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Weltweite Trauer um früheren US-Präsidenten: Scholz würdigt Carter als „großen Vermittler“
Viele Staats- und Regierungschefs zeigen sich betroffen über den Tod des Ex-Präsidenten. Für sein Engagement - auch nach seiner Zeit im Weißen Haus - erhält er viel Respekt.
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Staats- und Regierungschefs weltweit haben ihre Trauer über den Tod des ehemaligen Präsidenten der USA, Jimmy Carter, bekundet. US-Präsident Joe Biden und sein designierter Nachfolger Donald Trump würdigten Carter als Mann, der das Leben vieler verbessert habe. Mit Mitgefühl und moralischer Klarheit habe er sich für die Ausrottung von Krankheiten, den Frieden, die Förderung von Bürger- und Menschenrechten, freie und faire Wahlen, Obdachlose und die Ärmsten eingesetzt, so Biden.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) würdigte den verstorbenen früheren US-Präsidenten Jimmy Carter als „engagierten Streiter für die Demokratie“. „Die Welt verliert einen großen Vermittler, der sich für Frieden im Nahen Osten und für Menschenrechte einsetzte“, erklärte er am Montag im Onlinedienst X. „Wir trauern mit unseren amerikanischen Freunden“, hieß es in dem Beitrag, der ebenfalls auf Englisch veröffentlicht wurde.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hob das friedenspolitische Engagement des gestorbenen früheren US-Präsidenten Jimmy Carter hervor. „Mit Jimmy Carter verliert die Welt einen wichtigen Friedensstifter“, schrieb Steinmeier am Montag in einem Kondolenzbrief an Jason Carter, den Enkel des Ex-Präsidenten.
„Die Präsidentschaft von Jimmy Carter war von einem unermüdlichen Einsatz für die Bewältigung globaler Herausforderungen geprägt“, erklärte Steinmeier. Seine unerschütterlichen Überzeugungen hätten auf der Einsicht gegenseitiger Abhängigkeiten beruht. Damit sei Carter seiner Zeit voraus gewesen.
„Sein Engagement für Demokratie, Menschenrechte und Freiheit wurde weltweit anerkannt“, schrieb Steinmeier, der unter anderem Carters Rolle als Vermittler zwischen Israel und Ägypten hervorhob. „Es soll uns auch in Zukunft Vorbild und Ansporn sein.“
Den Angaben seiner Stiftung zufolge starb Carter am Sonntag im Alter von 100 Jahren in Plains im US-Bundesstaat Georgia im Kreise seiner Familie. Er hinterlässt vier Kinder, 11 Enkelkinder und 14 Urenkel. „Mein Vater war ein Held - nicht nur für mich, sondern für alle, die an Frieden, Menschenrechte und selbstlose Liebe glauben“, zitierte die Stiftung Carters Sohn Chip. Geplant seien öffentliche Trauerfeiern in Atlanta und der US-Hauptstadt Washington. Das Empire State Building in New York wurde zu Ehren Carters in Rot, Weiß und Blau erleuchtet.
Wahl gegen Reagan verloren
Nach seiner ersten Amtsperiode von 1977 bis 1981 war der Demokrat nicht wiedergewählt worden. Er verlor die Wahl damals gegen den Republikaner Ronald Reagan. Im Jahr 2002 wurde Carter für seinen „jahrzehntelangen Einsatz zur friedlichen Lösung internationaler Konflikte“ der Friedensnobelpreis zuerkannt.
Carters Amtszeit wurde vor allem von der Geiselnahme von Diplomaten in der US-Botschaft in Teheran 1979 und durch die missglückte Befreiungsoperation im Jahr darauf überschattet. Nach seinem Ausscheiden aus der Präsidentschaft gründete Carter gemeinsam mit Ehefrau Rosalynn in Atlanta das Carter Center zur Förderung von Demokratie, Menschenrechten und wirtschaftlicher Entwicklung. Bis ins hohe Alter widmete er sich aktiv seinem humanitären Engagement.
Carter war der älteste noch lebende frühere US-Präsident, und keiner seiner Amtsvorgänger erreichte ein höheres Alter als er. Gut ein Jahr vor ihm starb seine Frau Rosalynn, mit der er 77 Jahre lang verheiratet war.
Letzte Jahre geprägt von Krankheit
Der Gesundheitszustand Carters war zuletzt schlecht. Im Februar 2023 brach er nach mehreren Krankenhausaufenthalten seine medizinische Behandlung ab und begab sich in häusliche Pflege. Im November erfüllte er sich einen Wunsch und stimmte bei der US-Präsidentenwahl per Brief ab. Carter hatte Biden zuvor deutlich gemacht, die Demokratin Kamala Harris unterstützen zu wollen.
