
© imago/Russian Look/IMAGO/Belkin Alexey
„Unser Leben wird von Tag zu Tag schlechter“: In Russland wird Butter zum Luxusgut – Diebstähle nehmen massiv zu
Angesichts steigender Lebensmittelpreise wird das Streichfett in Russland diebstahlsicher gelagert. Jüngst geriet ein bewaffneter Butter-Raub in Moskau in die Schlagzeilen.
Stand:
„Die Preise für Butter stiegen um 30 Prozent, 60 Prozent, 90 Prozent? Ich stehe unter Schock.“ Das berichtet eine sichtlich aufgewühlte Frau in einem Video, das von dem ehemaligen Berater des ukrainischen Innenministeriums, Anton Gerashchenko, via X geteilt wurde. Unabhängig überprüfen ließ sich das Video bislang nicht.
Die Frau berichtet von ihrer Begegnung mit einem älteren Herren bei ihrem letzten Einkauf, der angesichts der gestiegenen Lebensmittelpreise in Russland ebenfalls geschockt gewesen sei. „Er sagte: ‚Wie sollen wir nur leben? Mit welchem Geld sollen wir das noch bezahlen und diese Lebensmittel kaufen? Ich bekomme nicht genug Rente, um mir ein Stück Butter zu kaufen.‘“
Die mutmaßliche Russin macht ihrem Unmut Luft. „Es schmerzt mich einfach, dass Menschen, die ihr ganzes Leben und all ihre Bemühungen in die Weiterentwicklung unseres Landes gesteckt haben, sich jetzt nicht einmal mehr ein Stück Butter leisten können.“
Der existenzsichernde Lohn in Russland ist aktuell einfach realitätsfern.
Russin im Video
Die Frau stellt Mutmaßungen über die wachsende Armut in Russland an: „Wie viele Menschen leben gerade unterhalb der Armutsgrenze? 40 Prozent? 80 Prozent? In Anbetracht der aktuellen Lebensmittelpreise glaube ich, dass mittlerweile 90 Prozent der Menschen unterhalb der Armutsgrenze leben.“ Der existenzsichernde Lohn der Russen sei „einfach realitätsfern“, berichtet sie weiter.
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Zwar verstünde ein Großteil der Russen, dass die Lebensmittelpreise in Kriegszeiten ansteigen können, so die Frau. „Aber all das hören wir seit Jahren und unser Leben wird von Tag zu Tag schlechter.“
Wie hoch sind die Butterpreise in Russland?
Der Frau zufolge seien die Butterpreise jüngst auf 300 Rubel gestiegen. Das entspricht einem Preis von derzeit umgerechnet 2,82 Euro (Stand: 19.11.2024). Auf X veröffentlichte Fotos aus Supermärkten zeigen sogar Butterpreise von 369 Rubel (3,47 Euro) für 400 Gramm. Hierbei ist zu beachten, dass die Inflationsrate in Russland im Oktober satte 8,5 Prozent betrug.
Dem russischen Statistikamt Rosstat zufolge sollen die Preise für Butter seit Dezember 2023 um 25,7 Prozent gestiegen sein. Die Nachrichtenagentur Reuters errechnete für Butter der Marke „Brest-Litowsk“ in Moskau exemplarisch eine Preissteigerung um mindestens 34 Prozent. Zur Einordnung: Rosstat gibt den Durchschnittslohn für August 2024 mit 82.218 Rubel (773 Euro) an.
Preissteigerungen führen in Russland zu Butter-Diebstählen
Reuters berichtet weiter, dass der starke Preisanstieg in Russland in einigen Supermärkten zu einer Welle von Butterdiebstählen geführt habe. Entsprechend hätten Einzelhändler damit begonnen, die zum Verkauf stehenden Butterblöcke in diebstahlgesicherte Hartplastikbehältern zu verpacken.
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Ende Oktober geriet ein Butterdiebstahl in einem Supermarkt in Moskau in die Schlagzeilen. Demnach sollen zwei Männer versucht haben, 25 Packungen Butter zu rauben. Als ein Supermarktmitarbeiter einen der Männer stellte, zog der Dieb ein Messer und bedrohte den Mitarbeiter, berichteten die Medien.
In einem Video, dass Gerashchenko via X teilte, ist zu sehen, wie der Mann versucht zu fliehen. „Die Polizei hat die zwei Verdächtigen verhaftet, sie sind 29 und 25 Jahre alt“, hieß es in dem Post. Nach der Einleitung eines Strafverfahrens drohe den beiden Männern nun eine Gefängnisstrafe von „bis zu zehn Jahren“, hieß es weiter.
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Butterpreise in Russland mittlerweile staatlich überwacht
Der Ökonom und stellvertretende Ministerpräsident der russischen Föderation Dmitri Patruschew kündigte am 23. Oktober an, die Butterpreise demnächst staatlich überwachen zu lassen. Darüber hinaus soll die Importrate erhöht werden. Weil die bisherigen Butterimporte aus Weißrussland den Bedarf längst nicht mehr decken können, will Russland das Streichfett künftig vermehrt aus anderen Ländern wie dem Iran und Indien beziehen, berichteten russische Medien. Anfang November importierte das Land zunächst 20 Tonnen Butter aus der Türkei, mehr Einfuhren sollen folgen.
Russische Top-Ökonomen warnten auf dem für Finanzanalysen bekannten Telegram-Kanal „MMI“ jüngst vor alarmierenden Zuständen und einem „eskalierenden Butter-Armageddon“. Demnach hätten sich von 107 Artikeln des durchschnittlichen wöchentlichen Warenkorbs insgesamt 84 Produkte verteuert. „Ein neuer Rekord für die letzten Jahre“, resümieren die Wirtschaftsexperten. „Wir alle müssen uns im Jahr 2025 auf eine wirtschaftliche Rezession einstellen“, so die Prognose.
Putins „Waffen-und-Butter“-Versprechen
Als der russische Top-Ökonom Andrei Beloussow im Mai 2024 zum Verteidigungsminister Russland ernannt wurde, betonte Putin die Bedeutung einer ausgewogenen Kriegswirtschaft. Bei seinem ersten Treffen mit Beloussow sagte der russische Präsident, dass „Waffen und Butter“ gleichermaßen in die „allgemeine Entwicklungsstrategie des russischen Staates integriert werden“ müssten.
Was Putin damit vor allem an sein Volk kommunizieren wollte, ist mutmaßlich Folgendes: Das „Waffen-und-Butter“-Versprechen sollte verdeutlichen, dass der Kreml neben den Militärausgaben auch Investitionen in den Sozialstaat im Auge behält.
Sowohl die Vorräte an Waffen als auch die Versorgung mit Lebensmitteln des täglichen Bedarfs (wie in diesem Fall Butter) sollen in Russland allzeit gewährleistet bleiben. Jüngste Versorgungsengpässe beim Streichfett sprechen allerdings eine andere Sprache.
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