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Ukraine-Invasion, Tag 1241: Das neueste Opfer des Krieges ist der Schlaf
Russland beschleunigt Gebietsgewinne, Ukraine lässt Rüstungsfirmen Waffen an Front testen, Platzeck soll seit Kriegsbeginn neunmal in Moskau gewesen sein. Der Nachrichtenüberblick am Abend.
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Russlands ständige nächtliche Luftangriffe nehmen den Menschen in der Ukraine nicht nur das Gefühl von Sicherheit und im schlimmsten Fall ihr Leben. Sie rauben ihnen auch ein weiteres kostbares Gut: den Schlaf. Mit jeder neuen Angriffswelle kreischen Sirenen und dröhnen Explosionen, und auch wenn die Bomben, Drohnen und Raketen verstummt sind, klingt der Stress noch lange nach. An Schlaf ist nicht zu denken.
So beschreibt es die „Washington Post“, die mit Bewohnern von Kiew über die Bombennächte gesprochen hat. „Die Schlaflosigkeit sorgt dafür, dass man nicht funktionieren kann, weil man einfach keine Energie mehr hat“, erzählte Valeriya Lokhanchenkova der Zeitung. Doch es sei mehr als nur Erschöpfung, sie fühle sich apathisch und depressiv. „Du willst nichts und du planst nichts mehr“, sagt Lokhanchenkova.
Die Zahl ihrer Patientinnen und Patienten mit schweren Schlafproblemen habe sich in den vergangenen eineinhalb Monaten verdreifacht, sagt Olena Poliukhovych, Schlafspezialistin an der Kiewer Universum-Klinik. Sie berichtet von Symptomen wie Kopfschmerzen, Stimmungsschwankungen, Konzentrations-, Gedächtnis- und Appetitverlust sowie Bluthochdruck. Seit Anfang Juni hat Russland seine Nachtangriffe extrem verstärkt.
Kindern mache der Schlafmangel besonders zu schaffen, erklärt Roman Shevchenko vom Schlaflabor des Okhmatdyt-Kinderkrankenhauses in der ukrainischen Hauptstadt. Ununterbrochener Schlaf sei unabdingbar für die Entwicklung des zentralen Nervensystems, Schlaflosigkeit stehe im Zusammenhang mit dem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADHS) und Hyperaktivität.
Wie so oft behelfen manche Menschen in der Ukraine sich mit schwarzem Humor. Ein beliebter Witz macht laut „Washington Post“ die Runde in sozialen Medien: „Ich gehe nicht in den Luftschutzkeller, denn Schlafen ist mir wichtiger als zu überleben.“ Experte Shevchenko fasst es so zusammen: „Wir sind so erschöpft, dass wir uns nicht die ganze Zeit Sorgen machen können.“
Die wichtigsten Nachrichten des Tages
- Russische Streitkräfte haben in den Monaten Mai und Juni offenbar ihre Gebietsgewinne in den stark umkämpften Regionen beschleunigt. Die ukrainsichen Verteidiger berichten von Zermürbungserscheinungen. Mehr hier
- Die Ukraine will ausländischen Rüstungskonzernen erlauben, ihre neuesten Waffen direkt an der Front zu testen. Dabei soll es vor allem um Luftabwehr, Drohnenabfangsysteme und KI-gesteuerte Waffen gehen. Mehr hier
- Der frühere brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck soll seit Beginn des Ukrainekriegs mehrfach in Russland gewesen sein. Mindestens neunmal soll er zu Gesprächen nach Moskau gereist sein. Mehr hier
- Großbritannien hat Sanktionen gegen 18 Spione und drei Einheiten des russischen Militärgeheimdienstes (GRU) verhängt. Der GRU versuche „Europa zu destabilisieren, die Souveränität der Ukraine zu untergraben und die Sicherheit der britischen Bürger zu bedrohen“, erklärte Außenminister David Lammy. Mehr im Newsblog
- Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach eigenen Angaben in einem Telefonat mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron über die Lieferung von Raketen und die Finanzierung von Abfangdrohnen zur Abwehr russischer Angriffe gesprochen.
- Selenskyj hat der EU für das 18. Sanktionspaket gegen den russischen Angriffskrieg gedankt und weitere Strafmaßnahmen gegen Moskau gefordert. Der Kreml reagierte gelassen, Russland habe gegen Sanktionen des Westens eine gewisse Immunität aufgebaut, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow.
- Bundeskanzler Friedrich Merz erwägt offenbar eine baldige Lieferung von Langstreckenwaffen an die Ukraine. Das sagte er am Donnerstag nach einem Treffen mit dem britischen Premier Keir Starmer.
- Russland weist das US-Ultimatum für ein Abkommen zur Beendigung der Kämpfe in der Ukraine zurück und wirft US-Präsident Donald Trump vor, mit neuen Waffenlieferungen der Regierung in Kiew zu signalisieren, die Friedensbemühungen aufzugeben.
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