Carter hatte 2015 eine Krebserkrankung öffentlich gemacht, die er allerdings überwinden konnte. In den vergangenen Jahren war Carter wegen Stürzen mehrfach ins Krankenhaus gebracht worden. Im November 2019 hatte Carter bei einem Gottesdienst in seiner Heimatstadt Plains deutlich gemacht, dass er mit Gelassenheit auf den Tod blicke. „Ich habe Gott nicht darum gebeten, mich am Leben zu lassen“, sagte er. „Ich bat Gott, mir eine angemessene Einstellung zum Tod zu geben. Und ich stellte fest, dass ich mit dem Tod ganz und gar im Reinen war.“
Macron würdigt Carter
Auch aus dem Ausland zollten viele Politiker dem 39. Präsident der Vereinigten Staaten, der von 1977 bis 1981 im Weißen Haus regierte, Respekt. „Zeit seines Lebens war Carter ein unerschütterlicher Verfechter der Rechte der Schwächsten“, schrieb Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auf der Plattform X.
Aus Großbritannien meldete sich das Königshaus zu Wort. „Sein Engagement und seine Bescheidenheit waren für viele eine Inspiration“, teilte König Charles III. mit. Der britische Premier Keir Starmer betonte, dass Carter die Zeit nach seiner Präsidentschaft neu definierte „mit einem bemerkenswerten Engagement für soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte im In- und Ausland“.
„Er widmete sein Leben der Förderung des Friedens in der Welt und der Verteidigung der Menschenrechte. Lasst uns heute daran erinnern: Frieden ist wichtig, und die Welt muss sich weiterhin geschlossen gegen diejenigen stellen, die diese Werte bedrohen“, hieß es seitens des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj.
Der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi erinnerte an Carters Rolle beim Zustandekommen des Friedensabkommens zwischen Ägypten und Israel. „Sein humanitäres Engagement ist ein Beispiel für ein hohes Maß an Liebe, Frieden und Brüderlichkeit“, schrieb er auf X.
„Mann mit großem Charakter“
US-Präsident Biden würdigte Carter als einen „Mann mit großem Charakter und Mut, Hoffnung und Optimismus“. In einer Stellungnahme schrieb Biden über Carter: „Er hat das Leben von Menschen auf der ganzen Welt gerettet, verbessert und verändert.“ Biden erklärte den 9. Januar außerdem zu einem nationalen Trauertag zu Ehren von Carter. Nach Angaben des Weißen Hauses rief er die Menschen in den USA am Sonntag auf, „sich an diesem Tag in ihren jeweiligen Gotteshäusern zu versammeln, um dort das Andenken an Präsident James Earl Carter Jr. zu ehren“.
Auch Bidens designierter Nachfolger Donald Trump würdigte den Ex-Präsidenten. Carter habe in einer herausfordernden Zeit „alles in seiner Macht Stehende getan, um das Leben aller Amerikaner zu verbessern“. Dafür seien ihm alle zu großem Dank verpflichtet. Entgegen den Gepflogenheiten hatte Carter auch nachfolgende Präsidenten immer wieder kritisiert - auch den Republikaner Trump. Carter hatte sich nach seinem Ausscheiden aus dem Weißen Haus immer wieder in die Politik eingemischt.
Der frühere Präsident Barack Obama würdigte seinen demokratischen Parteifreund als Vorbild für „Würde und Gerechtigkeit“. Jimmy Carter „hat uns alle gelehrt, was es heißt, ein Leben in Anmut, Würde, Gerechtigkeit und im Dienste“ anderer zu führen, erklärte Obama am Sonntag im Onlinedienst X. Er und seine Frau Michelle „senden unsere Gedanken und Gebete an die Familie Carter und an alle, die diesen bemerkenswerten Mann geliebt und von ihm gelernt haben“.
Der ehemalige Präsident George W. Bush würdigte Carters politisches Vermächtnis auch über seine Amtszeit hinaus. Carter sei ein „Mann mit tiefen Überzeugungen“ gewesen, erklärte der republikanische Ex-Präsident am Sonntag. Sein Vermächtnis werde die Amerikaner „über Generationen hinweg inspirieren“. Carters „Bemühungen, eine bessere Welt zu hinterlassen“, seien dabei „nicht auf seine Präsidentschaft“ beschränkt gewesen.
Bush hob hierbei insbesondere Carters Einsatz im Rahmen seiner gemeinnützigen Organisation Carter Center hervor. Als Beispiele für Carters Engagement nannte er den Bau bezahlbarer Wohnungen, die öffentliche Gesundheit und die Demokratie weltweit.
Der älteste noch lebende Nachfolger Carters ist jetzt der derzeitige Amtsinhaber Biden (20. November 1942), gefolgt von Donald Trump (14. Juni 1946), George W. Bush (6. Juli 1946), Bill Clinton (19. August 1946) und Barack Obama (4. August 1961). (dpa)
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