den Tagesspiegel großartig über die spanischsprachige Welt und vieles mehr schreibt.

Zuguterletzt

Was mich diese Woche zum Lachen gebracht hat, war zu lernen, was ein Russian Twist ist. Hätten Sie’s gewusst? Nein, es ist keine argumentative Verrenkung, sondern eine Übung – mit Drehbewegung – zur Stärkung der schrägen Bauchmuskeln. Das habe ich von meinem Volleyballtrainer erfahren. Hört sich gut an? Hier können Sie sehen, wie man es macht. Ohne Garantie. 😊

Das war’s von mir für heute. Ich wünsche Ihnen ein wunderbares Wochenende.

Herzlich

Ihre Anja Wehler-Schöck

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