
© dpa/Zuma Press Wire/Apa Images/Mohammed Alaswad
„Todesurteil für Zehntausende Palästinenser“: WHO wirft Israel systematische Zerstörung des Gesundheitssystems in Gaza vor
Immer wieder wird die israelische Armee für ihr Vorgehen in Gaza kritisiert – so auch nach einem Einsatz in einer Klinik. Doch das abgeriegelte Gebiet gleicht einer Blackbox.
Stand:
Die israelische Armee geht im Norden des Gazastreifens weiter intensiv gegen die islamistische Hamas vor. Sie teilte mit, in der Nacht einen Einsatz in Beit Hanun gestartet zu haben. Nach dem Einsatz in einem Krankenhaus im nahe gelegenen Beit Lahia am Freitag warf die Weltgesundheitsorganisation (WHO) der Armee vor, das Gesundheitssystem in dem abgeriegelten Küstengebiet systematisch zu zerlegen. Das sei ein „Todesurteil für Zehntausende Palästinenser“, schrieb die UN-Organisation auf X.
Medizinische Kreise im Gazastreifen berichteten am Morgen zudem von neun Toten nach einem israelischen Angriff, der ein Haus im Flüchtlingsviertel Al-Maghasi im zentralen Abschnitt des Küstengebiets getroffen haben soll.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Seit Beginn des Kriegs infolge des Massakers der Hamas in Israel mit 1200 Toten am 7. Oktober 2023 sind im Gazastreifen nach palästinensischen Angaben mehr als 45.430 Menschen getötet worden, wobei die Zahl nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten unterscheidet. Hilfsorganisationen beklagen das immense Leid der Zivilbevölkerung.
Angaben aus dem Kampfgebiet nur schwer überprüfbar
Die Angaben aus dem Kampfgebiet lassen sich generell unabhängig kaum überprüfen. Israel begründete den Einsatz in dem Krankenhaus damit, dass Terroristen der Hamas sich in der Klinik versteckten und sie für militärische Zwecke missbrauchten.
Die von der Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde teilte mit, der Direktor Hussam Abu Safeia und Dutzende Mitarbeiter seien festgenommen und für Verhöre in eine Einrichtung gebracht worden. Dafür gab es keine Bestätigung von israelischer Seite. Einige Mitarbeiter sollen mittlerweile wieder freigelassen worden sein.
Die WHO beklagte auf X, das Kamal-Adwan-Krankenhaus sei bei dem Einsatz außer Betrieb gesetzt worden – als letzte größere Gesundheitseinrichtung im Norden des Küstengebiets.
Israels Armee hatte betont, sie schone Zivilisten, Patienten und Mitarbeiter der Klinik und handle im Einklang mit dem Völkerrecht. Aus medizinischen Kreisen im Gazastreifen hieß es, es habe mehrere Verletzte bei dem Einsatz gegeben.
Unicef meldet Tausende getötete oder verletzte Kinder
In den Kampfgebieten ist die Lage für die Zivilisten ohnehin seit Monaten verzweifelt. Auf das Leid der Kinder in Gaza geht auch ein neuer Bericht des UN-Kinderhilfswerks Unicef ein, wonach weltweit mehr Kinder als jemals zuvor in Konfliktgebieten leben oder gewaltsam aus ihrer Heimat vertrieben worden sind.
Demnach leben rund 473 Millionen Kinder in Konfliktgebieten – also mehr als jedes sechste Kind weltweit. In Gaza seien Tausende Kinder getötet und verletzt worden. Zudem hätten die Kinder dort mehr als ein Jahr lang keine Schule besucht.
Chancen auf Feuerpause gering
Während die brüchige Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Libanon seit nunmehr einem Monat weitgehend hält, erscheinen die Chancen auf eine baldige Feuerpause im Gaza-Krieg gering.
Sollten die Verhandlungen über eine Waffenruhe und die Freilassung der noch rund 100 Geiseln im Gazastreifen nicht bis zum Amtsantritt des designierten US-Präsidenten Donald Trump am 20. Januar Früchte tragen, würden sich die Gaza-Gespräche durch den Regierungswechsel in den USA wahrscheinlich um mehrere Monate verschieben, zitierte die US-Nachrichtenseite „Axios“ daran beteiligte Beamte der USA und Israels. Das könne das Leben weiterer israelischer Geiseln kosten.
Trump hatte der Hamas gedroht: Sollten die Geiseln nicht vor seinem Amtsantritt freikommen, werde für jene, die für die Gräueltaten in Nahost verantwortlich seien, die „Hölle los sein“. Was genau er damit meint, ließ Trump offen.
Manche israelische Beamten seien der Ansicht, dass Trump im Falle des Scheiterns eines Abkommens mit der Hamas israelische Maßnahmen unterstützen könnte, die von der bisherigen US-Regierung von Präsident Joe Biden abgelehnt wurden, berichtete die Nachrichtenseite – zum Beispiel die Einschränkung der humanitären Hilfe für die Palästinenser in Gaza. (dpa)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: