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Trumps Streichungen bei Entwicklungshilfe: US-Behörde fürchtet Veröffentlichung kritischer Berichte über die Folgen
Die Folgen der wegbrechenden US-Entwicklungshilfe sind massiv. Doch die Aufsichtsbehörde traut sich nicht, ihre Erkenntnisse zu veröffentlichen – aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen.
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Die weitgehende Auflösung der US-Entwicklungsbehörde USAID hat offenbar insbesondere im Nahen Osten sowie im Westen und Zentrum von Afrika drastische Folgen. Das geht aus zwei noch unveröffentlichten Berichten der USAID-Aufsichtsbehörde hervor, wie die „Washington Post“ berichtet.
Demnach bedrohen die massiven Kürzungen der US-Regierung und deren „Abteilung für Regierungseffizienz“ sogar das Waffenstillstandsabkommen zwischen Israel und der Hamas. Denn unter anderem seien 300 Millionen Dollar an humanitärer Hilfe für den Gazastreifen gefährdet. Das hätten drei darin involvierte Personen der US-Zeitung unter der Bedingung, anonym bleiben zu können, gesagt.
Prüfungen hätten ergeben, dass durch die Beurlaubung fast aller USAID-Mitarbeiter kaum jemand übrig geblieben sei, der die Verteilung von Nahrungsmitteln, Unterkünften, medizinischen Hilfsgütern organisieren und überwachen kann. Zudem sei durch das Einfrieren der Gelder die Partnerabteilung von USAID geschlossen worden. Diese sei dafür zuständig gewesen, Hilfslieferanten auf Verbindungen zu terroristischen Organisationen zu prüfen.
Das wackelige Waffenstillstandsabkommen zwischen Israel und der Hamas wäre auch deshalb schon mehrmals fast gescheitert, heißt es. „Dies zeigt, dass die grundlegenden Funktionen von USAID auseinanderfallen“, sagte Jeremy Konyndyk, ein ehemaliger USAID-Beamter und Präsident von Refugees International, der „Washington Post“. „Die Zerstörung von USAID bedroht nun den Waffenstillstand im Gazastreifen, den Präsident Trumps eigener Gesandter vermittelt hat.“
Plünderungen, Hunger, Terrorgefahr
Auch im Südsudan und im Senegal haben die drastischen Sparmaßnahmen offenbar erhebliche Auswirkungen. Der Wegfall der Hilfen und der Abzug von USAID-Mitarbeitenden führe demnach zu Plünderungen, Krankheiten und neuen Kosten in Höhe von Dutzenden Millionen Dollar. Vielerorts sei die Sicherheit gefährdet, schreibt die Zeitung unter Berufung auf die Berichte. In Südsudan hätten Menschen bereits aus Verzweiflung Kliniken geplündert, damit sie sich mit notwendigen Medikamenten gegen HIV versorgen können. In Senegal werde sich der Hunger verschärfen, heißt es.
In der gesamten Sahelzone in Westafrika, wozu Senegal gehört, sei damit zu rechnen, dass terroristische Gruppen gestärkt werden, mehr Menschen flüchten, der Drogenhandel zunimmt und Russland seinen Einfluss weiter ausdehnen kann.
Außerdem seien lokale Angestellte sich selbst überlassen worden – ohne Rücksicht auf eine neue Arbeit oder ihre Krankenversicherung.
Offenbar hat die USAID-Aufsichtsbehörde die Berichte noch nicht veröffentlicht, weil das Spitzenpersonal um den Interims-Generalinspektor Marc Meyer Vergeltungsmaßnahmen der US-Regierung fürchtet. Es war noch der bisherige Generalinspektor Paul K. Martin, der Mitarbeiter in Entwicklungsländern angewiesen hatte, die Folgen der drastischen Sparmaßnahmen der Trump-Administration zu untersuchen. Martin selbst war entlassen worden, nachdem ein erster Bericht über das durch die USAID-Abwicklung entstandene Chaos publik wurde.
Am Mittwoch hatte das US-Außenministerium beziffert, wie viele Haushaltsmittel für internationale Entwicklungshilfeprogramme gestrichen wurden. Insgesamt wurden demnach rund 5800 Verträge im Wert von 54 Milliarden Dollar eingekürzt, was einer Reduzierung um 92 Prozent entspricht.
Die USAID-Aufsichtsbehörde befinde sich nun in einer misslichen Lage, schreibt die „Washington Post“. Denn die Behörde, die sie überwachen soll, fällt fast gänzlich weg. Tech-Milliardär und Regierungsberater Elon Musk bezeichnete USAID gar als „kriminelle Organisation“.
Die Generalinspektion fürchtet also ein ähnliches Schicksal. „Sie haben Todesangst, ihren Job zu verlieren, wenn sie ihre Arbeit machen“, sagte Hannibal ‚Mike‘ Ware der Zeitung. Er war im Januar als amtierender Generalinspektor bei der „Social Security Administration“ entlassen worden. Zugleich brauche es den Mut, die Wahrheit zu sagen, fügte er mit Blick auf die USAID-Aufsichtsbehörde hinzu.
Dort gebe es bereits großen Unmut, weil die kritischen Berichte zu den Folgen der Kürzungen zurückgehalten werden. Die Beamten, die mit der Prüfung beauftragt worden seien, fühlten sich betrogen, sagte ein anonymer Mitarbeiter der „Washington Post“. Wenn sie zu große Angst hätten, die kritischen Berichte über das Vorgehen der Trump-Regierung zu veröffentlichen, sollten sie zurücktreten, fordert er die Generalinspektion auf. Die USAID hat derweil bislang nicht auf eine Anfrage zur Stellungnahme reagiert, heißt es. (cz)
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